Für unsere Kinder

Nr. 16 ooooooo Beilage zur Gleichheit ooooooo 1912

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( Fortsetzung.)

Spruch.

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Die schönsten Lieder, die aus vollstem Herzen dringen,

Sie werden nicht die Welt verwandeln und bezwingen:

Das wird allein der Kraft, der tätigen, ge­lingen. Friedrich Rückert .

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Das Kosakendorf.*

Inhaltsverzeichnis: Spruch. Von Friedrich| Gärten, Birn- und Feigenbäume und Linden, Rückert. Das Kosakendorf. Von Leo Tolstoi. durchwachsen von Brombeeren und wildem Goodwin- Sand. Von Theodor Fontane. ( Ge- Wein. Keine Menschenseele wohnt jetzt hier, dicht.) Karl Schurz ' Flucht aus Rastatt . und nur im Sand sieht man Spuren von Steh auf, mein Kind. Von Emma Dölt.( Ge- Hirschen, Wölfen, Hasen und Fasanen, die dicht.)- Sepp der Jrokese. Von Robert Grötzsch . sich gern an diesen Orten aufhalten. Von einem Dorfe zum anderen führt ein Weg, der gerad­linig durch den Wald gehauen ist. An diesem Wege liegen die Grenzwachen, in welchen die Erhöhungen befinden sich die Wachtürme. Nur Kosaken stehen. Zwischen den Grenzwachen auf ein schmaler, dreißig Klafter breiter Streifen waldigen, fruchtbaren Bodens bildet den Be­reich der Kosaken . Nördlich von ihnen beginnen die sandigen Dünen der nogaischen oder mo sdotschen Steppe, die sich weit nach Norden erstreckt und sich, Gott weiß wo, in die truch­menische, astrachanische und die kirgiskaisackische Steppe verliert. Südlich, jenseits des Teref, liegt die große Tschetschnja, der Bergrücken von Rotschkolossow, die schwarzen Berge, noch ein Bergrücken und endlich die Schneeberge, die nur das Auge sieht, die aber noch nie der Fuß eines Menschen betreten hat.* In dieser fruchtbaren, waldigen und pflanzenreichen Ge­gend lebt seit urdenklichen Zeiten eine friege­rische, schöne und reiche altgläubige russische Bevölkerung, die man die Grebentosaten nennt. In uralter Zeit hatten sich ihre Voreltern, Altgläubige, aus Rußland geflüchtet und am Terek niedergelassen, mitten unter den Tsche­tfchenzen** auf dem Greben, dem ersten Kamm der waldreichen Berge der Großen Tschetschnja. Sie vermischten sich mit ihnen und nahmen die Gebräuche, die Lebensweise und die Sitten der Bergbewohner an, behielten aber auch dort die russische Sprache und den alten Glauben in vollster Reinheit bei. Eine noch heute unter den Rosaken lebendige Sage erzählt, Bar Iwan,

Die ganze Gegend der Tereklinie, an welcher die grebenischen Kosakendörfer liegen, ist etwa achtzig Kilometer lang und trägt nach ihrer Bodenbeschaffenheit und nach ihrer Bevölke­rung einen einheitlichen Charakter. Der Teret,** der die Kosaken von den Bergvölkern trennt, fließt trüb und reißend, aber schon breit und geräuschloß dahin; er sett beständig auf dem niedrigen, schilfbewachsenen rechten Ufer einen grauschimmernden Sand ab und unterspült das abschüssige, wenn auch nicht so hohe linke User mit seinen Wurzeln hundertjähriger Eichen, faulender Platanen und jungen Nachwuchses. Am rechten Ufer liegen friedliche, aber noch nicht beruhigte Auls;*** das linke Ufer entlang, einen halben Kilometer vom Wasser, liegen in Zwischenräumen von 7 bis 8 Kilometern die Kosakendörfer. In alten Zeiten lag der größte Teil dieser Dörfer unmittelbar am Ufer; aber der Teret entfernt sich mit jedem Jahre mehr von den Bergen in nördlicher Richtung und hat sie unterspült, so daß jetzt nur noch die dicht bewachsenen alten Flecken sichtbar sind,

* Die Beschreibung stammt aus der Mitte des vorigen Jahrhunderts, als die Ruffen in unauf­hörlichen Kämpfen mit den freiheitliebenden Berg­völkern des Kaukasus lagen.

** Der Teret entspringt am Nordabhang des Kaukasus und mündet in das Kaspische Meer. *** Tatarische Bezeichnung für Dorf.

* Seither sind auch die höchsten Gipfel des Kau­tasus erstiegen worden.

** Die Tschetschenzen sind wie andere Kaukasus­völker Tscherkessen, Lesghier usw., ein Volk unbe­fannter Abkunft, das wir zu keiner der großen Menschenrassen stellen können. Außerdem wird der Kaukasus noch von Völkern der mongolischen und der mittelländischen Nasse bewohnt. All' diese Völker zerfallen in zahlreiche Stämme, und es werden über ein halbes Hundert verschiedene Sprachen im Kau­fajus gesprochen.