Zerline und der Zauberer
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stellt. Seine Hände reichten eine Pfeife und Feuer. Berline rauchte zum zweiten Male Haschisch. Zur Borstellung erschienen sie beide, und die Hypnose begann. Als der Vorhang sich zusammenfchos, führte Fuad so hicß der Aegypter sie in die Garderobe und bereitete ihr die Pfeife.
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Diese Geschichte erzählten sich die Artisten in fünf Ländern.
Berline Maudsen eine Baltin von eigenartigem blonden Typus, altcingesessene Familie, östlicher Adel; das Gut geriet unter ben Hammer; der Vater erschoß fich; die Mutter ging nach Berlin als Näherin Berline Maubfen begeisterte sich am Theater, bis eine Operettenaufführung fie soweit mitrih, daß sie einem Ballettmeister vorzutanzen wagte fiebzehnjährig damals. Während sie am Tage brav den Verkaufsstand eines Warenhauses zierte, knappfte Sie sich jede Stunde ab, sobald die Mutter einmal nicht im Haule war, um tanzen zu lernen. Brobeauftritt in einer Operette, Er- Dann tauchten Zerline und der Zauberer in Europa auf, belauert folg: Gagenangebot von dreifacher Höhe ihres bisherigen Gehalts, baraufhin willigte die Mutter ein. Ein Agent redete Berline zu: das Kabarett zahle mehr und gebe obendrein Gelegenheit, Men schen und Sitten fennenzulernen. Er verschwieg Mehrausgaben durch Wohnen in Artistenquartieren, ständige Sorgen um Verträge. Sie schloß also ab, ging nach Hamburg , nach Wien , nach Toulouse , und hier saß ein Agent, der sie nach dem„ Ambassadeur" in Kairo vermittelte Mit einer für ihre Begriffe phantastischen Gage. In Diesem Treffpunkte der mondänen Welt Aegyptens überschüt ete man fie mit Blumen. Berline nahm dennoch feine Einladungen an, und man ließ zu Ihrer eigenen Verwunderung ihr Privatleben unangetastet.
Nur ftimmte die Rechnung nicht: der Coiffeur verfchlang ein Drittel der Gage; ein Zimmer im vierten Stod des Hotels foftete ebensoviel, Notwendigkeiten wie Wäsche, Schuhe, Toiletteartikel bereiteten ihr bereits Kopfzerbreden. Der Direktor zuckte die Achseln: Mademoiselle müssen den Bertrag erfüllen. Hier sind genug Beamte und reiche Kaufleute in Kairo , die geringe Freundlichkeit hech bezahlen!" Sie schlug zu, er rieb sich feine Backe:„ Ich wollte Made moiselle nur einen Rat geben..
Zwei Tage später, fie grübelte gerade in ihrer Garderobe darüber nad), ob sie ihrer Mutter um Aushilfe telegraphieren dürfe, pochte es. Ein Aegypter tral ein. Er zeigte auf der Bühne phan tastische Manipulationen. Er verbeugte sich und wartete; auf ihre Anrede erklärte er, der Inhaber fende ihn; sie wolle doch mehr Geld gut, ihm, bem Bauberer", fehle eine Partnerin, mit feinen erstaunlichen Frids verdiene er, fände sich eine Partnerin, Doppelte Gage und werde ben lleberschuß ehrlich teilen. Das war eine Möglichkeit.
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Die erste Vorstellung. Ein Kasten stand bereit. Berline verschwand in der Kiste und der Mann bohrte. Schwerter hindurch Das Bublifum lächelte: Alter Trid." Minutentang starrte ber Aegypter auf den Kaften. Die Leute wagten gegen ihren Willen taum zu atmen. Der Illusionist wandte sich slöglich um:„ Ladies and Gentleman die Danie wurde zwischen den Schwertern hypnotisiert und wird sich im Kasten gänzlich entkleiden, sodann öffne ich nach Entfernung der Schmerter den Deckel und Sie sehen die erste weiße Traumtänzerin. Sticht einmal ein Mediziner vermag die Trance aufzuheben."
