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Für unsere Kinder
schließt jetzt sämtliche Zuglöcher und der Meiler| erfaltet. Ist das geschehen, so wird abgeräumt. Gute Holzkohlen sind porös, schwarz und blaulich glänzend. Sie haben unter anderem auch die Fähigkeit, in hohem Grade Flüssigkeiten und Gase aufzusaugen. In Rußland und Schweden bringt man unter den Meilern vielfach eine Bertiefung mit Sammelgefäßen an, in denen der abfließende Teer aufgefangen wird. Nicht lange mehr, so wird die Wissenschaft durch irgend ein neues Verfahren oder ein anderes Material, das sie herstellen oder be
nutzen lehrte, die Holzkohle vollends überflüssig
machen. Dann werden die Kohlenmeiler auch aus den abgelegenen Gegenden im Spessart und Odenwald , im Fichtelgebirge und Böhmer wald verschwinden, wo man sie heute noch schwelen sieht. Mit ihnen verschwinden dann die letzten jener rußigen Gestalten, die entbehrungsreiche Monate in völliger Abge schlossenheit von Welt und Menschen bei ihren rauchenden Meilern verbringen mußten.
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Des Zauberers sein Mägdlein saß In ihrem Saale rund von Glas; Sie spann beim hellen Kerzenschein Und sang so glockenhell darein.
Der Saal, als eine Kugel tlar, bro In Lüften aufgehangen war An einem Turm auf Felsenhöh Bei Nacht hoch ob der wilden See, Und hing in Sturm und Wettergraus An einem langen Arm hinaus. Wenn nun ein Schiff in Nächten schwer Sah weder Rat noch Rettung mehr, Der Lotse zog die Achsel schief, Der Hauptmann alle Teufel rief, Auch der Matrose wollt' verzagen: O weh mir armen Schwartenmagen! Auf einmal scheint ein Licht von fern Als wie ein heller Morgenstern; Die Mannschaft jauchzet überlaut: Seida! jetzt gilt es trockne Saut ! Aus allen Kräften steuert man Jetzt nach dem teuern Licht hinan, Das wächst und wächst und leuchtet fast Wie einer Zaubersonne Glast, Darin ein Mägdlein sizt und spinnt, Sich beuget ihr Gesang im Wind; Die Männer stehen wie verzückt, Ein jeder nach dem Wunder blickt
Und horcht und staunet unverwandt, Dem Steuermann entsinkt die Sand, Sat keiner acht mehr auf das Schiff; Das tracht mit eins am Felsenriff, Die Luft zerreißt ein Jammerschrei: Herr Gott im Simmel, steh uns bei! Da löscht die Zauberin ihr Licht; Noch einmal aus der Tiefe bricht Berhallend Weh aus einem Mund; Da zuckt das Schiff und sinkt zu Grund.
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Das reiche und das arme Kind.
Lange vertrugen sie sich ganz gut miteinander, Alfons, der Sohn des reichen Fabrikherrn, der im ersten Stockwerk des Vorderhauses eine prachtvoll eingerichtete Achtzimmerwohnung innehatte, und Karl, das arme Maurerkind, dessen Vater in einer gang ärmlichen und engen Behausung im Seitenflügel, vier Treppen hoch wohnte. Sie waren ja Nachbarslinder, wenn sie auch unter sehr ungleichen Umständen aufwuchsen. Oft spielten sie auf dem Hofe oder in dem nahen Parke zusammen„ Murmel", „ Ball" oder„ Versteck". Karl machte sich weiter feine Gedanken darüber, wie es kam, daß Alfons immer so schöne, neue Anzüge trug, während er selbst abgetragene, vielfach geflickte Kleider anhatte. Da entdeckte eines Tages Alfons' Mama, wer der Spielkamerad ihres Sohnes war. Sofort verbot sie diesem, jemals wieder mit dem Straßenkind" zu spielen. Und es blieb dabei. In den ersten Wochen nach dem Verbot schaute Alfons manchmal sehnsüchtig nach, wenn sein früherer Freund lustig im Hofe herumtollte oder dem Park zusprang. Aber mit der Zeit wurde die Erinnerung an die Freuden des gemeinsamen Spieles blässer und blässer. Alfons fand in der Schule neue Kameraden, deren Eltern reich und vornehm waren wie die feinigen. Er war ein artiges Kind, und je älter er wurde, um so besser vers stand er, wie recht die Mama hatte, daß die Gesellschaft Karls, des Straßenkindes, nicht für ihn paßte.
Einige Jahre waren vergangen. Der Zufall fügte es eines Tages, daß Alfons allein zu Hause war und sich langweilte. Lesen mochte er nicht, und Kameraden hatte er nicht zur Stelle. Ohne viel zu überlegen, stieg er in den Hof hinab, wie in alten Zeiten. Dort ver gnügte sich Karl mit dem Ball. Alfons lehnte sich mürrisch an die Mauer und schaute zu,