190 Für unsere Kinder sagten:Wir müssen den König absetzen oder das Land geht zugrunde." So stand es mit Schwarzbart als ein alter Spielmann durchs Land zog, dem viel Volk nachlief. Er hatte einen wallenden Bart, langes weibes Haar und sang zu seiner Laute ein Lied vom bösen König Schwarzbart und seinen Freveln. Da sandte Schwarzbart seine Häscher aus und ließ den Sänger auf sein Schloß bringen. Dort forderte Schwarzbart mit grim migen Lächeln:Sing mir einmal das Lied, das du auf den Gassen umherbrüllst!" Da sang der Spielmann das Lied so derb, daß Schwarzbart bald bleich bald rot wurde. Und als die letzte Strophe verklungen war, sagte der König zum Spielmann:In der nächsten Stunde schon sollst du elend in der Luft hängen." In der nächsten Schlacht schon sollst du elend am Boden liegen," antwortete der ruhig und hing seine Laute auf den Rücken. Das Spielmännchen ist wirklich keck," höhnte Schwarzbart und erhob sich gereizt vom Throne. Du sollst mir erst einige Wochen im Turme zappeln, ehe du am Galgen baumelst!" Sprach der Spielmann:Du sollst dich mehr denn hundert Jahre als Krüppelmännchen um herschleppen, ehe dich der Tod erlöst!" Da lachte Schwarzbart ärgerlich auf:Der Narr ist verrückt! Werst ihn in meinen tiefsten Turm, damit er vernünftig wird!" Doch als des Königs Leibwachen den Spiel mann packen wollten, warf er die Männer wie mit Zauberkräften beiseite. Und als sie ihm nachstürzen wollten, war er schon nicht mehr zu sehen. Die Torwächter an der Zug brücke aber schwuren, sie hätten gesehen, wie ein Mann mit wallendem Barte und flattern dem weißen Haar auf einer Laute durch die Luft davongeritten sei. Schwarzbart fluchte wütend im Schlöffe um her, ließ die Wächter einkerkern, sandte hundert Reiter aus, die das Land durchstreifen mußten vergebens! DerSpielmannwarverschunden. Jetzt kam Echwarzbart in's Grübeln; er mußte unablässig an die düsteren Prophe zeiungen deS Alten denken, konnte sie nicht enträtseln und kam in's Fluchen, je länger er über die dunklen Worte nachdachte. Aber je mehr er fluchte, um so wütender wurde er, und wenn Schwarzbart die Wut nicht los wer den konnte, war meist ein Krieg in der Nähe. Diesmal kam es jedenfalls so, denn schon drei Tage nach dem Verschwinden des Spiel manns ließ König Schwarzbart die Soldaten des Landes zusammentrommeln und siel sen gend, brennend und mordend über das Nach barland her. Eine blutige Schlacht entbrannte, die wogte vom hellen Morgen bis zum spä ten Abend. Die Sonne sank und das Blut floß in Rinnlein über das Kampffeld, als mitten im Getümmel ein seltsamer Ritter auftauchte. Er saß auf hohem weißen Roß, hatte glänzenden Panzer, weißen Helmbusch und ein Schwert, das rasch wie ein Hammer auf- und niedersprang. Schwarzbarts Reiter zerstoben vor dem weißen Ritter wie Spreu und ehe König Schwarzbart zum Hiebe ausholen konnte, prasselten die Streiche des raschen Gegners hageldicht auf den königlichen Panzer nieder. Ein Streich fegt« den Helm von Schwarzbarts Kopfe, ein anderer durch schlug den Arm, ein dritter ging durchs Bein des Königs. Der stürzte wie leblos vom Pferde. Dies ist das Ende von Schwarzbarts KönigS- herrlichkeit, denn als er in derselben Nacht die Augen wieder aufschlug, war ein verkrüppeltes Männchen aus ihm geworden; ein Männchen mit buckliger Gestalt, lahmem Bein und ver krüppeltem Arm, deffen Hand eine Krücke hielt. Um das Männchen herum schliefen die Schlecht» gefilde tot und still, vor ihm aber saß im Mondlicht ein Greis mit wallendem Bart und langem weißen Haar; neben dem Greis lag eine hellglänzende Rüstung und ein weiß- bebuschter Helm. Schwarzbart riß die Augen groß auf.Der Spielmann-- der weiße Ritter!" stammelte er bebend und wußte jetzt, daß ein Zauberer vor ihm saß. Du hast recht geraten," entgegnete der Greis, ich bin der Spielmann und der weiße Ritter und noch mehr, aber du bist nicht mehr König Schwarzbart. Ich habe dich wieder zusammen geflickt, damit du dich als Krüppelmännchen umherschleppen sollst mehr als hundert Jahre, wie ich dir prophezeit habe. Du bist der Schrecken deines Landes und deiner Nachbarn gewesen und hast den Tod tausendfach gesäet, nun sollst du dafür von Schlachtfeld zu Schlachtfeld hinken und den Tod tausendfach erleiden. Die Krücke soll dein Herr und dein Diener sein. Sie soll dich unstät umher treiben, soll dich unsichtbar machen, wenn du sie drehst und wo du auf einen Sterbenden stößt, soll ihm dies Holz die letzten zwei Wünsche erfüllen. Du brauchst die Krücke nur auf den Erdboden zu stoßen und die Wünsche des Sterbenden gehen in Erfüllung. Und wenn einmal einer den zweiten Wunsch über den ersten vergißt, dann soll dich