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Wirklich- Berline erhob sich: Füße tasteten über den Rand der Rifte, bewegten sich ungefchickt vorwärts, tie Mufit untermalte das Geheimnisvolle ber Borgänge und nun folate ein Tanz, der den gierenden Menschen ins Blut ging. Der Bauberer" stand seitlich auf der Bühne und richtete den Blid feiner Augen in die Bupillen ber Kabarettistin ihr Tanz erftarb nach seinem Willen; sie bewegte sich wieder auf die Stifte zu und verschwand. Abermals wurden die Degen hindurchgejagt, dann zog der Aegypter die Säbel zurück. Berline trat mach auf die Bühne und verbeugte sich be, fleidet.
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" Ambassadeur" machte enorme Raffen. Berline glaubte, bei einem Täuschungstrid zu helfen, bis ein Zufall ihr die Hypnose bes Aegypters zum Bewußtsein brachte. Nach einer Vorstellung ieß sich ein Aaent melden. Se faßen zu Dritt in einer Seitenloae, und Berline hüllte sich fest in ihr Cape. Da lag ein Vertrag für zehn Gastspiele in England, Frankreich und Deutschland vor ihr. Ghon mollte sie den Büllfederhalter der Managers nehmen ein paar Worte sprangen ihr ins Auge; fie las: Partnerin verpflichtet sich, bei Ausführung des Säbellrids in Hypnose, als sogenannte Traumtänzerin, den Raften unbekleidet zu verlassen."
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Wollen Sie eine Aenderung einführen?" erkundigte sich 3er line bei dem Aegypter. Damit bin ich nicht einverstanden. „ Sie fönnen ruhig unterschreiben; Sie wissen davon nichts. Dic Hypnose ist echt und es ist keine Aenderung."
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Das Settalas zerknallte an feinem Gesicht; Bhut sie wurde ohnmächtig. Man fuhr sie ins Hotel, der Aegypter blieb bei ihr. Er nahm aus einem fleinen Beutel getrocknete Blä ter. Sein Geficht war in Binden gehüllt. Besonders ein Auge schmerzte. Er entfernte felbft ben Splitter. Zerfine erwachte da stand fein Kopf, hundertfach vergrößert, über ihren Augen. Sie wollte schreien, es gelang ihr nicht. Detonation; so schlugen die Worte zusammen: Sie sind frant. Rauchen Sie; Sie werden gefund." Sie sog Dampf ein. Das Gesicht vor ihr wurde zur Wohnung ihrer Mutter. Sie sah einen Schüler mit einer blauen Müze, den sie als Zwölf Jährige liebte Haschisch
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Zwei Tage lang fümmerte sich der Aegypter nicht um sie. Am britten Tage hatte sie von einem Boy sein Quartier ausfundschaften lassen und ging zu ihm. Er lag in einem leeren, grauen Raum auf einer Ditomane, vor sich zwei Pfeifen. Keine Frage wurde ge
von der Polizei. Doch niemand fand bei ihnen das Gift. Die Traumtänzerin eroberte die Welt- und Zerline haßte die Pfeife, haßte den Mann und die Narben, die das zersprungene Seftglas zurückgelaffen hatte.
Einmal, als er sie, wadh, berühren wolle, erfitt fie einen Herzframpf; zehn Stunden später verschied sie.
Seitdem ist auch der Bauberer" verschollen und beide bat man vergessen. Walter Anatole Persich,
Tragödie auf der Zeche.
Langsam, in mühsamer Arbeit der Rettungsmannschaften, wurden die Berlegten und Toten aus dem Unglücksschachte heraus geschafft. Namen klangen auf, liefen über den weiten Bechenplatz, brangen zu den draußen Stehenden. An den Mauern der hohen, fohlenrauchgeschwärzten Gebäude sprangen Schreie empor; alte Männer fluchten oder beteten...
