1) Arbeitslosigkeit und Lebensmittelvertheuerung; 2) Die Stellung der Frau in der heutigen Gesellschaft; 3) Die Arbeiterpresse und deren Bedeutung. Ehe die Versammlung in die Tagesordnung eintrat, mußten die anwesenden Frauen auf Befehl des überwachenden Polizei beamten das Lokal verlassen, und dies, obgleich das Bamberger   Amts­gericht erst fürzlich entschieden, daß Frauen an allen öffentlichen Ver sammlungen theilnehmen dürften. Auf Veranlassung des Vorsitzenden mußte darauf der überwachende Polizeibeamte 6-8 seiner Kollegen, welche in Zuwiderhandlung gegen die Gesetzesvorschriften dienstlich in der Versammlung erschienen waren, gleichfalls aus dem Saale weisen. Die Versammlung nahm, nachdem Herr Löblein über die drei Punkte der Tagesordnung referirt hatte, folgende Resolution an: Die heutige Volksversammlung ist mit den Ausführungen des Referenten voll­ständig einverstanden, und erklärt, Alles daran zu setzen, den Frauen das gesetzliche Versammlungsrecht erkämpfen zu helfen. Die Ver­sammlung erklärt ferner, daß die heutige privatkapitalistische Pro­duktionsweise unfähig ist, der Arbeiterklasse eine menschenwürdige Existenz zu gewährleisten, daß vielmehr eine Besserung erst dann ein­treten wird, wenn die kapitalistische Produktionsweise in die sozialistische übergeführt worden ist. Die Anwesenden verpflichten sich, dafür ein­treten zu wollen, daß in möglichst fürzester Zeit in Bamberg   ein Preßorgan ins Leben gerufen wird, welches die Interessen der Arbeiter voll und ganz vertritt."

In Altenburg   fand am 14. Februar eine öffentliche Ver­sammlung aller in der Buch- und Papierbranche thätigen Arbeiter und Arbeiterinnen statt, welche sich mit dem bevorstehenden Gewerk­schaftskongreß beschäftigte. Nachdem Herr Scherer sich über die Bedeutung der auf dem Kongreß zur Verhandlung gelangenden Organisationsfrage verbreitet und die Gründung von Unionen befür­wortet hatte, erklärte sich die Versammlung in einer Resolution mit den Ausführungen des Referenten einverstanden und versprach, nach besten Kräften für die Verwirklichung der Beschlüsse des Halberstadter Kongresses zu wirfen.

-In einer zahlreich besuchten öffentlichen Versammlung der Schneider und Schneiderinnen von Berlin  , welche am 14. Februar stattfand, sprach Herr Pfeiffer unter lebhaftem Beifall über den ,, Arbeiterfang bei den verschiedenen Konfektionsfirmen" und geißelte mit treffenden Worten die miserablen Arbeitsverhältnisse, unter denen manche Firmen ihre Produkte herstellen lassen. Verschiedene Kollegen bestätigten die gemachten Ausführungen, betonten die von der Haus­

Weihnachten.

Erzählung von M. Kautsky. ( Fortsetzung.)

Die Anwesenden waren verblüfft, sie sahen sich gegenseitig an, als fönnten sie es dem vom Gesicht lesen, der die Schuld an diesen Thränen trage; dann drängten sie sich theilnehmend um das Mädchen. , Was ist Dir geschehen? Rosa, sprich doch," bat Auguste. Das ist zu viel!" wiederholte Rosa.

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" Was ist denn zu viel, doch nicht die Broche, Du Kind?" Der Falsche, der Abscheuliche, einer solchen Bosheit hätte ich ihn nimmer für fähig gehalten." Sie vermochte vor Schluchzen nicht weiter zu reden.

Sie müssen sich deutlicher erklären, wir verstehen Sie nicht," sagte Karl.

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Friz hatte indeß das Schächtelchen herbeigebracht. Was fonnte Sie dabei erzürnen oder verlegen?" fragte er im unschuldigen Ton. Rosa schnellte in die Höhe, ihre Hände sanken von ihrem Gesicht, die blauen Augen, in denen noch die Thränen standen, wendeten sich mit einem drohenden, zornigen Ausdruck wieder gegen Friz. Sie fragen noch!" rief sie, und ihre Stimme zitterte. ,, Glauben Sie, ich hätte die Anspielung nicht verstanden? D, Sie haben sie nur allzu deutlich gegeben." Sie trat ihm noch einen Schritt näher, in ihren Fingern begann es wieder zu zucken, aber es mußte etwas in dem Ausdruck seiner Augen liegen, das den drohenden Ausbruch in Weichheit löste. Sie fiel Auguſten um den Hals. Er hat mir sehr wehe gethan!" schluchzte sie in einem herzbrechenden Ton.

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Aber womit denn, Rosa?"

Mit der Spinne, ich weiß es, er hält mich für eine giftige Person." Friß öffnete, von einem Gedanken erfaßt, die kleine Schachtel, die er in der Hand hielt. Da lag die unheilbringende Brosche. Er besah sie mit einem raschen Blick. Auf dunklem Grund war

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industrie gezeitigten Mißstände und die Nothwendigkeit der Forderung auf Errichtung von Betriebswerkstätten.

