Paiätc.
Der Kampf um das Frauenstimmrecht in Palästina, diesem an Umfang kleinen, fulturell aber bedeutenden Lande, ist seit Monaten auf einem dramatischem Höhepunkt angelangt. Die eigenartige zu sammensetzung der Bevölkerung dieses Landes hat dazu geführt, daß sich religiöse Orthobori und modernes europäisches Bewußtsein mit außergewöhnlicher Schärfe gegenüberstehen und einander grundsätzlich ausschließen. Daß der Zwiespalt gerade am Problem des Frauenstimmrechts entbrannte, hängt mit der Entwicklung zusammen, ble Palästina in den leßten Jahrhunderten infolge der zionistischen Bewegung zum Sammelpunkte jüdischer Elemente aus den verschiedensten Ländern und Kulturkreisen machte. leber der beherrschten Masse der primitiven Araber mit Viel weiberei, Haremsleben und uraltem Aberglauben steht in Palästina die europäische Herrenschicht, die von englischen Verwaltungsbeamten, europäischen Konsulaten, Handelsfirmen und Religionsgesellschaften verkörpert wird. Zwischen Herrschern und Beherrschten steht die eigenartige jüdische Bevölkerung, die in ihren unterften Kulturschichten taum bas Niveau der arabischen Eingeborenen über ragt und in ihren kulturell hochstehenden Kreisen den landfremden Herrschern völlig ebenbürtig ist. Alle Zwischenstufen vom primitiven Orientalen bis zum geistig hochentwickelten Europäer find in der jüdischen Bevölkerung vertreten. Das hat seinen Grund darin, daß sich in ihr ganz verschiedene Elemente zusammenfinden; die jüdische Urbevölkerung, die immer nur auf furze Zeit das Land verlassen hat, ferner die tausende von Auswanderern aus oft europäischen Ländern im 18. Jahrhundert, die vor Pogromen oder aus religiöser Strenggläubigkeit im Lande der Väter Zuflucht suchten, schließlich die aus europäischer oder amerikanischer Zivilifation hervorgegangenen jungen Leute, die im Laufe der beiden letzten Jahrzehnte ebenfalls zu Tausenden von der modernen zionistischen Bewegung dorthin geführt wurden.
Das Frauenleben in diesen drei deutlich getrennten jüdischen Schichten ist natürlich denkbar verschieben. Während die ungebildete, analphabetische orientalische Jüdin dahinlebt als unterwürfige Dienerin ihres Mannes, dem es die Scheidungsgefeßze leicht machen, sich von ihr zu trennen, und während die aus Osteuropa stammende Jüdin nichts weiter gelernt hat als zu sticken, im Gebetbuch zu lesen und ihrem Vater oder Gatten zu gehorchen, genießt die Frau der letzten Kategorie alle Freiheit. Sie besucht alle öffentlichen Bildungsstätten; fie nimmt am öffentlichen Leben durch Schaf fung großzügiger Wohlfahrtseinrichtungen teil; sie erkennt teine doppelte feruelle Moral an; sie schafft in Kindergärten und Internaten. Die höchsten Beamtenposten im Lande stehen der modernen jüdischen Frau offen: eine Frau gehört der Palästina- Erekutive an, und der Name einer Frau steht an erster Stelle unter den Be werbern um den Posten des Bürgermeisters der bedeutenden Stadt
So war es nur selbstverständlich, daß aus dem Geiste des modernen jüdischen Frauenlebens heraus im Entwurf einer Gemeindeverfassung für Palästina, die zur Bildung eines jüdischen Gemeindeverbandes und damit zu einer festen organisatorischen Verschmelzung des ganzen Volkes führen sollte, auch das Frauen wahlrecht vorgesehen war. Dieser Entwurf, den die englische Mandatsregierung bereits genehmigt hat, wird von der einen Hälfte des jüdischen Volkes in Palästina lediglich wegen dieses einen Punttes mit größter Schärfe und Erbitterung bekämpft. Nicht allein die Männer sind radikale Gegner des Frauenftimmrechts, sondern auch die streng gläubigen Jüdinnen der ofteuropäischen Einwandererschicht, während die orientalische Jüdin träge und teilnahmslos beiseite steht. Auf der anderen Seite kämpfen die europäisch eingestellten Männer bis zum äußersten für das Frauenstimmrecht und würden einen Berzicht der Frauen im Inter esse der nationalen Einheit gar nicht dulden, weil eine Einschränkung des Staatsbürgerrechts der Frau ihr Gefühl für Gerechtigkeit und Menschenwürde aufs schwerste verlegen würde. England könnte formalrechtlich wohl ein Machtwort sprechen, vermeidet es jedoch aus politischer Klugheit, sich in interne Geistestämpfe des ihm unterstellten Landes einzumischen.
Die Aussicht auf Einigung oder auf Besiegung des einen Teils ist gering, weil beide Parteien gleich stark sind, aber auf ganz verschiedenen Ebenen und mit völlig ungleichen Waffen kämpfen. Die Argumente der neueuropäischen Volksgenossen prallen an denjenigen Teilen der jüdischen Bevölkerung ab, für die der Talmud oberste und ewig gültige Gesetzesquelle ist. Die Wortgläubigkeit der frommen Juden läßt nur eine Lösung als möglich erscheinen: daß es einem geschulten Auslegungstünstler gelingt, die betreffenden Stellen so zu deuten, daß sie mit dem Frauenwahlrecht vereinbar sind. An eine innere Gewinnung dieser Volkskreise und zumal ihrer Frauen ist in jedem Fall erst nach langer, mühfeliger Schulungs- und Aufklärungsarbeit zu denken.
