Für unsere Kinder

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Stadt anzusehen. Die Flößer selbst mußten weiterfahren, damit sie bis zum Abend ihr Ziel erreichten. Wenn es zu dunkeln begann, so wollten sie die große Laterne zur Hütte heraushängen, auf daß ich wüßte, wo die Flöße verankert lägen. Von den besten Wünschen der ehrlichen Gesellen begleitet, bestieg ich den Nachen und ruderte zur Stadt hinüber. Dort verankerte ich mein Fahrzeug, schwenkte noch­mals meinen Hut zum Gruß für die schon weit draußen schwimmenden Flößer und be­trat dann voller Erwartung die Stadt.

Von meiner Landungsstelle aus ging ich sofort auf den Marktplatz. Ich habe schon viele Städtchen mit altertümlichen Bauten ge­sehen, aber noch in keinem habe ich einen so starken Eindruck mittelalterlichen Lebens er­halten wie in Miltenberg  , als ich auf dem Marktplatz stand. Dieser Marktplatz ist nicht groß, im Gegenteil, er ist recht klein, gemessen an den öffentlichen Plägen in neuzeitlichen Städten. Aber die prächtigen hohen Holz­bauten, die ihn einschließen, lassen ihn an­sehnlich erscheinen und machen ihn unvergeß­lich. Sie erinnern daran, daß Miltenberg   im Mittelalter eine Glanzzeit gesehen hat, wäh rend die hohen ehrwürdigen Mauern blühen­des städtisches Leben in sich bargen. Einen Abglanz dieses Lebens haben die Häuser am Marktplatz gleichsam erstarrt festgehalten. Hätten die Menschen, die jetzt eben vor meinen Augen über das alte Pflaster schritten, nicht die modischen Kleider an, wahrhaftig, ich würde geglaubt haben, aus der Gegenwart jäh ins Mittelalter zurückversetzt zu sein.

der Berge ergossen sich die Strahlen der auf-| einzigen Nachen besteigen durfte, über den sie gehenden Sonne und ließen die Fluten des verfügten, um mir so lang als ich wollte die Mains in allen Farben aufleuchten. Es war ein richtiges Sonntagswetter, wie wir es uns hätten nicht besser wünschen können. Gegen 9 Uhr vormittags bekamen wir das badische Freudenberg am linken Mainufer in Sicht. Es reiht sich den schon angeführten Main­städtchen Karlstadt  , Gemünden  , Lohr   und anderen mehr würdig an. Der Ort verdankt seinen Ursprung der Burg, die vom Würz­ burger   Bischof Heinrich III. hier am Berg­abhang im zwölften Jahrhundert erbaut wor­den ist. Von der ehemaligen starken bischöf­lichen Feste ist noch heute der mächtige Berg­fried gut erhalten; drei aufeinandergestellten Würfeln gleichend, blickt er als schöne Ruine über das malerisch gelegene Städtchen herein, das schon im Mittelalter wegen seines be­deutenden Obst- und Weinbaues bekannt war. Aber die Perle unter den mittelalterlichen Mainstädtchen ist das bayerische Miltenberg  . Zur Mittagszeit trafen wir dort ein. Im Sonnenschein lag der freundliche Ort am linken Ufer des Stroms hingebettet und spiegelte sich mit seinen Häusern aus Rotsandstein   in den schimmernden Wellen. Hinter den Häusern stiegen die dunkelgrünen Abhänge der Berge empor, und aus dem frischen Laub der Bäume dräuete die altehrwürdige Mildenburg und warf ihren Schatten auf die terrassenförmig aufsteigenden Häuserreihen des zu ihren Füßen liegenden Städtchens. Auch einige ftolze, schloß artige Villen und Kurhäuser glänzten im Mittagssonnenschein aus dem saftigen Grün der Berghalden und belebten mit ihren hell­blinkenden Mauern und blizenden Fensters reihen den waldigen Hintergrund. Hier und da erhob sich über die Häusergruppen des Städtchens ein altertümlicher Torturm oder das hohe Giebeldach eines Klosters; dazwischen blinkte die Kuppel der Synagoge, und die mäch­tigen zwei Türme der katholischen Pfarrkirche ragten weithin sichtbar empor. Wenn ihr selbst das herrliche Stadtbild gesehen hättet, das uns Floßfahrern noch viel schöner aus den Fluten des Mains entgegenschaute, ich wette zehn gegen eins, euch wäre wie mir bei dem Anblick das Herz aufgegangen und ihr würdet meinen Wunsch begriffen haben, all diese Herrlichkeit in der Nähe zu beschauen. Bei mir blieb es jedoch nicht beim bloßen Wünschen. So freundliche, gute Kameraden wie die Mainflößer tun einem gern etwas zuliebe. So wurde ausgemacht, daß ich den

Auf mächtigen, quaderngefügten Grund­mauern erheben sich die schönen Holzbauten. Man sieht ihnen an, daß zur Zeit ihres Ent­stehens das Holz ein billiges Baumaterial war. Fest und wohlgegliedert sind die einzelnen Teile zusammengefügt, jeder Bau bekundet über­legung und zeigt außerdem, daß unsere Alt­vordern wußten und lebendig empfanden, was schön war. Wie einförmig, langweilig und armselig würde sich neben den hochragenden Giebeln, dem reich und mannigfaltig hervor­tretenden Balkenwerk, den gemütlichen Erfern dieser Häuser am Miltenberger Marktplatz eine Straße mit Mietfasernen ausnehmen oder auch die meisten kostspieligen Villen und Pracht­wohnhäuser" unserer Zeit!

Da ist zum Beispiel das Haus Miltenberg", das schon mindestens seine 400 Jahre alt ist.