86 Für unsere Kinder Knospe hält sich länger kaum, Möchte heut noch springen; Vöglein zirpet wie im Traum, !lebt sich schon im Singen. Blatt am Baum und Blüt' am Sag, Blümelein im Garten, Können ihren Ostcrtag Kaum vor Lust erwarten. Krokus und Blauveigelein, Primeln, Tulipanen Tanzten gern den Ringelreihn, Schwängen gern die Fahnen. Käm' ein Regen über Nacht, Nehte lau die Wurzeln: Alles würde gleich mit Macht Aus der Erde purzeln, Wie, sobald die Schule aus, Alle Kinder hüpfen, Aus dem engen, dumpfen Äaus Auf die Gasse schlüpfen, !lnd im bunten Flügelkleid Jubelnd sich zerstreuen, Rings in Wiese, Wald und Seid' Sich des Spiels zu freuen. o o c> Die Korallen.  * Von Karl Ewald  . Es war einmal vor vielen, vielen Jahren weit draußen im Meer im richtigen Meer draußen, das ungeheuer tief ist und so groß, daß der Schiffer viele Tage segeln kann, ohne Land zu erblicken. Und es war das tropische Meer, wo das Wasser beinahe so warm ist wie bei uns«in warmes Wannenbad. So warm ist es aber nur an der Oberfläche, die den Sonnenstrahlen ausgesetzt ist. Auf dem tiefsten Grunde ist es kalt wie Eis und obendrein finsterer als die schwärzeste Nacht. Und das Meer ist auch nicht überall gleich tief: auf seinem Grunde gibt es hohe Berge und tiefe Täler, genau so wie auf dem Lande. Draußen im Meer gab es nun eine Stelle, da stieg ein großer Berg vom Grunde aus bis dicht an den Meeresspiegel hinauf. Sah man vom Gipfel des Berges nach oben, so erblickte man, nach welcher Himmelsrichtung man auch schauen mochte, nur Wasser, Wasser und nochmals Wasser. ' Aus der prächtigen SammlungDer Storch und andere Märchen". Dresden  , Verlag A. Kaden st, Co. Im Wasser drunten war aber um so mehr zu sehen. Auf dem Berge wuchsen nämlich ungeheure Tangwälder, die sich meilenweit die Berg wände hinab und hinauf erstreckten. Wenn die Wogen rollten, bewegten sich die Blätter im Wasser, wie die Blätter der Bäume auf dem Lande sich im Winde bewegen. Die Stämme der Tangbäume waren aber nicht im entfern testen so dick und steif wie die der Buchen und Eichen, und deswegen bewegten auch üe sich hin und her, vorwärts und rückwärts, wie die Wellen sie trieben. Im übrigen waren die Tangbäume höher als irgend ein Baum auf dem Lande; sie wuchsen aber niemals über die Oberfläche des Meeres hinaus. Denn sobald ihre Blätter an die Luft kamen, verdorrten und verwelkten sie. Wenn aber das Meer ruhig war, breiteten sie sich aus und glänzten in prächtigen Farben, rot und gelb, grün und braun, wie in unseren Wäldern das Laub zur Herbstzeit. Und zwischen den Kronen der Tang bäume tummelten sich eine Menge muntere Fische; sie schwammen von einem Baum zum anderen, genau so wie in unseren Wäldern die Vögel von Baum zu Baum fliegen. Tie Fische aber waren nicht etwa so langweilige graue Dinger wie der Dorsch, der Hecht, der Aal. Viele von ihnen glänzten wie Gold und Silber, dieser war himmelblau, jener scharlach rot. Und dann war der Jgelfisch da, der sich zu einer Kugel aufblasen und seine Stacheln nach allen Seilen recken und den anderen Tieren einen fürchterlichen Schrecken einjagen konnte. Es gab nämlich noch viele andere Tiere im Tangwalde. Da gab es Muscheln mit den merkwürdigsten Schalen; da gab es Schnecken mit großen bunten Häusern. Da gab es Tintenfische, die mit unglaublicher Schnelligkeit rückwärts durchs Wasser schnellten. Da gab es große Krebse, die auch rückwärts schwammen und mit ihren Scheren schnitten, und da gab es schiefe, flache Krabben, die seitwärts krabbelten und doch vorwärts kamen. Zuweilen kam auch eine Herde von mehreren hundert großen plumpen Schildkröten, die im Tangwalde grasten wie bei uns die Kühe auf dem Felde. Es konnte auch geschehen, daß ein gewaltiger Walfisch angeschwommen kam. Dann wurde es überall da, wo er durch den Tangwald brach, so finster, als ob eine Wolke die Sonne verdeckte. Und wenn er mit seinem starken