2«, zu brauen, die Wohnung vom gröbsten Schmutz zu säubern, Kinder und Mann in Bezug ans Wäsche und Kleidung nicht ganz ver­lumpen zu lassen. Der Klassenlage der Proletarierin gegenüber bedeutet es einen Schlag ins Wasser, von Gesetzesivegen die häusliche Ausbildung der Mädchen des Proletariats zu dekretiren. Was nützen alle Kurse über Haushaltung und Wirthschaftsführung, wenn die Töchter der Arbeiter von frühester Jugend an aus der Familie hinaus zum Erwerb müssen? Welchen Vortheil ziehen die Arbeiterfrauen aus ihrer besseren hauswirlhschaftlichen Ausbildung, wenn sie vom frühen Morgen bis späten Abend zum Schaffen in Fabrik und Werkstatt gezwungen sind, wenn sie nicht zuerst danach fragen können, wie sie am besten und vortheilhaftesten wirthschaften, am behaglichsten leben möchten, wenn sie vielmehr beständig sorgen müssen, daß sie überhaupt fortwirthschaften, kümmerlich weiterexistiren können? Zuerst muß die Frage gelöst werden, woher das Stück Brot nehmen, erst später die andere, wie soll es verspeist werden. Was vermag die beste wirthschaftliche Ausbildung der Frau gegen­über der Thatsache, daß der Verdienst des Mannes tiefer und tiefer sinkt? Aus Nichts vermag auch die geschickteste Köchin nicht ein kräftiges, wohlschmeckendes Mahl zu bereiten. Will man ernstlich für die rationelle Lebensweise der Arbeiter und Arbeiterinnen etwas thnn, so sorge man zuerst für menschen­würdige Löhne, so sorge man für eine Verkürzung der Arbeitszeit für alle Proletarier ohne Ausnahme. Eine Verkürzung der Arbeits­zeit wird der Frau erlauben, sich wieder mehr der Pflege der Kinder, der Führung der Hausgeschäfte zu widmen, sie wird es dem Manne möglich machen, täglich ein paar Stunden im Kreise der Seinigen zu verbringen, das Haus- und Familienleben der Arbeiter wird sich heben. Höhere Löhne werden die Proletarier- familien in den Stand setzen, vortheilhafter und rationeller zu wirthschaften. Aber für beide Forderungen sind die Herren von derPost" ebenso wenig wie die Vertreter anderer bürgerlicher und junkerlicher Kreise zu haben. Der Profit vor Allem und dann ein wenig Flunkerei und Heuchelei mit dem Interesse für Arbeitcrwohl. Fühlt sich diePost" durchaus dazu berufen, als Prediger in der Wüste über rationelle Lebensweise und hauswirthschaftliche Ausbildung der Frauen vor tauben Ohren zu salbadern, so wende sie sich an andere Kreise, als an die der Arbeiter und Arbeiterinnen. Die nämlichen Mißstände, welche die Roth bei dem Proletariat, hat der Ueberfluß bei den oberen Zehntausend erzeugt. Das Zu­viel an der Spitze, das Zuwenig an der Basis der gesellschaft­lichen Stufenleiter zeitigt die gleichen Folgen. Die Kochkunst der Gnädigsten" undAllergnädigsten" von feudalen Raubritterthums oder von modernen Jndustrieritterthums Gnaden beschränkt sich meist darauf, mit feinem Zünglein zu kosten, was dieperfekte Köchin," der französische   Koch bereitet. Ohne das harte Mühen der fleißigen Hände von Proletarierinnen würde der Glanz ihrer Prachlwohnungen bald unter Staub und Spinnengewebe ver­schwinden. Dieliebevolle Pflege" des Mannes überlassen die Damen der besseren Stände dem Dienstpersonal und den Maitressen hohen und niederen Grades. Das, was sie als Mütter leisten, ist, in der Regel nicht mehr, als daß sie Töchter in die Welt setzen, für deren Toiletten und Mitgift das werkthätige Volk in Gestalt von Liebesgaben an die nothleidenden Schnapsbrenncr und Agrarier aufkommen muß, und daß sie Söhnen das Leben geben, deren Spielschulden, Pferdesport und sonstigenoble Passionen" aus der gleichen Quelle gedeckt werden. Hübsch vor der Thür der Klasse kehren, deren Interessen man vertritt, verehrtePost," dort giebt es Schmutz genug. Arbeiterinnen-Bewegung. In Neustadt  (Oberschlesien  ) fand am 10. Januar eine Volks Versammlung für Männer und Frauen statt, die so gut besucht war, daß das gewählte Lokal die herbeigeströmte Menge nicht zu fassen vermochte. Herr Feldmann sprach unter großem Beifall überTie Sozialdemokratie und ihre Ziele." Frau Steinbach(Hamburg  ) hielt vom 12. 