Für unsere Kinder

,, Du vermagst meine Stirn zu kühlen an einem warmen Tage und vermagst auch wie ein wildes Ungeheuer über die Erde zu stürmen," sagte er. Ich kenne dich, und ich brauche dich." Und er blickte über die Wiese hin, wo der Fuchs braute und ein leichter, weißer Dampf hin und her wogte.

Du auch," sagte er und nickte. Leicht bist du wie ein Schleier und fein und weiß und unschuldig. Die Dichter besingen dich, und du verursachst den kleinen Kindern Husten. Und doch bist du derselbe, der den Berg gesprengt und mein Land verwüstet hat. Ich habe dich erspäht und entdeckt und gefangen und in meine Maschine gesteckt, und nun mußt du dich für meine Nachkommen rings auf der Erde plagen."

In der Ferne rollte der Donner. Er dröhnte lange und dumpf. Hier und da zuckte ein Blitz und erhellte das Dunkel. Und die Stim­men redeten wieder:

Es donnert, Zweifüßler, und blizzt... Du weißt nicht, was das ist... niemand weiß, was das ist."

,, Die Welt   ist voll mächtiger, geheimer Kräfte... die mächtiger sind als der Wind... und schwerer zu erfassen als der Dampf."

" Pferd und Ochse zittern vor dem Donner und den Blizen.... Der Zweifüßler und alle seine Nachkommen erbeben, soweit das Un­wetter reicht... es gibt mehr Dinge zwischen Himmel und Erde, als der Zweifüßler weiß."

Das Unwetter kam näher. Es krachte der Donner und die Blize flammten. Die in der Nähe Wohnenden liefen in großer Angst nach des Zweifüßlers Hause.

Bater, was sollen wir tun?" riefen fie. Gottes Zorn ist über uns... seht... seht, sein Feuer trifft jenes Haus dort... jetzt brennt es lichterloh!"

Der Zweifüßler sah nicht nach dem bren nenden Hause, sondern zu den Wolfen empor, wo der Donner krachte und die Blitze zuckten. Das ist nicht Gottes Born," sprach er, sondern eine seltsame Macht da oben in den Wolfen... die stärker ist als der Wind... und stärker als der Dampf. O, tönnt ich auch sie zwingen, mir zu dienen, wie ich den Ochsen und das Pferd und die anderen bezwang!" Sie vernahmen seine Worte und blickten einander erschrocken an.

So sehr sie ihn auch verehrten und liebten, das schien ihnen närrisches Zeug zu sein. Denn wie konnte einer im Traum daran denken, sich den fürchterlichen Bliz dienstbar zu machen?

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,, Der Zweifüßler ist zu alt geworden," sagte einer zum anderen. Er wird kindisch und weiß selber nicht mehr, was er redet."

Der Zweifüßler hörte nicht auf sie, sondern fuhr fort, das Gewitter zu betrachten.

Seht... seht den Blitz!" sagte er. Im Nu fährt er von Himmelsrand zu Himmels­rand... o, könnt ich ihn vor meinen Wagen spannen!"

Sie wichen vor ihm zurück, so entsetzt waren sie ob seiner Worte.

,, Seht... seht, wie der Blitz leuchtet," sagte er. Im Nu ist es hell wie am Klarsten Tage o, könnt ich das Licht des Blizes ein­fangen und festhalten und zwingen, ruhig für die Menschheit zu leuchten."

Einer der Altesten trat zu ihm und legte die Hand auf seine Schulter.

" Zweifüßler," sagte er. Das Glück, das du gehabt hast, hat dich rasend gemacht. Deine Rede ist töricht. Du lästerst Gott  !"

"

" Gott   hat den Blizz entzündet, und er hat auch meinen Verstand entzündet," sagte der Zweifüßler. Er hat mir den Verstand ge­geben, damit ich den Blitz erforschen soll! Geht eures Wegs, verrichtet eure Arbeit und laßt mich in Frieden."

Sie gingen fort. Der Zweifüßler blieb stehen und starrte den Himmel an, bis der letzte Blitz erloschen war. ( Fortsetzung folgt.)

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Ein Kernschuß.

Bon Henrik Pontoppidan  .

Es gab nicht viele Fest- und Feiertage im Leben des Häuslers und Webers Kresten Jakob Hansen.

Eigentlich waren es im Laufe des Jahres nur zwei. Aber dafür wurden diese denn auch mit um so größerer Spannung erwartet und mit um so größerer Feierlichkeit begangen.- Der eine fiel zur Zeit des Februarmarktes, wenn das Ferkel gekauft werden sollte, der andere gewöhnlich etwas nach St. Martin, wenn genanntes Familienmitglied geschlachtet werden sollte. Das erste Ereignis nahm be­sonders die Interessen der Kinder in Anspruch. Von dem Augenblick, da sie den Vater mit Stroh ein Lager im Stall hatten bereiten sehen, hatten sie nur noch Sinn und Gedanken für den erwarteten Gast.... Würde er weiß, schwarz oder gescheckt werden? Und wie würde er wohl heißen sollen? Aber auch die Eltern waren sich der ganzen Bedeutung des

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