Für unsere Kinder

wisser wiederzufinden, welches sich unversehens| Sie trabten vorwärts, geduldig, stumm; hinter mir schloß. Ich merkte mir nun wohl, was mir gegenüber stand. Über eine hohe Mauer ragten die ste uralter Nußbäume herüber und bedeckten zum Teil das Gesims, womit sie endigte. Die Zweige reichten bis an eine steinerne Tafel, deren verzierte Ein­fassung ich wohl erkennen, deren Inschrift ich aber nicht lesen konnte. Sie ruhte auf dem Kragstein einer Nische, in welcher ein künstlich gearbeiteter Brunnen von Schale zu Schale Wasser in ein großes Becken goß, das wieder einen kleinen Teich bildete und sich in die Erde verlor. Brunnen, Inschrift, Nußbäume, alles stand senkrecht übereinander; ich wollte es malen, wie ich es gesehen hatte.

Nun läßt sich wohl denken, wie ich diesen Abend und manche folgenden Tage zubrachte und wie oft ich mir diese Geschichten, die ich kaum selbst glauben konnte, wiederholte. So bald mir's nur irgend möglich war, ging ich wieder zur schlimmen Mauer. Allein zu meinem größten Erstaunen fand ich alles verändert. Nußbäume ragten wohl über die Mauer, aber sie standen nicht unmittelbar nebeneinander. Eine Tafel war auch eingemauert, aber von den Bäumen weit rechts, ohne Verzierung und mit einer leserlichen Inschrift. Eine Nische mit einem Brunnen fand sich weiter links, der aber jenem, den ich gesehen, durchaus nicht zu ver­gleichen ist, so daß ich beinahe glauben muß, das zweite Abenteuer sei so gut als das erste ein Traum gewesen: denn von dem Pförtchen findet sich überhaupt gar keine Spur. Das einzige, was mich tröstet, ist die Bemerkung, daß jene drei Gegenstände stets den Ort zu verändern scheinen; denn bei wiederholtem Besuch jener Gegend glaube ich bemerkt zu haben, daß die Nußbäume etwas zusammen­rücken und daß Tafel und Brunnen sich eben­falls zu nähern scheinen. Wahrscheinlich, wenn alles wieder zusammentrifft, wird auch die Pforte von neuem sichtbar sein, und ich werde mein möglichstes tun, das Abenteuer wieder anzuknüpfen. Ob ich euch erzählen kann, was mir weiter begegnet, oder ob es mir verboten wird, weiß ich nicht zu sagen.-

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Pferde.

Dreihundert Pferde, je drei und drei, 3ogen heut an mir vorbei.

Jur Musterung trappelten Roß um Roß, Ein unabsehbarer, brauner Troß.

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nicht ahnend wohin, nicht ahnend warum. Sie träumten von Krippe, Hafer und Stall, Don Wagenrollen und Peitschenknall. Und wußten nicht, daß sie auserkoren 3u schäumendem Ritt, in den Weichen die Sporen, mit kochenden Nüstern in fliegendem Jagen Reiter in Grauen und Tod zu tragen. mit flatternden Mähnen, von Angst getrieben, über die rauchende Walstatt zu stieben, Um schmerzzerrissen mit triefenden Lenden 3m Staub sich wälzend im Starrkrampf zu enden, noch atmend, das Ohr und das Hirn durchgellt Dom Dröhnen, Heulen und Donnern der Welt. So ziehen sie hin, in langsamem Trab, In Jammer, in Hölle, in gähnendes Grab, Geweiht gleich der Gladiatoren Schar, Die sterbend sich brachte dem Cäsar dar, So schreiten sie in ihr Schicksal stumm, nicht ahnend, wofür, wozu und warum. Doch tief mir im Herzen haftet dies Bild So friedlich, so groß und so schreckenswild. Und nachts im Traume steigen sie auf Aus ihren Gräbern in ruhlosem Lauf Die Pferdekadaver, Skelett bei Skelett, Und drängen sich eng auf der Schädelstätt', Gespenstisch wiehernd, zu drei und drei, Biehn mir die toten Rosse vorbei.

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Paul Friedrich( im Tag").

Unter den Indianern des Gran Chaco.  *

Jm Jahre 1908 begab sich ein junger Schwede namens Erland von Nordenskiöld, der Sohn des Entdeckers der Nordostpassage  , nach Buenos Aires  , der Hauptstadt der Bundesrepublik Ar­ gentinien   und der größten Stadt Südamerikas  , die am Südufer des Rio de la Plata   liegt und 1/2 Millionen Einwohner zählt. Von hier reiste er, soweit die Eisenbahn führte, nach Nordwesten und traf bereits an ihrem End­punkt mit Indianern von der großen Ebene des Gran Chaco   im Osten der Andenketten zusammen. Die ehemals freien Söhne der Wildnis sah er hier als Sklaven der Weißen schwere Arbeit in deren Zuckerfabriken ver­richten, ein trauriges Los, das sie körperlich und geistig ruiniert.

Dann bahnte sich der schwedische Forscher durch den Urwald einen Weg zu den freien

* Aus Sven Hedin  , Von Pol zu Pol.( Letzte Folge.) Durch Amerika zum Südpol. Leipzig  , F. A. Brockhaus 1912.