Im rasch hergerichteten Speisesaal der Werkstantine wurden die Toten aufgebahrt. Rühle", sagte der Direktor, der mit zu fammengebiffenen Lippen die Bergungsarbeiten überwachte, zur dem Plazmeister ,,, den Frauen nicht länger den Eintritt wehren! Die Arbeitspapiere bleiben hier; die übrigen Sachen fönnen abgegeben werden. Sorgen Sie, daß feine Unordnung... Jawohl, ich tomme!" Draußen wurde heftig nach ihm gerufen.
Plahmeister Rühle begann jeine Arbeit an den acht Toten, die bisher aufgebahrt worden waren. Er telephonierte mit dem Bförtner und nannte Namen... Dann untersuchte er die Taschen der Toten und schrieb ordnungsmäßig den Inhalt auf.
Rühle war ein alter Zechenveteran, der manches Unglück mit erlebt hatte. Berstohlen wischte er sich mit dem Aermel über die Augen und suchte seiner Gemütsbewegung durch seine pedantischen Angaben über den belanglosesten Tascheninhalt Herr zu bleiben.
Frau Möhring", sagte ein Arbeiter und deutete nach der Tür. Steiger Möhring war sein Freund gewesen. Seit zehn Jahren arbeiteten sie zusammen auf 3eche Morgensonne", und vor sechs Jahren hatten sie beide am gleichen Tage Hochzeit gehalten, Er ging der Frau feines Freundes entgegen und führte sie, die äußer lich gefaßt war, zu dem toten Freunde.
Sie füßte dem Toten die schon geschlossenen Augen. Es war still im Raum; die Frauen jaßen zusammengetauert in bumpfer Hoffnungslosigkeit.
„ Die Arbeitspapiere bleiben hier", wandte Rühle sich endlich an sie ,,, das übrige nehmen Sie am besten gleich an fich." Er framte in den Sachen, die er auf einen Tisch gelegt hatte. Hier war Möhrings Taschenmesser, ein Bleistift, eine Uhr, der Trauring, bie Brieftasche... Er öffnete sie, um die Papiere herauszunehmen; da fiel ihm plößlich ein Lichtbild in die Hand. Das Bild einer Frau. Es war selbstverständlich, daß sein Blick auf das Bild fiel. Seine Hand zitterte, und fein Gesicht wurde weiß; was er da, her rührend aus der Brieftasche seines Freundes, in der Hand hielt, war das Bild einer Frau, die er tannte, und von der getuschelt worden war, daß Möhring seine Frau mit ihr betrog.
Also doch!" war sein erster, noch unklarer Gedanke. Nie hätte er dem Gerede geglaubt. Er wandte sich zur Seite und drehte das Bild um. Auf der Rückseite stand eine Widmung, die jeden Zweifel ausschloß.„ Also doch!" wiederholte er. Das Gerede war be gründet gewesen. Möhring hatte seine Frau betrogen.
Ein unterdrücktes Weinen ließ ihn auffahren. Blitzschnell, instinktiv handelnd, steckte er das Bild in die eigene Tasche.
Als Frau Möhring, das feine Bündel Habseligkeiten in der Hand, zu den anderen Frauen in der Ecke getreten war und sich mit ihnen unterhielt, drängte fich lauernd eine andere Frau in den Raum der Toten. Rühle trat ihr entgegen. Gie standen sich gegenüber, 2uge in Auge, bis die Frau den Blick nicht mehr aus hielt. Ihre Augen glitten irrend über die Toten. Rühle faßte in die Tasche. Während seine Augen fie bohrend asblickten, reichte er ihr das Bild. Sie griff danach, hastig, wie erlöst. Rühles Blick deutete blitzschnell hinüber zu der Frau da brüben, die ahnungslos um ihren Toten trauerte, und seine Augen drohten der anderen gebieterisch Schweigen. Luise Winkelmann.