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Unter den Frauen, die mit den Proletarierinnen fühlten, ihrem| dem Maler Jahnte. Mit ihm verlebte sie frohe Monate auf Sehnen und Streben dichterischen Ausdruck zu geben vermochten, Capri . Was ihr die Che bedeutete, bräckte sie aus in dem nimmt die vor 25 Jahren verstorbene Clara Müller Jahnke Gedicht„ Ehe": eine führende Stellung ein. Ihre Dichtungen sind gerade deshalb so besonders bedeutungsvoll, well nicht nur das Mitleid aus ihnen spricht, sondern das Mitfühlen eines Menschen, der selbst durch unendlich viel Not gehen mußte.
Clara Müller ist am 5. Februar 1861 in einem Dorf in Bommern geboren, wo ihr Vater Pfarrer war. Bom einfachen Schäferjohn mit mangelhafter Bildung hatte er es durch eigene Kraft und Energie zum Studium der Theologie gebracht. Er schloß sich der Freiheitsbewegung seiner Zeit an und trug unter dem Hembe verborgen die schwarzrotgoldenen Farben. Längst war er als oppositionell befannt und fonnte deshalb keine Anstellung finden. Da zog 1848 ein Haufen troßiger Bauern vor das Rathaus in Belgard. um sich den verrufenen Demokraten als Pfarrer nach bem Dörfchen Lenzen zu holen. Wir willen em und wir friegen em," erflärten sie. In Ihrem autobiographischen Roman betennt deshalb Clara Müller- Jahnke mit Recht: Die Opposition [ legt mir im Blute."
Hatte Clara von ihrem Bater den Freiheitsdrang geerbt, fo von ihrem Großvater, der Schäfer gewefen war, die Liebe zur Matur. Es sind Gedanken eines echten Kindes des Voltes, die sich In Ihren Gedichten finden.
Schon im Alter von 12 Jahren verlor Clara ihren Bater. Die Mutter zog mit ihr nach Belgard, und dort nahm das Mädchen, fast ein Kind noch, Sprachunterricht und mußte gleichzeitig schon felber Privatunterricht erteilen. 1877 trat fie in eine Berliner Handelsschule ein und wurde dann Buchhalterin in einer Tapeten. fabrit. In dieser Stellung lernte fie die ganze Not, das große Glend des Proletarierdajeins kennen Damit erwachte in Ihr auch bas Berständnis für die traurige Lage der erwerbstätigen Frauen und die Erkenntnis der Notwendigkelt des proletarischen Freiheits. tampfes. Aus folcher Erfenntnis entstand ihr Gedicht Genug ber Qualen!"
Ich ging mit bir burch alles Elends Tiefen, Getnech'et' o't. burch einen Pfuhl der Schmach. Die Et'mmen hört' ich, ble nach Freiheit riefen, Urb meine Geele hallte altternb nach.
Ich schllef mit bir in beiner Armut Hütten,
In b'e feln Monbficht mitb verklärend scheint. All deinen Rammer hab' ich durchgelitten,
All beine Tränen hab' ich mitgeweint.
Hart dein Schritt an meiner Seite, fest im Kampf und feicht im Spiel. Unsere Augen schaun ins Weite, Und sie schaun nach einem Ziel.
Der Maler baute der geliebten Frau in der märkischen Heimat ein Häuschen voller Poesie und Kunst so recht ein heim für eine Dichterin. In diesem Augenblid höchsten Glückes wurde Clara Müller- Jahnke von einer tückischen Grippe erfaßt und erlag ihr am 4. November 1905. In der Nähe von Wilhelmshagen bet Berlin hatte der trauernde Gatte der Toten ein Denkmal errichtet. Mitten im Walde steht ein mächtiger Granitblock. der die Stätte be zeichnet, an der eine der größten proletarischen Dichterinnen ruht. Auch ihre gesammelten Werte hat ihr Gatte im Verlag der Bor. wärts" Buchhandlung herausgegeben. Die Arbeiterin unserer Zeit findet in dieser Sammlung Stolz, Kraft, Ansporn zum Kampf und Trost. Wie die Tote geehrt sein wollte. hat sie selbst in einem ihrer legten Gedichte gefündet:
Nicht, baß bu ihm ein prächtig' Denkmal bauft, Mit taufenb Tränen feine Gruft betauft Und heimlich hoffft, baß euch ber Tod vereint, Nicht dadurch ehrst du ben gestorb'nen Freund. Wenn du dos Wert, bas thm nicht mehr gelang, Bis an fein Ende führst mit Freu' unb Pant, Wenn beine Hand ble Billtenkrone hegt Des Baumes, ben er fnospend einst gepflegt, Wenn bem, was er geliebt, bein Hera erglüht, Co baß in ble fein Wesen nochmals blüht, Co daß bu iebst und schaffst in feinem Geist, Tas ist's, wodurch bu thn dem Zob entreißt.
Als ich noch im Kleinflugzeuge...
Aber auch der Hoffnung auf Erlösung gab Clara Müller Aus. zösische Grammatik hebe ich vergessen! Gie wendet um und fliegt brud, so in dem Gedicht reiturt!"
