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Für unsere Kinder

mußten nun Heiligentage und Festtage dem christlichen Kalender eingefügt werden. Fest­charakter tragen der Johannisfeiertag am 24. Juni, der Feiertag Peter und Paul am 29. Juni, der Jakobusfeiertag im Juli und der Bartholomäustag im August. Die Jahr märkte, die an beiden letzteren Tagen noch da und dort gehalten werden, sind ein sicherer Beweis, daß hier einst das Volk zu Ernte­festlichkeiten zusammenströmte. Es war auch den mittelalterlichen Bauern nicht zu verdenken, wenn sie nach harter Arbeit eine Zeitlang feierten", das heißt nichts taten und genossen, was Stall und Weide, Keller und Scheune bot. Noch dazu wo in dieser Jahreszeit be­reits eine stattliche Aufzucht von jungem Vieh: Ziegen, Schafen, Ferkeln, Kälbern und Ge­flügel vorhanden war und die etwaigen alten Kornvorräte völlig aufgezehrt werden konnten. Und wie die Altvordern, so halten es heute die Nachkommen, wenn nicht gerade schwere Not der Luft einen Dämpfer aufsetzt

Als Abschluß der Erntefestlichkeiten sette die Kirche ihr Erntedankfest. In Norddeutsch­land, wo der Getreidebau alle anderen land­wirtschaftlichen Arbeiten weit überragt, findet dieses Fest nach Schluß der Getreideernte statt, in Süddeutschland   erst viel später, weil hier auch Obst- und Weinbau eine bedeutende Rolle spielen. Deshalb wird hier außer dem firch­lichen Erntedankfest im Herbst noch ein rein weltliches Erntefest im August gefeiert, eben die Sichelhente", der Niederfall".

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Kein altdeutsches Fest ohne den Baum, den Geistersiz. Beim Erntefest wird er oft ver­treten durch Erntekrone oder Erntekranz, den dann nicht das ganze Dorf, sondern jede Bauernwirtschaft für sich besitzt. Er wird von den Erntearbeitern angefertigt, auf einer Stange, Garbengabel oder Harke hochgehalten und mit dem letzten Fuder, oft mit Pomp und vierspännig eingefahren. Meist ist der Ernte­franz aus den legten Ahren gebunden, die der Sense verfielen und die in manchen Gegenden den Feldgöttern durch einen Zuruf geweiht wurden. Hier und da läßt man auch einen Rest Ähren als das alte Opfer stehen, das man der Frau Gode oder dem Wode( beides bedeutet Geist) oder einem anders benannten

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hieb tut und den Rest stehen lassen muß, be­kommt den Alten" und wird gehänselt. Oft bindet man aus der letzten Garbe eine menschen­ähnliche Figur, die auch ,, der Alte" heißt, schmückt sie, und sie tritt an die Stelle des Kranzes. Es ist ein wirklicher Göße, wie ihn Polen  , Russen und andere slawische Völker heute noch bei verschiedenen Gelegenheiten aus Garben anfertigen und bezeichnender als wir Groß­väterchen" nennen. Es deutet auch auf die alten Bräuche und Meinungen hin, daß die zusammengestellten Garben in manchen Gegen­den" Puppen" heißen, obgleich sie mit solchen nicht die geringste Ähnlichkeit haben.

Der Sinn der geschmückten Hartke oder Garbe usw., ebenso des Erntebaums oder Erntebusches wird auch bei uns dadurch ganz klar, daß sie auf oder neben dem Herde aufgepflanzt werden. Dieses ist ja die heilige Stelle des Hauses, wo für gewöhnlich die guten Hausgeister woh­nen. Christliche Weiterbildung ist es schon, wenn die Hausfrau das zu verhindern sucht durch Bespritzen des den Kranz usw. bringen­den Gesindes mit Wasser oder durch andere Abschreckungsmittel für die bösen Geister". Gelingt ihr das Abschrecken nicht, so muß sie neben der üblichen festlichen Bewirtung noch besonders etwas, opfern". In manchen Gegen. den muß die Bäuerin mit ihren Mägden die ganze Nacht vor dem Erntefest Küchlein" backen, ein schmackhaftes Schmalzgebäck in Form von kleinen Erntekränzen, das dann an das Gesinde, an die Taglöhner, an Pfarrer, Lehrer, Ortsdiener usw. freigebig verteilt wird. Vielfach gehört die Zahl der Erntetüchlein, die ein Knecht oder eine Magd an diesem Tage bekommt, zum ausbedungenen Lohn.

Der durch Kranz usw. überflüssig gewordene allgemeine große Erntebaum hat sich an man­chen Orten trotzdem erhalten, und zwar als Kletterstange, die sehr gern bei Erntefesten auf­gestellt wird. Es unterliegt gar keinen Zwei­feln, daß die daran aufgehängten Gaben­besonders Würste und Tücher-, die den ge­schickten Turnern zum Lohne werden, an Stelle der Opfer getreten sind, die einst den alten Göttern gewidmet wurden.

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Märchen von Karl Ewald  .

B. S.

( Forts.)

Beschützer des Feldes darbringt. Sehr häufig Eine Geschichte vom Zweifüßler. ist der Zuruf: Wode, Wode, hol deinem Pferde nun Futter!" Dieser stehenbleibende Rest der Feldfrucht heißt vielerorts der Alte", was die Bezeichnung für den Familiengott ist, und wer von den Schnittern den letzten Sensen­

Der Zweifüßler saß und starrte auf den selt­samen Berg, von dem all das Unglück her­rührte. Bis spät in die helle und milde Nacht