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Für unsere Kinder
Mieze legte sich hin, das Kaninchen zu fäugen, lockte aber dabei beständig die säumenden
Jungen. Diesem Tone folgend, troch der Neger geräuschlos bis zur Stelle und bemerkte, als er in die Kiste blickte, zu seinem größten Erstaunen darin die Alte, ein lebendiges Kaninchen und eine tote Ratte.
Die Katzenmutter legte ihre Ohren zurück und fauchte. Der Schwarze verschwand, aber eine Minute später wurde ein Brett auf die Öffnung der alten Riste gelegt und diese mit allem, was tot oder lebendig darin war, in den Vogelfeller getragen.
„ Sehen Sie, Herr, da ist das kleine Karnickel, das wir verloren haben. Die Alte hat's ge stohlen und ihren Jungen zum Spielzeug ge bracht," rief der Neger.
Mieze und Kaninchen wurden vorsichtig in einen geräumigen Drahttäfig gebracht und als glückliche Familie vorgezeigt, bis das fleine Nagetier nach ein paar Tagen frant wurde und starb.
Mieze gefiel es in dem Käfig ganz und gar nicht. Wohl hatte sie genug zu fressen und zu saufen, aber sie lechzte nach der freien Luft und würde auch wahrscheinlich nun„ Freiheit oder Tod" erlangt haben, hätte sie nicht in den vier Tagen ihrer Gefangenschaft sich so gesäubert und geleckt, daß ihre außergewöhnlich schöne Färbung sichtbar wurde und Jap sich entschloß, sie zu behalten.( Fortsetzung folgt.)
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Fuchs und Kranich.
3wei Personen, ganz verschieden, Luden sich bei mir zur Tafel, Diesmal lebten sie in Frieden, Fuchs und Kranich , sagt die Fabel.
Beiden macht' ich was zurechte, Rupfte gleich die jüngsten Tauben; Weil er von Schakals Geschlechte, Legt' ich bei geschwollne Trauben.
Langgehälftes Glafgefäße Getzt' ich ungesäumt dagegen, 20 sich flar im Elemente Gold- und Silbersischlein regen. Sättet ihr den Fuchs gesehen Auf der flachen Schüssel hausen, Neidisch müßtet ihr gestehen: Welch ein Appetit zum Schmaufen!
Wenn der Bogel , ganz bedächtig, Sich auf einem Fuße wiegte,
Hals und Schnabel, zart und schmächtig, Zierlich nach den Fischlein schmiegte. Danfend freuten sie beim Wandern
Sich der Tauben, sich der Fischchen; Jeder spottete des andern,
Als genährt am Katzentischchen.
Willst nicht Salz und Schmalz verlieren, Mußt, gemäß den Urgeschichten, Wenn die Leute willst gastieren, Dich nach Schnauz' und Schnabel richten. Wolfgang Goethe .
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Das Sternenkind.
( Nachdruck
Märchen von Karl Ewald . verboten.) Jedermann weiß, daß die Sterne am Himmel schwimmen wie die Fische im Wasser.
Ein Unterschied ist ja allerdings vorhanden. Die Sterne fängt niemand. Auch schwimmen sie nicht hierhin und dorthin und auf und nieder wie die dummen Fische; sie folgen ihrer unveränderlichen Bahn bis in alle Ewigkeit.
Einem Stern fällt es im Leben nicht ein, eine kleine Sonntagnachmittagstour zu unternehmen. Sonnen und Monde, Planeten und wie sie sonst heißen, Sterne ersten Ranges und Sterne, die nichts als Narrenpossen sind auf unsere eigene erbärmliche Erde herab... fie alle spazieren ordentlich und nett umher, wie es ihnen vorgeschrieben ist, ohne Extratouren.
bis
Der Komet saust plötzlich heran und ist wieder verschwunden, ehe man sich vom Schrecken erholt hat; aber auch er tut nur das, was er muß und weicht nicht um einen Zoll breit aus seiner Bahn.
Darum ist es vielleicht ein wenig langweilig, ein Stern zu sein. Aber es ist auch wiederum sehr hübsch. Und außerordentlich feierlich. Und manch munterer Dorsch tönnte sich wünschen, nur halb so artig zu sein.
Obwohl so am Himmel alles schön ordent lich zugeht, passieren doch mitunter Dinge, die die Sterne in große Gemütsbewegung versetzen und sie ganz aus dem Konzept bringen würden, wenn dies Konzept nicht so ausge zeichnet wäre.
Nun zum Beispiel das, was ich hier er zählen will.
Es ist schon ungeheuer lange her. Aber was in alten Zeiten passierte, war ja viel amüsanter als das, was heute passiert. Und dann ist das Angenehme dabei, daß man darüber reden Tann, ohne jemand zu tränken.