Am 15. Februar fand in Berlin   eine gut besuchte Volks­versammlung statt, in welcher Reichstagsabgeordneter Förster   über Die Bedeutung der Gewerkschaftsbewegung für die Frauen" referirte. Der Redner erkannte eine besondere Arbeiterinnenbewegung nicht an. In dem Befreiungskampf der politisch und wirthschaftlich rechtlosen Klassen falle die Frage der Geschlechter völlig fort. Wo beide Ge­schlechter zusammenarbeiten, sollten sie sich auch zusammen organisiren. Unrecht und unzweckmäßig sei es, wenn sich die Frauen behufs Wahr­nehmung vermeintlicher Spezialinteressen separiren. Nur dort, wo es auf Grund der bestehenden Verhältnisse nicht anders möglich sei, sollten sich die Arbeiterinnen selbständig organisiren. Die fort schreitende Konzentration des Kapitals und die Koalitionen der Groß­kapitalisten treiben die Arbeiter und Arbeiterinnen zur gewerkschaft­lichen Organisation, deren Bedeutung nicht überschätzt werden dürfe, und die durch die politische Bewegung ergänzt und vervollständigt werden müsse. In der an den Vortrag anknüpfenden sehr lebhaften Diskussion vertrat Frau Ihrer den Standpunkt, daß die Frauen­bewegung den Boden für die Einbeziehung der Arbeiterinnen in die große ganze Arbeiterbewegung vorbereite. Die Versammlung erklärte sich mit den Ausführungen des Referenten einverstanden und versprach, die Frauen den Fachvereinen zuzuführen.

In Jhehoe fand am 15. Februar eine öffentliche Versamm­lung von Frauen und Mädchen statt, in welcher ein Arbeiterinnen­Bildungsverein gegründet ward, dem sofort 62 Mitglieder beitraten. Nach Berathung und Annahme der Statuten empfahl Herr Keller­mann den Anwesenden, in reger Weise unter den Arbeiterinnen des Ortes zu agitiren und sich durch die Verleumdungen und Lügen der Lokalpresse nicht beirren zu lassen.

Frau Steinbach sprach am 16. Februar in einer öffentlichen Volksversammlung zu Barmbeck über Die Lage der Plätterinnen" und wies auf die Bedeutung und den Nutzen des am Orte bestehenden Zentralvereins für Plätterinnen hin. Die Ausführungen der Rednerin wurden sehr beifällig aufgenommen.

Am 17. Februar fand in Hanau   eine öffentliche Versamm­lung für Frauen und Mädchen statt, in welcher Herr Vetters( Frank furt) über das Thema: Die Frau und der Sozialismus" sprach und seine Ausführungen an Bebel's   bekanntes Buch anknüpfte. Die Ver­sammlung schloß mit dem Gesang der Arbeiter- Marseillaise.

in ziemlich roher Ausführung eine Spinne gemalt, wie sie auf ihrem Neze sisend soeben eine Fliege verspeiste.

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Er hat mich damals so genannt," fuhr Rosa fort, und er hat mir dies heute absichtlich vor die Augen gebracht, damit ich nicht vergessen soll, wie er von mir denke."

,, Das ist ein merkwürdiger Verdacht," brach Frizz jest los, die Schachtel sammt ihrem Inhalt auf den Boden schleudernd. Aber ich weiß es ja, ich bin in Ihren Augen ein ganz erbärm­licher Mensch, ein Abgrund der Abscheulichkeit bin ich." Er rannte aufgeregt im Zimmer auf und nieder.

Rosa war bestürzt in den Sessel zurückgesunken. Indeß war auch der kleine Georg herbeigesprungen, er hob die Brosche vom Boden auf und drängte sich damit an Rosas Knie.

,, Gefällt Dir die Spinne nicht?" fragte er in seinem find­lichen Ton. Weine nicht, Rosa, die Mutter wird Dir die andere faufen, die mit der Taube, die war viel schöner."

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Rosa blickte auf. Hat denn die Mutter? Auguste, Du haft die Brosche gekauft?"

,, Natürlich, wer sonst? Es ist nur eine Kleinigkeit," setzte die gute Seele entschuldigend hinzu. Ich hatte vorerst die mit der Taube ausgesucht, aber dann fand ich, daß die Spinne auch recht hübsch sei, und daß sie eine viel bessere Nadel habe."

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Die Spinne war billiger," versicherte Georg treuherzig, ,, darum hat sie die Mutter gekauft."

Rosa drückte den kleinen an sich und schloß ihm mit einem Kusse den Mund, dann sprang sie auf und warf ihre Arme der Freundin um den Hals." Gustel," rief sie, gleichzeitig lachend und weinend. Was mußt Du, was werdet Ihr alle von mir denken? Ich bin so ein dummes, albernes Ding, ich hatte eine so lächerliche Einbildung, ich möchte mich selber dafür prügeln, Gustel, Mahlknecht, ich bitte Euch, verzeiht mir."

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Karl sah sie an und schüttelte dabei etwas mißbilligend den Kopf. Sie sind ein eraltirtes Mädchen, aber wenn Sie Jemand

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