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Für unsere Kinder
Nr. 1 oooo ooo Beilage zur Gleichheit ooooooo 1909
Inhaltsverzeichnis: So sei es! Von Cäsar Flaischlen. ( Gedicht.)- Von einem, den die Sehnfucht quält. Von Brand. - Streit. Von Einma Dölz.( Gedicht.) Aus dem Reiche der Techuit: V. Eine Luftreise im Jahre 1930. Von Richard Woldt . In den Aepfeln. Von Gottfried Keller . ( Gedicht.) Die Geschichte von Karr und Graufell. Von Selma Lagerlöf . Wie Eulenspiegel einen Wirt mit dem Klange von Geld bezahlte. Die fünf Hühnerchen. Bon Viktor Blüthgen. ( Gedicht.)
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So sei es!*
Bon Cäsar Flaischlen.
3u denen stets tritt offen, die Manns noch wollen sein, was sie vom Leben hoffen, nicht anderswo zu leihn. Die fest und ohne Wanken auf eines stolz bedacht: sich selbst nur es zu danken, wenn sie's zu was gebracht! Für die die schwersten Bürden nichts weiter, troßgewillt, als ein Sum- Rampf- sich- Gürten mit Panzer und mit Schild! Das Glück um Gunst zu bitten, ist feig und Torenwih, erkämpft nur und erstritten bleibt's dauernder Besit.
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Von einem,
den die Sehnsucht quält.
über der großen Stadt zog ein trüber Herbstmorgen herauf. Ein feiner grauer Schleier legte sich über Häuser und Fuhrwerke und Menschen. Von den Linden und Ulmen an der großen Hauptstraße rieselten unaufhörlich die welken Blätter auf die Fußsteige; einige Bäume waren schon fast tahl; sie standen alle
* Aus einem der schönsten lyrischen Bücher unserer Zeit: Lehr- und Wanderjahre des Lebens". Von Cäsar Flaischlen . Berlin , Fontane& Co.
ergeben und wartend da, als wären sie von der großen Anstrengung des Sommers erschöpft und wüßten nun, daß ihnen die Winterruhe bevorsteht.
Da saß er am Fenster und starrte hinunter auf die Straße, auf der schon in dieser Morgenstunde ein fieberhaftes Leben hin und her flutete. Er hatte den Arm auf das Fensterbrett geftützt; seine Beine waren in dicke Tücher gewickelt und lagen ausgestreckt auf einem zurechtgestellten Stuhl. Er war fast noch ein Knabe; aber in seinen großen Augen brannte ein Feuer, wie es nur die Sehnsucht entfacht, die unruhige Sehnsucht nach fernen, unbekannten Gebieten; seltsam leuchtete dieser Glanz aus dem bleichen, eingefallenen Gesicht und ließ es älter und gereifter erscheinen. Seit ihn die tückische Krankheit an das Bett gefesselt hatte, humpelte er jeden Morgen am Arme der Mutter auf seinen Stuhl am Fenster; eine Stunde dort zu sitzen hatte ihm der Doktor erlaubt. Das war töst lich, nach dem langen Kranfenlager jeden Tag eine Stunde am Fenster sizen zu dürfen! Die ganze übrige Zeit freute er sich auf diese eine Stunde. Was gab es hier alles zu beobachten! Unaufhörlich, wie im Kaleidoskop, wechselten die Bilder.
Da fuhr im schärfsten Trabe der Schlachterwagen vorbei; das Pferd hatte weißen Schaum und fleine. Auf einem mit Ziegelsteinen be am Gebiß. Lastwagen rollten vorüber, große ladenen Wagen saß mit herabhängenden Beinen der Fuhrmann; er war über und über rot wie feine Biegel. Die schweren Pferde zogen den bis obenhin beladenen Wagen, als hätten sie nichts hinter sich.
Und dann fam der Bierwagen; der hatte gar kein Pferd vorgespannt, denn er war ein Automobil, und weil er feine Gummireifen an den Rädern hatte, so hörte man ihn schon von weitem herandröhnen; das ganze Haus zitterte. Wenn alle Fuhrwerte solchen Lärm machten, es wäre nicht auszuhalten.
Alle sechs Minuten fuhr die Straßenbahn vorüber, und immer saßen die Wagen voll Menschen. Welch ein Verkehr!
Dann kam, dicht am Saumstein fahrend, der Pumpensammler mit seinem kleinen Handwagen, von Zeit zu Zeit rufend: Knaken und Plün'n! Seine Stimme llana, als schlüge man Bibliothek
der Friedrich- Ebert- Stiftung