Für unsere KinderNr. 24 o o O o o c, o Beilage zur Gleichheit 0000000 1915Inhaltsverzeichnis: Mahnung. Gedicht vonFreiligrath.— Erntefest. Von B. S.(Schluß.)— Eine Geschichte vom Zweifilßler. Märchen vonKarl Ewald.(Forts.)— Der verzauberte König.Märchen von Robert Grötzsch.— Das klingendeHerz. Gedicht von Otto Krille.Mahnung.vas sei dir unverloren:Zest, tapfer allezeitverdien' dir deine SporenIm Vienst der Menschlichkeit!Rundum ein Rampf aufs Messer!—Lern' du zu jeder Frist,Daß Wunden heilen besserMs Wunden schlagen ist. Sr-lilgrath.000Erntefest.(Schluß.,Nach der Meinung der Alten war der Er trag von Natur und Arbeit von den Götterngegeben oder doch ihrem Schutze zu verdanken.Deshalb nahmen selbstverständlich auch dieseGötter an den Erntefesten mit ihrem Schmausund Jubel teil, wenigstens ein Teil des Ncu-erworbenen wurde lustig verzehrt. Man legteden Göttern als Opfer von den Speisen vor,man musizierte und tanzte zu ihre».Ehren",richtiger: zu ihrem Vergnügen. So war jedesalte Fest zugleich eine religiöse Veranstaltung,eine Gabe an die Götter, der die Bitte umGegenleistung folgte.Bei den Festen, die wir heute feiern, sowiebei allem, was man an ihnen tut, ist nichtschristlich, von dem kurzen Gottesdienst in derKirche abgesehen. Das Urchristentum kanntekeine Erntefeste, weil es nicht auf dem Landesondern unter den städtischen Proletariern undKleinbürgern aufkam, die mit der Landwirt schaft in keinem Zusammenhang standen. Stattder Erntefeste schuf man sich die wöchentliche»Agapen, Liebesmahle, am„Tage des Herrn".Als sie in Völlerei der Reichen ausarteten,wobei die armen Brüder nur zusehen durste»(1. Kor. 11, 2l>. 21), schaffte die entstehendePriesterschaft die Agapen ab. Dann kamen dieMahle auf den Gräbern der Märtyrer undin den darüber gebauten Kirchen in Aufnahme.Bei diesen Feiern stellten sich die Christennatürlich den Geist ebenso mitspeisend vor,wie die zeitgenössischen Syrier und Griechendas taten, die auf den Gräbern ihrer An gehörigen, ihres Stadtheros usw. ein Opfer mahl einnahmen. Neben diesen Kirchenmahlenwurden die alten Volksfeste von der großenMasse des Volks ruhig weiterbegangen, diePriesterschaft, die sie nicht abschaffen konnte,gab ihnen jedoch mit der Zeit«inen anderenCharakter. Sie legte ihnen Ereigniffe aus derheiligen Legende zugrunde, deutete christlicheIdeen in die Festgebräuche hinem, und ver schrie die bisher angebeteten Götter und Geisterals böse Teufel, die an allem Unglück schuldseien. Da aber die Hauptsache an allen Festendas gemeinsame fröhliche Mahl ist, so gibtes weder ein großes christliches noch ein heid nisches Fest, in dessen Mittelpunkt nicht das„Festessen" steht.Unsere altdeutschen Vorfahren waren in derHauptsache wandernde Viehzüchter, Nomaden,sie feierten daher in erster Linie Nomaden-,das sind Schlachtfeste. Wenn der Frühling be gann und man das Vieh austrieb; wenn manim Herbst in die Wintersitze zurückkehrte undalles überflüssige Vieh abschlachtete, daS mannicht überwintern wollte; wenn im Mittwinterdie Zuchteber ihre Schuldigkeit getan hattenund dem Messer verfielen, dann feierte manseine Feste. Das größte und fröhlichste warnatürlich im Herbst, weil es hier am meistenzu schlachten gab. Unsere„Kirmeß", die christ liche Kirchweih hat sich daraus entwickelt.Neben der Viehzucht trieben die Germanenmehr oder weniger Ackerbau. Zumal nachdemsie mit den ackerbautreibenden tielten und spätermit der römischen Kulturwelt in Berührunggekommen waren. Ganz von selber schob sichnun zwischen Frühjahr- und Herbstfest dasErntefest, das heute noch in ländlichen Ge genden als„Niederfall",.Sichelhenke",.Vor-lirmeß" gefeiert wird.Die christliche Kirche, die aus dem Morgen land und Südeuropa zu den Deutschen kam,feierte ihre Erntefeste schon viel früher zuOstern und Pfingsten. Zur Not ließen sichdiese Feste in Deutschland mit den alten Früh lings- und Maigebräuchen vereinigen. Um aberauch dem Erntefest und den Herbstfeierlich keiten einen christlichen Anstrich zu geben.