Ich knie an deinem Lager,
Bertretner Brofetar.
Dein Antlig, fahl und bager,
Stell' ich den Eternen bar.
Fre Irft in beine Etuben
Geh lachend in den Tob:
Und sie ruft den Arbeiterinnen zu:
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Ich hebe deine Puben
Jns leuchtenbe Morgentot!
a cht auf!" Ihr werdet mannhaft fämpfen im Gefechte Und werbet ficgen und im Nate stehen Und felbft beft'mmen eure Menschenrechte!
,, lm trocken' Brot verkauft' ich Ge st und Gunst". flaate die Dichterin, als sie ihrer Mutter zuliebe die Stellung als Privar lehrerin in der kleinen Stadt annehmen mußte. Später trat fie in bie Redaktion der Kolberge: Zeitung" ein mit einem Monatsgehalt von 55 Mark Sier gab sie allem Ausdrud, was das Frauenherz bewegt. Der Schret nach dem Rechte der Frau, sich als Bersönlich feit zu entfalten. geht durch ihre Gedichte. So ruft sie den Frauen zu:
Erft müßt ihr freie Menschen fein,
Um frete Menfden zu gebären.
Es gilt der Kampf and euch ihr Frauen, Und eure Kinder werden einst
Der Freiheit Maitag felernd schauen!
Stühn verlangte Clara Müller nach Liebe und Mutterschaft. So wurde sie zur Rebellin genen die bürgerliche Moral, zur Kämpferin für Freiheit und soziales Recht
Diefer Tage hat eine auf einem weltabgelegenen fübenglischen Gutshofe wohnende Schülerin, die Tochter des Gutsherrn, einen immerhin nicht alltäglichen Erlaubnisschein bekommen: sie darf mit dem Meinflugzeug nach der Schule fliegen. Das junge Mädchen steht nun also frühmorgens auf, trinkt ihren Staffee, widelt die Stullen ein, packt den Ranzen. und dann geht sie in den Schuppen, schiebt die Maschine heraus, setzt den Motor in Bewegung und fliegt los. Unterwegs fällt ihr vielleicht ein: Halt, die frans zurüd. Dann erhebt sie sich ven neuem in die Lüfte, und nun geht es in forciertem Tempo denn es ist schon spät und sie fürcht> t Schelte über die Felder und Dächer hinweg nach dem Schulhof. In der Schule lernt das junge Mädchen dann gewiß ersprießliche Dinge: Die Literaturlehrerin gibt einen Ueberblick über die deutsche und französische Romantik, der Geschichtsunterricht ist bet den Kreuzrittern angelangt, die es auf Tagemärsche von 30 und 40 Kilo. meter brachten: in der Religionsstunde ist davon die Rede, daß die Jünger Jesum auf einem Feuerwagen gen Himmel fahren sahen... Nach Schulschluß fliegt die Schülerin zurück. Mit geübter Hand lenkt sie ihre Maschine mühelos und sicher: das bereitet ihr feine Schwierigkeiten. Aber es geht ihr durch den Kopf, daß sie im Handarbeitsunterricht teine rechten Fortschritte macht. Wie wird nur die nächste Schulzenfur ausfallen?
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Später einmal, in fünfzig, fechzig Jahren, wird aus dem jungen Mädchen eine grauhaarine Matrone geworden sein. Großmütterchen, werden die Enkelkinder sagen, erzähl uns von früher! Und Großmütterchen wird erzählen. Zu meiner Zeit, wird sie sagen, flcg man mit dem Kleinflugzeug in die Schule. Ihr wenn ihr euch heute in euerm langweiligen Stahlballon auf den Schulhof schleßen läßt, so wißt ihr par nicht, wie romantisch und poesievoll solch ein Schulflag war, und welche zarten, wenn auch altmodischen Erinnerungen an ihm hängen. Einer der Enkel wird vielleicht ob der Naivität der früheren Generation lachen uns ein hübsches Lustspiel schreiben: ,, Als ich noch im Kleinflugzeuge in die Mädchenschule floa Hans Bauer.
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Negativer Erziehungserfolg Der Vater des siebenjährigen Horst ist fanatischer Nichtraucher. Um dem Jungen beizeiten einen Abscheu gegen das Rauchen beizubringen, steckt der Bater ihm einmal eine Rigarette in den Mund, hält das brennende Strelchholz zieh! Der Bub raucht stillvergnügt weiter, bis der Vater ihm den Zug entzieht. Einige Tone darauf ist Horst bei uns, spielt angeregt mit Susi, fragt aber plößlich:„ Du Tante B." Na was?"..Hast du
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Während ihrer schweren Redaktionstätigkeit trat plötzlich ein Umschwung in Clara Müllers Verhältnissen ein Eine größere Erbschaft fiel ihr zu und brachte ihr die äußere Freiheit, die thr die Arbeit nicht zu geben vermocht hatte. 1900 gab sie einen Gedicht band heraus und bald darauf Sturmlieder vom Meer" Auch das schönste Glück des Lebens tam zu ihr durch ihre Heirat mit I nicht was zum Rauchen da?"