Für unsere KinderNr. 23 o o o o o o o Beilage zur Gleichheit o o o o o c> O 1909Inhaltsverzeichnis: Der Baum. Bon Björn-syerne Biörnjon,(Gedicht.)— Ter kleine Streik posten. Bon Franz Henschcl.— Bot macht hart.Bon Emma Töly(Gedicht.) � Eine Flogsahriaus dein Main: V. Karlstadt— Gemündcn— Lohr.Bon Heinrich Wandt.— Vixen, eine Mutter.Bon Ernest Selon Thompson.(Schluß.)— Aus-iahren. Von Heinrich Seidel.(Gedicht.)Der Baum.Von Björnstjerne Björns»».Mit Blatt und Knospen stand fertig der Baum.„Soll ich— blies der Frühfrost aus demeisigen Raum.„Nein, Liebster, sei lind,Bis wir Blüten worden sind!"So baten die Knospen tief in ihrem Traum.Der Baum trug Blüten, die Nachtigall sang.„Soll ich— rief der Wind und schütteltesie lang.„Nein, laß, lieber Wind,Bis wir Früchte worden sind!"So baten all die Blüten und zitterten bang.!lnd der Baum reifte Früchte in der Soinmer-sonnenglut.„Soll ich— fragte lächelnd das junge schöneBlut.„Ja, du darfst, lieb Kind!Nimm so viele, wie da sind!"Sprach der Baum und beugte sein schwellendesGut.o o oDer kleine Streikposten.Soeben schlug die Uhr sechs. Feierabend!Die Arbeiter der Tischlerei von GottlobHabicht legten ihre Werkzeuge nieder undreinigten sich Hände und Gesicht. Dann ver lieben sie die Werkstätte. Aber nicht wie sonsteilten sie, ermüdet von der schweren Arbeit,ihren Wohnungen zu. Albrecht Kämpfer, derfür die Arbeiter des Betriebs das Wort führte,wenn sie dem Arbeitgeber Wünsche und Forde rungen vorlegen wollten, der ihr Vertrauens mann war. hatte alle zu einer Versammlungeingeladen. Was dort besprochen werden sollte,das war so wichtig, daß keiner fehlen wollte.Geschlossen betraten die Arbeiter eine Gast wirtschaft, die dem HabichtschenGejchäst gegen überlag. Es waren ihrer ungefähr Ski, teilsjugendliche Gestalten, teils grauhaarige, lebens-ersahrene Männer, in deien Antlitz von schwerenSorgen, von Not und Entbehrungen zu lesenstand. Albrecht Kämpfer schilderte kurz, warumsie zusammengekommen waren.„Kollegen," sagte er,„ihr wibt, weshalb wirhier sind. Wir sind so schlecht daran, daß wiralles aufbieten müssen, um eine Besserungunserer Lage zu erreichen. Es ist nicht mög lich, mit zweiunddreibig Pfennig Stundenlohneine Familie zu ernähren, wenn man nicht einLeben führen will, das geradezu ein Hunde leben ist. Alles ist teurer geworden: Brot,Fleisch, Milch, Bier, Mietpreis, sogar dieKartoffeln. Nur unser Lohn ist derselbe ge blieben, unsere Arbeit allein ist billig. Dasgeht nicht so weiter! Dazu kommt die langeArbeitszeit. Wenn man sich täglich zehn Stun den abrackern mub. dann ist man nichts anderesals ein Lasttier. Ter Verband, dem wir alleangehören, hält es für recht und billig, daßwir uns rühren. Er wird uns und die Unsrigenvor der bittersten Not schützen und treu füruns eintreten, wenn wir selbst treu zusammen halten. Ich frage euch also, Freunde, was ihrtun wollt, um eure elende Lage wenigstensetwas zu verbessern."Diese Worte fanden lebhafte Zustimmung.Ein junger Arbeiter mit bleichen Wangenund feurigen Augen erwiderte:„Was ist dalange zu überlegen! Wir müssen ein paar vonuns zu Habicht schicken und ihm erklären lasten,daß es anders im Betrieb werden muß. Undgibt er nicht nach, dann——"„Dann legen wir die Arbeit nieder," riefenalle stürmisch. Eine große Erregung hatte sichder Arbeiter bemächtigt.„Es heißt jetzt biegenoder brechen!" meinte ein Graukopf.„Wirhaben zu lange geschwiegen, zu lange uns ge duckt."„Alle treu zusammenhalten," fügte einanderer Arbeiter hinzu. Bald waren sich dieVersammellen einig, wie sie ihre Sache führenwollten. Sie wählten Kämpfer und noch zweiKollegen, damit sie sofort zu Habicht gehen undihre Forderungen- mehr Lohn, kürzere Arbeits zeit— vorbringen sollten. Noch heute mußtedie Entscheidung fallen. Die drei gingen davon.In fieberhafter Spannung warteten die zu rückgebliebenen Kameraden auf die'Antwort.