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Das geringe Niveau vieler Frauenbeilagen macht es wiederum be­greiflich, daß die Männer sie kaum lesen."( S. 144.) Frauenbeilagen, die nicht von Frauen redigiert, sondern von männlichen Redakteuren nebenbei erledigt werden, können am allerwenigsten den komplizierten Ansprüchen der jungen weiblichen Generation und der weiblichen Arbeitnehmer überhaupt entsprechen. Es gilt aber auch bei den Männern Verständnis zu wecken für all die Probleme, mit denen die neue proletarische Frau schwer ringt. Mit Recht hebt Adele Schreiber hervor, daß der 3wiespalt zwischen theoretischer Erkenntnis und gefühlsmäßiger Einstellung vieler Sozialisten eine zwangs= mäßige Folge jahrtausendelang ausgeübten männlichen Herrschertums ist". Aber es gebe auch zahlreiche Männer der Partei, Me die Berechtigung der Klagen über die noch zu geringe 3ahl der Frauenmandate in allen Körperschaften, die ungenügende Berücksichtigung der Wählerinnen, die Benachteiligung bei der Ver­gebung von Delegationen, die Vernachlässigung der Frauen­Schulung, die Widerstände vieler Parteigenossen gegen die politische Arbeit und Organisation ihrer eigenen Frauen verstehen. Leider hat die Zahl der weiblichen Kandidaten zur Reichstagswahl die Einfluß­nahme diefer zahlreichen Männer der Partei" noch nicht offenbart. Die soziale Demokratie, die wir anstreben, setzt den politischen Aufstieg der proletarischen Frauen, ihre Aktivierung voraus. Hat doch die Zunahme der Frauenarbeit in den Kriegs- und Nach frlegsjahren die traditionellen Daseinsformen des Frauenlebens tief erschüttert. Infolgedessen machen die werftätigen Frauen äußerlich und innerlich Wandlungen durch, die zur Umgeftaltung der Berufsverhältnisse, der Familienverhältnisse und der Stellung der Mutter drängen. Je mehr die arbeitenden Frauen für die Wirt Ichaft leiften, desto mehr wachsen naturgemäß ihre berechtigten Ane Sprüche an die sozialen Leistungen des Staats für Mutter und Kind. Einen fein gezeichneten Ueberblick über die

Stellung der Frau als Hausfrau und Mufer im alten und neuen Staat

bletet Luife Schröder. Sie schildert die einzelnen Etappen des Kampfes der sozialdemokratischen Reichstagsfraktion für den Schuh der Mutter, für die Rechte des unehelichen Kindes und gegen den Zwang zur Mutterschaft", der durch Strafbeftimmun­gen schlimmster Art geschaffen wurde. Diese Schilderung führt dem Leser die tragische Zwangslage der profetarischen Mutter deutlich vor Augen, fie eröffnet aber auch auf Grund des bereits von der Sozial demokratie erkämpften Mutterschaftsschutzes einen hoffnungsvollen Ausblick in die Zukunft. Wie troftlos gegenwärtig noch die Lage vieler erwerbstätigen Mütter ist, geht aus der sehr beachtenswerten Abhandlung von Anna Geyer ,, Die Frau im Beruf" hervor. Die Verfasserin stüßt sich dabei auf die Ergebnisse einer Erhebung, die fie im Auftrage des Enquete- Ausschusses durchgeführt hat. Diese vortrefflichen Ausführungen bestätigen wieder einmal, wie sehr die bitterste Not die verheiratete Proletarierin zur Erwerbsarbeit zwingt und wie ihr die Mutterschaft unter den gegebenen Verhältnissen zum Leidensweg wird. Die Frau steht, wie Anna Geyer mit Recht her­vorhebt, vor die Aufgabe, den Ausweg zu finden, um Frau und Mutter fein zu fönnen, ohne auf wirtschaftliche und persönliche Freiheit verzichten zu müssen. Es geht lekten Endes darum, daß die Frauen, die feit jeher fich den wirtschaftlichen und sozialen Ber­hältnissen anpaßten, die ihnen aufgezwungen wurden, nunmehr

die Anpaffung der gesamten gesellschaftlichen Verhältnisse an die Nöte der werktätigen Frauen und Mütter erkämpfen. Noch viel mehr als auf den proletarischen Männern lastet die fapitalistische Kultur" auf den proletarischen Frauen. Und so er­fordert auch der sozialistische Sieg die höchfte zielbewußte Aktivität gerade der proletarischen Frauen. Judith Grünfeld.

