Für unsere Kinder
Nr. 17 ooooooo Beilage zur Gleichheit ooooooo 1909
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Inhaltsverzeichnis: Morgengruß. Bon Michael| daß ein Bolt, welches eine solche Schreckens. Georg Conrad.( Gedicht.) Kriegsgeschichten. seit über das Vaterland heraufbeschwört, dock Von Hans Friedemann. Hafe und Affe. Das Wildweiblein. Von Jan Herben . Aus dem Tschechischen übersetzt von Otto Pid.- Familien fest. Bon Adelbert v. Chamisso.( Gedicht.) Das harte Herz. Von Hermann Kahmann. Frühlings Ankunft. Bon Emma Döly.( Gedicht.) Guten Tag, Fährmann!"- Flegel!" Ein nordisches Märchen.
Heraus, mein Kind! Die Eichenwälder rauschen den Sturmesgruss dem ersten Lenzestag, die junge Welt erbraust und Blitze sausen und Frühlingsdonner krachen Schlag auf Schlag. Heraus, mein Kind! Der Winter liegt im Sterben, die letzte Fessel bricht in Feld und Bag, die kalte Cyrannei geht jäh in Scherben, die Freiheit glüht im strahlenwarmen Cag. Heraus, mein Kind, und recke froh die Glieder, in Sturm und Drang steigt tosend jetzt der Saft, stimm an aus voller Brust das Lied der Lieder, den Psalm der Schönheit ewiger Sonnenkraft.
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Kriegsgeschichten.
Liebe Freunde! Ich schrieb Euch im letzten Briefe, daß die Vaterlandsliebe der Franzosen erst erwachte, als der Preis hoch genug war, um den sie ihren Patriotismus einsetzen konnten. Das will ich heute noch etwas näher beleuchten. Vielleicht habt Ihr im Geschichtsunterricht schon gehört, daß das französische Volt etwa hundert Jahre vor dem Ausbruch des Krieges von 1870 ein anderes, noch viel gewaltigeres Ereignis erlebte: die große Revolution. Nun wird Euch zwar Euer Lehrer viel von den entsetzlichen Morden und Greueltaten der Revolutionsjahre erzählt und Euch gezeigt haben, wie abscheulich es ist, wenn ein Volt sich in gewaltsamer Weise gegen die Obrigteit, gegen den König, die Priester und all die herrschenden Mächte empört. Er wird Euch wohl auch einpauken, daß jede Revo lution etwas verabscheuungswürdiges ist, und
herzlich wenig Liebe zu diesem haben muß Aber er wird Euch sicher verschweigen, daß es noch viel verabscheuenswürdiger ist, wenn ein Bolt viele Jahre lang, jahrhundertelang von Unterdrückern gefnechtet und ausgefogen wird, so daß es zuletzt nichts mehr sein eigen nennen kann. Wir Arbeiter müssen daher sagen, daß es etwas Großes ist, wenn ein Volk den ungeheuren Mut hat, sich von der Knechtschaft zu befreien, auch wenn es dabei vor einer Revolution nicht zurückschrecken darf. Denn die Unterdrückten wissen ganz genau, daß sie selbst unter den Schrecknissen der Revolution mit zu leiden haben. Aber sie kämpfen für ihre Befreiung, und darum ist die Revolution für sie ein heiliger Krieg. So haben auch die Franzosen im Jahre 1789 bewiesen, daß sie einen herrlichen Heldensinn hatten, der feine Furcht fannte. Sie sprengten die eisernen Fesseln der Tyrannei, die klirrend fielen; umtobt von tausend Gefahren machten sie reinen Tisch mit den Bedrängern, die sie in wilder Gewinngier die langen, langen Jahre wie Hunde mit Füßen getreten hatten. Das war wirklich eine Heldentat. Das aber ist die wahre Vaterlandsliebe, die jedes Opfer an Gut und Leben bringen fann, wenn es gilt, im Bater land jene Zustände zu beseitigen, um derent willen Millionen von arbeitsamen und fleißigen Menschen an Leib und Geist darben und in elender Kümmernis dahinleben müssen.
In der großen Revolution von 1789 haben Die Unterdrückten des französischen Volkes be wiesen, daß ihnen diese glühende Baterlandsliebe eigen war. Meint Ihr nun, meine jungen Freunde, dasselbe Volt hätte nur etwa hundert Jahre später bereits alle Vaterlandsliebe verloren? D nein! Die saß noch ebenso tief in seinem Herzen. Nur gingen die Franzosen sparsam mit ihrem kostbaren Gute um. Sie warfen ihre Perlen nicht vor die Säue. Darum war es fein Beweis für mangelnden Patriotismus, daß sie unter der Fuchtel eines Gebieters im Kriege nicht eine Begeisterung zeigten, die sie in Wirklichkeit gar nicht besaßen. Was Begeisterung geschienen hatte, verflog wie ein Rausch, als die Niederlage fam. Nun besannen sich die Soldaten darauf, daß sie Menschen