114 Für unsere Kinder posaunte in sein Horn:.Schlag zu, Berserkerr! Wüteking will unser Land zerstören." Bereits ertönte auch drüben im Nachbarreich das Horn Kings:.Drauf Wüteking! Berserkerk will uns erschlagen." Die Hörner dröhnten, als wolle der Himmel einstürzen, und machten die beiden Brüder so wild, daß sie wie von Sinnen nach ihren Keulen griffen und aufeinander losschlugen, bis jeder erschöpft und blutend in sein Land zurücksank. Von nun an haßten die Riesen einander und vergaßen ganz, daß sie Brüder waren. Sie sannen auf Rache. Wüteking hämmerte sich Dolch« und Speere. Berserkerk schmiedete sich ein langes, furchtbares Schwert. Die beiden Herrscher aber steckten die Köpfe aus ihren Palästen, lugten gierig nach den fremden Schätzen und lauerten auf einen neuen Brund zum Kampfe. Der Grund fand sich bald wieder. Ms Wüte king einmal so kräftig nieste, daß ein kleiner Felsblock in die Luft flog, hatte Kerk schon das Horn bei der Hand und posaunte:.Berserkerk, draus! Der Feind schießt bereits." Im selben Augenblick tutete auch Kings Trompete:.Drauf, Wüteking!" Das Gebrüll der Hörner machte die zwei Giganten noch rasender, als ihnen ohnehin zumute war. Sie stürmten aufeinander los, und das Waffengetös« hallte über die Erde, bis Berserkerk aufschrie:.Der Hund hat mir «in Beiu zerfetzt." Und er wankte rückwärts. Da endlich sank auch Wüteking stöhnend in sein Land nieder. Abgehauene Finger blieben auf dem Kampf platz, die Felder waren zertreten, ein Vlut- strom floß über verwüstete Gefilde, und die Sonne kroch schaudernd hinter eine Wolke. Kerk aber lenkte sein Horn nach Berserkerks Ohr und sagte grollend:.Siehst du, hättest du dir bessere Waffen versorgt!" Da raffte sich der blutende Berserkerk wieder auf, cr- tüftelte ein« kunstreiche Mordwaffe und ging sogleich daran, sie anzufertigen. Das sah King, richtete sein Horn an Wüte- kiugs Ohr und sagte:.Sieh, wie sich unser Feind zum Kampfe rüstet!" Da erhob sich auch Wüteking und grub in seinem Bergwerk nach einem schrecklichen Sprengstoff. So mühten sich die Riese» an neuen Mord waffen ab, ohne auch nur aufzugucken. Dabei mußten st« nach wie vor für ihre Herren sorgen und ihnen alles schicken, waS das Herz begehrte. Di« Felder verödeten, auf denen die Riese« ihr««ig«»« Nahrung baute». Ber serkerk und Wüteking wurden immer ärmer und mußten hungern. Manchmal wurden sie von verzweifelter Wut gepackt, ließen die fleißigen Hände sinken und schauten murrend zu den Zwergenschlössern hinauf. Aber von da oben funkelten ihnen ein paar Kronen ent gegen wie die Sonne selber, so daß sich die Riesen geblendet abwenden mußten, weiter hungerten und an ihren Waffen schmiedeten, wie ihnen die Bedrücker geheißen hatten. Daher kam's, daß Berserkerk vor lauter Elend nachts nicht mehr schlafen konnte. Er stöhnte, wälzte sich hin und her und wurde von schreck lichen Träumen geplagt: Er sah, wie sein Geschoß in Wütekiugs Leib explodierte, und wie er selbst von Wütekings Sprengstoff in Stücke gerissen wurde. Er, der große, starke Berserkerk! Und wie er eines Nachts ganz nahe an Wütekings Land lag, hörte er auch von da drüben her das Schnaufen der Unruhe. .Wie, du stöhnst wohl auch?" srug da Berserkerk ganz erstaunt. .Ja, ich habe Hunger," klagte Wüteking. .Ich auch!" .Siehst du, wir sollte« lieber u»s«r« Felder bebauen wie früher!" .Und nicht auf Mord und Totschlag sinnen!" Die beiden Riesen sahen einander erstaunt an und überlegten lange. .Ja, warum wollen wir uns eigentlich er schlagen?" kam es plötzlich zu gleicher Zeit aus beiden Riesenmäulern. Im Osten graute der Tag, und Wütekings Augen weiteten sich..Du siehst genau aus wie ich— wir sind doch Brüder!" .Ja, warum wollen wir uns eigentlich er schlagen?" wiederholte Berserkerk. Und langsam, als hätten sie den gleichen Gedanken, wandten sie die ungeheuren Köpfe den Palästen zu, die aber im Morgennebel noch nicht sichtbar waren. .Alles wegen denen da oben," brummte Wüteking und stieß einen greulichen Fluch aus. .Wegen denen, die uns den letzten Bisse» nehmen," grollte auch Berserker! und stampfte mit dem Fuße, daß die Erde erzitterte und daS Meer hüpfte. Den Zwergen Kerk und King aber, die gerade auS ihren Palästen heraus nach den Schätze» des fremden Landes lugten, fiel die Krone vom Kopfe, tiefer und immer tiefer. Es klirrte zweimal, und als die Sonne de» Nebel verjagt hatte, sahen beide Riesenbrüder die Kronen wie Glasscherben zer- splittert a« Kuß « der Schloßberg« liege». An
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6 (25.4.1910) 15
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