Bas Perserteppiche erzählen.
Wenn die prächtigen persischen Teppiche, die mit ihren reichem Ornamentschmuck das Entzücken der Begüterten hervorrufen, zu ihnen reden könnten, dann hätten sie viel, viel zu erzählen. Meist trauriges. Darum ist es gut, daß sie nicht sprechen können; sie würden nur die Ruhe und den Frieden der herrschaftlichen Wohnun gen, wo sie ausgebreitet liegen, stören. Uns aber, uns Arbeitsleuten, die wir bei jedem fertigen Arbeitsstück an den Menschen, an die Arbeitsschwester oder den Arbeitsbruder, die es herstellen, denten müssen, uns haben die Berserteppiche so manches zu berichten. Bon den fleißigen persischen Schwestern, die sie in funstvoller Tätigkeit webten bei elfstündiger oder( im Winter) neunstündiger Tagesarbeit. Ohne Unterbrechung. Selbst das farge Mittagsbrot nehmen sie, auf dem Brettchen fizend, die mit Schnüren an der Zimmerdecke befestigt, vor dem in Arbeit befindlichen Teppich hängen. Und das alles für einen Wochenlohn von drei deutschen Mark!
Und dann erzählen die Perjerteppiche von Not und Leiden ihrer unglücklichen Herstellerinnen. Der Staub bringt ihnen bie Schwindsucht und das anhaltende Sizzen auf den schwebenden Bänkchen, bedeutet für viele, wenn sie niederkommen, den sicheren Tod. Ihr Becken hat sich nicht entwickeln können; ein hoher Prozentsatz der gebärenden Teppicharbeiterinnen müssen den sogen. Kaiserschnitt erdulden, wobei die Hälfte, an sich geschwächt, ihr junges Leben aushauchen.
Und noch etwas ganz Trauriges haben die Teppiche zu offenbaren: Kleine, sechs bis siebenjährige Mädchen werden von ihren armen Eltern für vier, fünf Jahre in die Teppichwerkstätten verauft. Die Eltern erhalten für die ganze Zeit nach einem bestimmten Vertrag etwa zweihundert deutsche Mart, wovon zwei Drittel fogleich, der Rest nach dem Ablauf des Vertrags ausgezahlt. werden. Das alles vermag ein persischer Teppich uns, den mitfühlenden Arbeitsschwestern, zu erzählen und wenn wir fragen: Wie kommt es denn da, daß troß dieser furchtbaren Kinderausbeutung die Teppiche so teuer sind, daß sie nur von denen, die von unserer Ausbeutung leben, getauft werden können, so vernehmen wir als Antwort, daß der gesamte Export der persischen Teppiche in den Händen ausländischer, nichtperfischer Kapitaliften liegt, die den Hauptanteil des auf Kinder- und Frauenteichen begründeten Ge winns einstecken..
Davon erzählten die Perjerteppiche, die in den Wohnungen der Reichen liegen. Sie freuen sich an ihrer Schönheit und schreiten taub über das Elend hin, dem sie ihren Besitz verdanken
Zum Thema Einfamilienhaus.
D. N.
Auf einer vor einiger Zeit in Berlin abgehaltenen Tagung der Reichsforschungsgesellschaft für Wirtschaftlichkeit im Bau- und Wohnungswesen, an der 46 Verbände bzw. 1300 Besucher teilnahmen, stand die primare Frage unseres Neubauwesens: Hochhaus oder Einfamilienhaus" im Vordergrund des Interesses. Dr. Erna Meyer, die unseren Leserinnen durch das viel in der Parteipreffe empfohlene Buch„ Der neue Haushalt" bekannt sein dürfte, führte zu dem Thema aus: Jeder Familie ihr eigenes Gärtchen mag sehr schön sein, aber wichtiger ist denn doch zunächst die Forderung: jedem sein eigenes Bett. Und solange wir hiervon noch so weit entfernt sind, sollten wir ruhig für die Masse anständige Etagenwohnungen tauen, denn damit kommen wir schneller zum Ziel." Die bekannte demokratische Reichstagsabgeordnete und Sachverständige für Haushaltsrationalisierung, Frau Dr. Marie Elisabeth Lüders , nannte das Einfamilienhaus das non plus ultra Imitation der auf zahlreiches Personal eingestellten Billa sei. an Unzweckmäßigkeit, weil es einfach eine verkleinerte. dingungen die Hausfrau meist allein arbeiten. Im Einfamilienhaus müsse aber unter diesen unglücklichen Be
In diesem Zusammenhang jei. noch erwähnt, daß eine Umfrage des Reichsausschusses Deutscher Hausfrauenvereine über die Wohnform bei etwa 60 Broz. der befragten Mitglieder eine Ablehnung des Einfamilienhauses ergat, weil das Wohnen und Arbeiten im Einfamilienhaus zu anstrengend und unrationell iſt.
Staatsangehörigkeit der Ehefrau.
In Genf fand eine Frauenkonferenz von 500 Teilnehmerinnen aus 34 Staaten statt. Von den sehr vielen Berufs- und akademischen Fragen, die von dem Kongreß behandelt wurden, hat eine sehr lebhafte Debatte die Frage der Staatsanhörigkeit der verheirateten Frauen hervorgerufen. Der Kongreß genehmigte eine Resolution, monach die verheirateten und unverheirateten Frauen das gleiche Recht haben sollen wie der Mann, ihre Staatsanhörigkeit selbst zu damit er sie der internationalen Konferenz für die Kodefizierung bestimmen. Diese Resolution murde dem Völkerbund überwiesen, des Bölkerrechtes, die im nächsten Jahre im Haag stattfindet, zur Behandlung überweisen soll.