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Für unsere Kinder
strahlenförmig in eine Einsenkung zwischen zwei Hügeln zusammen, so kann man gewiß sein, daß dort eine Quelle ist. Als meine zahmen Kamele einmal elf Tage lang ohne Wasser waren, wurden sie so durch die Fährten ihrer wilden Verwandten gerettet.
Nun denke man sich eine aus sechs wilden Kamelen bestehende Herde, deren Spur Kameljäger aus den dürren Bergen" nachstellen. Der Führer ist ein altes Männchen, das dreißig Jahre in der Wüste gelebt hat und allen Gefahren entronnen ist. Es liegt wiederkäuend auf seinen vier Knien inmitten seiner drei Weibchen und zweier jüngeren Männchen; nur zwei grasen. Der Alte hört plötzlich mit Wiederfäuen auf, reckt den Hals empor und bläht die Nüstern auf, um möglichst viel Luft in die Nase ziehen und dadurch besser wittern zu tönnen. Dann erhebt er sich, immer den Kopf nach Norden gewendet. Die anderen bleiben noch ruhig liegen, fie verlassen sich auf den Führer. Er macht einige Schritte nach Westen, denn er hat irgendeine Gefahr gemerkt. Da tracht von Norden her ein Schuß. Die Liegenden schnellen wie Sprungfedern in die Höhe, und die ganze Herde jagt in einer Staubwolke davon. Bald erscheinen sie durch das Fernglas nur noch wie kleine schwarze Punkte.
Sie laufen den ganzen Tag; erst in der Nacht mäßigen sie ihre Schritte und bleiben gelegentlich stehen, um Ausschau zu halten. Da keine Gefahr mehr zu drohen scheint, beruhigen sie sich allmählich und ziehen zusammen wieder zu einer salzigen Quelle am Fuße des Gebirges. Rings umher wachsen dichte Schilfstauden und Tamaristen. Der Wind kommt von Osten, und sie ahnen daher nicht die Ge
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Aber es sind ihrer nur fünf, ein Männchen ist zurückgeblieben. Es liegt mit emporgerecktem Hals da und betrachtet uns, die wir näher kommen, mit abwesenden Blicken. Es kaut noch an den Schilfblättern, die es gerade zwischen den Zähnen hatte, als die Kugel ihm in den Bauch drang. Es versucht, sich zu erheben, aber die Vorderbeine versagen den Dienst. Nun stehen wir um den Sohn der Wüste herum; er ist zu Tod verwundet und von seinen Kameraden verlassen. Sein Blick schweift ruhig und ber sonnen über den Horizont hin, er nimmt Abschied von der Wüste. Nach einer Minute ist er tot.
So sah ich den König der Wüste, das wilde Kamel, das gleich dem Wildesel in leblosen Gegenden daheim ist und auf salziger Heide. Wo nicht einmal eine Eidechse Nahrung findet und keine Fliege in der Luft summt, wo die Sommersonne den Lehmboden glühend erhitzt, da zieht es seine weiten Königsstraßen, und die Entfernungen sind ihm nichts. Es ist mit ihm wie mit dem Wind, man weiß nicht, woher er kommt und wohin er geht. Das wilde Ramel ist schneller als der afrikanische Strauß und spottet der Pferde und Reiter. Ich sah es in seiner grenzenlosen Freiheit weiden und trinken, im Schatten der Tamarisken ruhen und erschreckt der untergehenden Sonne ent= gegenfliehen. Wenn wir es am wenigsten erwarteten, tauchte es plötzlich in unserer Nähe auf. Es ist etwas Wunderbares, daß ein so gewaltiges, hochgewachsenes Tier in solcher Öde der Erde gedeihen kann. Und doch leben sie hier, vermehren sich und huschen wie Schatten und Gespenster flüchtig vor dem Auge des Reisenden vorüber.
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sind gegen den Wind an der anderen Seite der Dase angelangt, und zwischen zwei Tamarisken hindurch beobachte ich alle ihre Bewegungen mit dem Fernglas. Lautlos und geschmeidig wie ein Panther schleicht sich mein Jäger am Boden entlang, verbirgt sich in kleinen Einsenkungen und hinter Sträuchern und nähert sich langsam der Herde. Möchten ihn doch nur dieKamele wittern und ihm entrinnen! Regungslos liegt der Schüße in Treffweite hinter einem Strauch vorsichtig hebt er die Büchse ans Auge und drückt ab. Der Schuß kracht, die Tiere fahren zusammen und fliehen dem Schüßen gerade entgegen. Bald aber merken sie den Irrtum und machen kehrt, und pfeilschnell jagene, in aufgewirbelte Staubwollen gehüllt, ins Gere hinauf.
( Schluß.)
Die Nacht ging vorüber und der Morgen brach an, aber unser Helfer kam noch immer nicht. Mittag, Nachmittag, Abend- der ganze zweite Tag dahin-, aber von unserem Freunde feine Spur. Da lagen wir still und steif, von feindlichen Soldaten umgeben, und mit jedem Augenblick schien die Aussicht auf Hilfe immer mehr zu schwinden. Der Durst fing an, uns sehr zu quälen. Glücklicherweise sette während der Nacht wieder ein starker Regen ein. Über meinem Ropfe befand sich im Dache ein gebrochener Ziegel, und durch das Loch, klein wie es war, tröpfelte das Regenwasser herab. Jch fing etwas davon in der hohlen Hand auf und gewann so einen erquidenden Trunk.