Für unsere Kinder
Nr. 4ooooooo Beilage zur Gleichheit ooo oooo 1909
Inhaltsverzeichnis: Spruch. Bon Friedrich| wurde, und mein Herr mich aufnahm und sich Rückert. Was mir eine alte Spielbose erzählte. anschickte, den Laden zu verlassen, bemerkte Eine nur zu wahre Geschichte von Hans Wetter. ich, daß sein rechter Arm steif war, und daß Der Strom. Von Robert Reinick. ( Gedicht.) er start hintte. Die Kanonen der Größinger. Von Heinrich Wandt . Wind! I. Von B. D.-Schnecke und Die Hase. Borsicht. Von Hans Reiter . Geschichte von Karr und Graufell. Von Selma Lagerlöf. ( Fortsetzung.)-- Rettig und Rübe. Von Friedrich Gall.( Gedicht.)
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Draußen war es falt. Ein scharfer Wind schnitt dem armen Manne ins Gesicht. Er verließ die breiten Straßen des lebhaften Geschäftsviertels. Langsam humpelte er durch die Vorstadt. Da gab es allerlei zu sehen leider aber nichts von jenem Glanze, von dem ich während der müßigen Zeit im Laden geträumt hatte. Blasse, abgehärmte Frauen hasteten an uns vorüber; dürftig gekleidete Kinder, an allen Gliedern vor Kälte zitternd, brückten sich in dunkle Torgänge, aus denen üble Berüche strömten. Auf der Straße balgten sich ein paar Knaben um einen Apfel. Ein Betrunkener taumelte vorüber, gefolgt von einer johlenden Kinderschar, die sich verständnislos an dem häßlichen Bilde beluftigte. Von Zeit zu Zeit blieb mein Herr schwer atmend stehen So bist du wahrhaft wahr in allen Zeitgestalten. und drückte mich zärtlich an seine Brust.„ Kleine
Sei wahr zu jeder Zeit, wabr in der Gegenwart, Für die Vergangenheit und auf die kübnste Fahrt. Wahr in der Gegenwart, so wie du bist, dich zeigend; Wahr für Vergangenheit, Getanes nicht verschweigend;
In Zukunft wabr, bereit, was du versprichst, zu
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halten;
Was mir eine alte Spieldose erzählte.
Eine nur zu wahre Geschichte von Bans Wegker. Ri- ra- ratsch. Unter großem Gepolter wurde ich mit mehreren Kameraden aus dem dunkelsten Winkel des stattlichen Ladens hervorgeholt.| Ich war darüber nicht wenig erstaunt, da ich schon längst die Hoffnung aufgegeben hatte, gefauft zu werden.„ Ei," dachte ich erfreut ,,, am Ende kommst du noch zu Ehren!" Fürs erste tam ich aber nur auf den Ladentisch , wo noch einige andere Spieldosen standen. Zu meiner nicht geringen Genugtuung bemerkte ich, daß ich die schönste von allen war. Ich war stolz auf meine glänzend polierte Kurbel, auf mein feines Schloß und nicht zuletzt auf das bunte Bild, das auf meinem Deckel prangte. Nach dem ich mein Lied gespielt hatte: Freut euch des Lebens," wurde ich verkauft. Doch wie erschrat ich, als ich meinen neuen Herrn ansah! Er war braun, mager, hatte entzündete Augen und wirres graues Haar. Seine geflickte Jacke und sein alter Hut rebeten deut lich von der Armut des Mannes. Als ich nach abgeschlossenem Kaufe in Papier gehüllt
Spieldose, du sollst mir helfen, für meine Kinder Brot zu verdienen," flüsterte er. Was er mit dem Brotverdienen" meinte, war mir nicht recht llar. Ob das wohl etwas sehr Schönes war? Was es auch sei, so sagte ich mir, jedenfalls ist es besser, als untätig und verstaubt die Rolle eines Ladenhüters zu spielen. Überdies tat mir der Gedanke wohl, daß mein Besitzer offenbar große Hoffnungen auf mich fette.
Vor einem elenden Hause, draußen vor der Stadt, machten wir endlich Halt. Zerbrochene Fensterscheiben waren burch vorgenagelte Bretter ersetzt. Die Haustür bing schief in den Angeln. Eine alte, morsche Treppe ächzte und stöhnte unter den Tritten des Mannes. Auf sein Pochen öffnete eine etwa vierzigjährige Frau die Türe. Not und Sorgen hatten. tiefe Furchen in ihr Gesicht gegraben.„ Guten Abend, brrr, wie falt ist es," sagte fröstelnd mein Herr. Hast du nichts Warmes zum Essen?"" Nein, nichts als trockenes Brot," erwiderte die Frau. Auch den Kindern konnte ich nichts Warmes geben," fegte sie mit emem tiefen Seufzer hinzu, wir warten, was du uns bringst."" Nichts zu essen," antwortete der Mann, aber etwas Besseres. Verzage nicht, ich habe um das Geld, das ich heute