Frauen als Soldaten?

Die Kriegspsychofe geht um. Leider auch unter den Frauen. Ein großer Teil ist mutios durch Arbeitslosigkeit, wirtschaftliche Sorgen, weglofe Zukunft; die anderen sind ruhmsüchtig, lüstern nach Abenteuern und Erlebnissen. Alles Merkmale, die auch der Winter 1913/14 trug. Und heute wie damals in allen Tonarten die Phrase: So fann es nicht weitergehen, es muß anders werden" und von vielen auch heute schon wieder dahin erweitert: ,, Ein neuer Krieg, ein neues System muß die Rettung bringen."

Belnahe tönnte es scheinen, als ob all das Fürchterliche der Jahre 1914/18 umsonst erlebt worden wäre. Wenn die Toten von der Lorettohöhe, aus Flandern , von Verdun , aus den Karpathen, aus Rußland , vom Balkan , vom Meeresgrund aufstehen könnten. He würden die Verlogenheit aus den Herzen, den Nebel aus den Hirnen jagen. Sie find ewig stumm und darum müssen wir Leben­den, die wir den Krieg erlebt haben, in ihrem Namen sprechen. Besonders wir Frauen sind verpflichtet, raftlos für den Frieden,

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gegen all das gedanken- und gewissenlose Kriegstreiben zu arbeiten. Nach dem Kriege fing man in Rußland an, Frauenkorps in der roten Armee zu bilden. In Frankreich schuf man das Gesetz über die Kriegsdienstpflicht, das alle erwachsenen Frauen und Männer in den Kriegsdienst stellt. Und in Deutschland ? Gerade bei uns fängt die Romantik des Kriegspielens an, bedenklich die Köpfe zu ver­mirren bis in unsere Reihen.

Da kommt im rechten Augenblick ein Buch auf den Markt, das uns den Krieg von einer ganz neuen Seite zeigt, nämlich Frauen an der Front. Eine Engländerin, Helen, Zenna Smith, die als 20jährige Auto- Lazarettfahrerin hinter der englischen Front ein Jahr Kriegsdienst tat, gibt ihre Erlebnisse unter dem Tits: Mrs. Bieft pfeift" im S. Fischer Verlag, Berlin , heraus. Für midy war es ganz neu, daß die englischen Frauen so in den Kriegsienit gestellt waren; Genoffen, die an der englischen Front getämpft haben, bestätigen mir die Richtigkeit. Die jungen Mädchen gingen natürlich freiwillig. In erschütternder Sachlichkeit erzählt die Verfasserin you den Gründen dieser Freiwilligkeit. Die Phrasen von der Heilig­feit dieses Krieges, von der Ehre der Nation, von der Liebe zum Vaterlande schufen natürlich. in England genau dieselbe Atmosphäre der Kriegsbegeisterung wie in Deutschland . Man mußte dabei sein", so wollten es die ehrgeizigen Väter und Mütter, die in der Heimat in den verschiedensten Komitees faßen, die sich schmücken wollten mit dem Ruhm ihrer Kinder, denen das Victoriafrenz( oder das Eiserne I. Klasse) noch mehr waren als die gefunden Leiber und Gehirne ihrer Kinder. Erste Gesellschaftskreise sind es, die sp ihre Kinder hinaustrieben in ein Leben und Erleben, von dem sie felber teine blaffe Ahnung hatten. Aber auch die Motive, die junge Proletarierinnen als Küchenmädchen hinausgehen ließ, sind treffend gefehen. Die Atmosphäre des Krieges felbft, die erste Nacht der Verwundetentransporte und die vielen, vielen anderen Nächte, in denen die jungen Mädchen ihre traurige, verstümmelte Fracht fahren, die Unterkunft und schließlich die Kommandantin Mr. Biest" find so ohne Pathos, so fürchterlich wahr geschildert, daß, glaube ich, jedem Lesenden die romantische Heldeneinstellung vergeht. Und dazwischen das geschlechtliche Schicksal der Frau, die jeden Tag sieht, wie gesunde, blühende Männerleiber zerfetzt werden; die im Umgang mit Tod und Graufen Ihren Körper nicht aus Liebe, sondern aus brennendem Mitleid verschenkt. Es ist schade, daß der letzte Satz des Buches, wie bei Remarque , einer Gestorbenen gilt. Wozu? Es ist die Lebende, die erzählt und es ist so, gut, daß fie lebte, um dieses Buch zu schreiben, das in Millionen Exemplaren verbreitet werden müßte. Leider ist der Preis von 7 M. für die meisten Arbeiterfrauen zu hoch, aber wer es fann, sollte es taufen lesen und es andere lesen lassen. Weder Frauen noch Männer dürfen in Zukunft eine Kriegsfront bilden. Nie wieder Krieg! muß. die Barole sein und bleiben.

