Für unsere Kinder

Nr. 12 ooooooo Beilage zur Gleichheit ooooooo 1915

Inhaltsverzeichnis: Erstes Grün. Von Martin| seinen Kameraden. Schwarz und finster war

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Greif.( Gedicht.) Die neue Ansiedlung. Von Noland. Spielmannslied. Von Gottfried Keller . ( Gedicht.) Der Tannenbaum. Von Arnulf.- Walfischjagd. Von J. C. Sörensen.( Schluß.) Ha- tschi! Ha- tschi! Von A. E. Bonser. Die Meise. Von Heinrich Seidel. ( Gedicht.)

Erstes Grün.

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Kaum entheimt das erste Grün Den vom Pflug gebrochnen Schollen, Und kein Blatt verrät noch kühn, Wo die Veilchen sprießen wollen. nichts erfüllt das Aug' mit Lust, Winter herrscht noch streng auf Erden, Und doch fühl' ich's in der Brust, Daß es bald wird Frühling werden. Martin Greif .

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Die neue Ansiedlung.

Bon Roland. 1.

Heiho! Wir kommen schon durch!" rief der jüngere der beiden Männer, die sich zwischen den Stämmen und dem Gestrüpp des Waldes ihren Weg bahnten. Hoch schwang er in seiner Fauft die steinerne Ay; dann saufte sie nieder. Krachend zerbrachen die Zweige, und beide Männer traten aus dem Dunkel des Waldes heraus. Es waren hochragende Gestalten mit sebnigen Armen und breiter Brust. Dem Jüngeren fiel das blonde Haar in mächtigen Strähnen auf den Nacken herab; dem Alteren spielten Haar und Bart schon ins Graue; sein Körper aber war noch straff und aufrecht. Im Gurt steckten beiden ihre Waffen, aus Stein gefertigte Arte und Messer; in der Hand trugen sie den Spieß mit steinerner Spize. Sonnenstrahlen glänzten auf der nackten Brust der beiden. Ihre Augen strahlten. Vor sich faben sie weites, welliges Weideland; ein rauschender Bach schlängelte sich durch das Gelände. Hohe knorrige Eichen ragten am Rande des Waldes empor; dazwischen standen helle, zierliche Birken. Manchen der Riesen hatte der Sturmwind entwurzelt; zersplittert und zerborsten, von Moos und Flechten über wuchert, lag der ungefüge Stamm zwischen

Die

der Wald hinter den beiden Männern; im Sonnenschein lag das weite Land vor ihnen. Bis zu ihren Knien ragte das Gras hoch. Schweigend schritten sie bis zum Bache und ließen ihre Blicke nach allen Seiten schweifen, bis zum Walde in ihrem Rücken und den blauen Hügeln in der Ferne vor ihnen. Ein leichter Wind wehte, und ihr langes Haupt­haar flatterte um ihre Schultern.

Endlich begann der Altere:

,, Wie meinst du, Answald, wäre dies der Ort, wo wir unsere Hütten bauen können?" Hell und jubelnd tlang des Jüngeren Stimme: " Ich meine, teinen besseren Ort auf unserer Kundschaft gesehen zu haben. Sieh, wie üppig das Gras steht; fruchtbar scheint mir der Boden zu sein. Unser Vieh wird Futter in Hülle und Fülle finden. Unser Korn wird reich tragen. Und sieh den Wald! Dicht und unwegsam freilich ist er; aber unseren Arten wird er nicht widerstehen. Und reich ist er an Wild; wir haben's gesehen. Wenn's nach mir ginge

so laß uns unsere Genossen herbeiholen und ihnen diesen Ort zeigen. Sie werden sagen: Hier wollen wir wohnen; hier soll unsere neue Heimat sein!"

Und jauchzend klang sein Heiho! über die Fläche.

"

Es sei!" sprach der Alte bedächtig, hier soll unser Dorf erbaut werden; eine neue Heimat soll dieser Boden uns werden."

Gemeinsam streiften sie dann über das Land, bis die letzten Strahlen der Sonne über die Gipfel der Bäume herüberblickten. Die Dämme­rung fam und bald die schwarze Nacht. Die beiden Männer suchten sich ein Lager zwischen den Ästen eines Baumes und schliesen fest und traumlos.

Als der Morgen fam, traten sie den Heim­weg zu ihren Volksgenossen an. Der führte durch weite Waldgebiete. Überall hatten sie ihre Zeichen zurückgelassen, damit sie in der Wildnis sich nicht verirrten. Hier hatten sie einen jungen Baum g.knickt, dort tiefe Risse in die rauhe Rinde gehauen. Mit Art und Messer bahnten sie sich den Weg. An manchen Stellen überzogen schwarze Moore und Sümpfe den Boden; da galt es vorsichtig tappen und tasten, daß man nicht in die schaurige Tiese