25. Januar in Schleswig-Holstein   eine Reihe von sehr gut besuchten Agitalions Versammlungen für Frauen und Männer ab, in denen sie überDas sozialdemokratische Programm und die Frauensrage" referirte. In Kellinghusen  , Neumünster  , Rendsburg  , Schleswig  , Flens- Weihnachten. Srzählung von M. Kautsky. lForls-tzunz.) Gleichwohl blieb Fritz stehen und starrte so sehnsüchtig nach dieser Thür, als könnte er sie mit seinen Augen aus den Angel» heben. Ahnte er, daß das Mädchen noch dahinter stand und mit neugierigen Augen durch das Schlüsselloch guckte, fühlte er. daß diese Augen mit einem gewissen Wohlgefallen an seinen Zügen hafteten? Wer weiß, mit sechsundzwanzig Jahren hat man so merk­würdige Instinkte. Nach einer Weile nahm er den weichen Filzhut herunter, strich mit der Hand das dunkle, reiche Haar zurück und betrat dann die Wohnung seines Bruders. Er wurde von den Kindern mit einem Freudengeschrei empfangen, und noch ehe er seinen Ober­rock abgelegt hatte, stellte Georg bereits an seinen Beine» allerlei Kletterübungen an. Plötzlich hielt er in seiner Gymnastik inne. Ich habe an der Seite hier etwas gespürt, Onkel," sagte er, in kindlicher Verwunderung zu ihm aufblickend.Etwas Hartes habe ich gespürt, sind das Deine Knochen, Onkel Fritz?" Freilich, Du Schlingel," erwiderte dieser herzlich lachend und den Overrock noch fester zuknöpfend, damit das Vögelchen, das er für ihn barg, dem kleinen Aufpasser nicht zu Gesicht komme. Georg ging wie ein Spürhund rund um den Onkel herum. ihn aufmerksam von allen Seiten betrachtend.Onkel, laß mich noch einmal greifen," bat er schmeichelnd. Ich möchte fühlen wie hart Deine Knochen sind." Weg da mit den Händen? was der Junge für Gelüste hat." Dann will ich reiten, Du sollst mein Pferd sein." Und ehe sich's Fritz versah, hatte der flinke Bursche seine kleinen Beinchen um das kräftige Bein seines Oheims geschlungen und versuchte in dieser Weise sich wie auf einer Kletterstange emporzuhissen. Nein, es ist doch zu arg," zürnte Auguste.Sogleich wirst Du den Onkel in Ruhe lassen. Fritz, halte Dich nicht länger auf mit ihm. Kail   wartet bereits auf Dich, es wird Zeit zum An­zünden, sonst wird uns der Kleine schläfrig." Fritz ließ sich dies nicht zweimal sagen. Ohne den verdächtigen Oberrock abzu­legen, entwandte er sich den visitirenden Händen seines neugierigen Neffen und sich so dünn wie möglich machend, entschlüpfte er durch die kaum geöffnete Thür. Endlich, Du Säumiger!" rief ihm sein Bruder entgegen, Du kommst recht spät, da sieh her, ich bin beinahe fertig." Der Weihnachtsbaum in vollem Schmuck war jetzt auf ein Tischchen gestellt, das mit dem gewissen rothen Tuch überdeckt war und darauf waren sämmtliche Geschenke in sinnreich zierlicher Weise geordnet. Die Schachtel mit den Husaren und die Arche Noah bildeten de» Hintergrund, die flimmerndeu Puppen waren mit großer Pretention vorne hingesetzt und seitwärts lag das Geschenk für Auguste ausgebreitet: ein Halskragen mit Manschetten, mit einigen himmelblauen Schleifen herausgeputzt. Ah, da kann ich wohl mein Präsent gleich daneben legen," sagte Fritz, und er suchte ein kleines vergoldetes Medaillon zu dem übrigen in das gehörige Arrangement zu bringen. Bruder, das ist für Auguste bestimmt?" fragte der Gatte. Natürlich, für wen sonst?" Du kaufst Schmuck? Du bist ein Verschwender, Fritz, und wie er inich dadurch bei meiner Alten in den Schatten stellen wird, Du bist eigentlich ein schlechter Mensch." Ja," scherzte Fritz,es steckt eine feine Berechnung dahinter, ich will mir bei Deiner Gustel ein Bildchen einlegen, aber jetzt laß mich vor allem meinen Winlerrock ausziehen, ich ersticke fast." Er zog das Vögelchen darunter hervor und legte den Rock ab. Dieser Spitzbube von einem Georg hat es gleich weg gehabt, daß es mit meiner Zugeknöpftheit nicht ganz geheuer sei, ich sage Dir, der Barsche ist zu schlau." Das ist er, und dennoch werde ich ihm heute ein X für ein 1l machen," sagte der Vater, indem er lachend auf den Rappen zeigte.