Clara Bohm. Schuch.

Rationelles Kochen.

Wenn eine vielbeschäftigte Hausfrau stöhnt, daß sie vor lauter nicht erspart bleiben, daß die Anhänglichkeit an veraltete Arbeits­Arbelt nicht zur Befinnung fäme, so fann ihr leider der Vorwurf methoden ein gut Teil Schuld daran trägt. Sie ahnt nicht, wieviel unnötige Gänge und Griffe diese Ueberlieferungen aus einer ge­ruhlamen Zeit in fich bergen. Schon allein um das Mittageffen zu kochen, tauchte eine Hausfrau für Stunden in der Küche unter. Der Miffetäter von Herd zwang sie zu ständiger Bedienung. Er rächte sich leicht für Unaufmerksamkeiten, und es ist ein Glück, daß von angebrannten oder verdorbenen Gerichten teine Statistik erzählt. Das Kochgut durfte man jedenfalls nicht aus den Augen lassen; es mußte immer wieder gerührt und gewendet werden. Kurzum, die Hausfrau regte ohn' Ende die fleißigen Hände".

Mit rückständiger und überflüssiger Bielarbeit foll heute auf­geräumt werden. Intelligente Frauen haben es verstanden, die müh­felige Arbei: des Kochens in leichtes, freudiges Schaffen zu ver wandeln Man braucht nur mit raschem Entschluß die alten, aus­gefahrenen Wege zu verlassen und fich zu neuer Berkehrsordnung zu befehren Hierbei lauert auch nicht etwa das Schreckgespenst unerschwinglicher Neuanschaffungen im Hintergrunde. Wir müssen uns ja auch nach der Decke streden.

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Ein Effen ist bald gerichtet. wenn die Hausfrau die Architektur in der Küche das Turmkochen versteht. Die vom Brennstoff erzeugte Wärme ist teuer, und es leuchtet ein, daß diese aufsteigende Kraft besonders ausgenutzt wird, wenn die Töpfe nicht mehr neben­Wärme, die ein Topf an den andern bereitwillig abgibt, um fle einander gesetzt werden. Sind die Speisen angefocht. so genügt die am Kochen zu erhalten. Gilt es also, seinen Angehörigen beispiels­weise Schweinekamm mit Rotfraut und Kartoffeln auf den Mittags­tisch zu setzen, fo stellt sich die praktische Hausfrau drei gleich große Töpfe zurecht.

Das Fleisch wird gewaschen, abgetrocknet und ohne jedes Fett oder gar etwas Flüssigkeit in einen Topf gelegt. Mit großer Flamme werden alle Seiten angebraten, wobei der Deckel des