zu machen; sie erklärt ferner, mit allen Mitteln für die Aufklärung der Volksmassen wirken zu wollen, um die breiten Schichten der Ar­beiterbevölkerung zur Erkenntniß ihrer Klassenlage zu bringen."

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Am 9. März fand in Berlin   eine zahlreich besuchte öffentliche Volksversammlung statt, in welcher Reichstagsabgeordneter Kunert über ,, Die nationale und internationale Bedeutung des 1. Mai" referirte. Der Redner führte aus, daß die Arbeiterschaft der ganzen Welt durch die Maikundgebung nicht nur die Forderung auf gesetzliche Einführung des Achtstundentages, sondern auf eine umfassende und wirksame Ar beiterschutzgesetzgebung überhaupt erhebe, wie solche eine Vorbedingung für kräftige Fortführung des proletarischen Befreiungskampfes sei. Nach einer regen Diskussion, an welcher sich u. A. Frl. Baader bethei­ligte, faßte die Versammlung folgende Resolution: Die Versammlung erklärt mit aller Energie gemäß dem Brüsseler Beschluß für den Acht­stundentag, sowie für den nationalen und internationalen Arbeiter­schutz einzutreten; sie erklärt, sich am Maifeiertag zu betheiligen, in dem Bewußtsein der Solidarität des Proletariats der ganzen Erde."

In Stuttgart   sprach am 10. März in einer von den ver­einigten Gewerkschaften einberufenen Versammlung Frau Zetkin   über ,, Die Bedeutung der politischen Rechte für die Arbeiterinnen." Die Rednerin führte aus, daß die Bedeutung der politischen Rechte für Arbeiterinnen und bürgerliche Frauenrechtlerinnen eine durchaus ver­schiedene sei. Die Klassengegensätze hätten die Gemeinsamkeit der Interessen in der Frauenwelt so gut wie in der Männerwelt zerstört, an ihre Stelle die Gemeinsamkeit der Interessen aller Angehörigen ein und derselben Klasse ohne Unterschied des Geschlechts gesetzt. Für die weiblichen Angehörigen der Bourgeoisie, als Glieder einer wirth­schaftlich freien und herrschenden Klasse, bedeuteten die politischen Rechte Selbstzweck, die gesellschaftliche Befreiung; für die Arbeiterinnen, als Angehörige einer wirthschaftlich abhängigen und verknechteten Klasse, könnten sie nicht mehr sein als Mittel zum Zweck, Waffen, um zusammen mit den männlichen Klassengenossen durch Bekämpfung der kapitalistischen   Gesellschaftsordnung die Befreiung zu erringen. Die Proletarierinnen bedürften der politischen Rechte nicht blos, um an dem Kampfe ihrer Klasse auf politischem Gebiete theilnehmen zu können, sondern auch, um auf wirthschaftlichem Gebiete, in und mit den gewerkschaftlichen Organisationen der kapitalistischen   Ausbeutung entgegen zu treten. Die Gemeinsamkeit der Klasseninteressen, die vor­liegende Nothwendigkeit, die Arbeiterinnen wirthschaftlich und politisch für den Klassenkampf zu schulen und zu organisiren, mache es den Arbeitern zur Pflicht, für Verleihung der politischen Rechte an das weibliche Geschlecht einzutreten.

Der Zentralverein der Näherinnen Deutschlands  , Zahlstelle Hamburg  , wählte in seiner Mitgliederversammlung vom 23. Februar Frau Peschkau als Vertreterin zum Gewerkschaftskartell.

-Am 23. Februar fand die regelmäßige Mitgliederversammlung des Zentralvereins der Hand- und Fabritarbeiterinnen, Zahlstelle Altona  , statt. Frau Richter hielt einen sehr beifällig aufgenommenen Vortrag über Kindererziehung."

Die am 24. Februar stattgehabte außerordentliche Mitglieder­versammlung des Zentralvereins der Fabrik und Handarbeiterinnen Deutschlands  , Zahlstelle Wandsbeck, wählte Frau Eggers und Frau Schmidt zu Delegirtinnen für die bevorstehende Generalversammlung der Organisation, sie beschloß ferner die Gründung einer Bibliothek.

- Der Fachverein der im Buchbindergewerbe beschäftigten Ar­beiter und Arbeiterinnen von Konstanz   erklärte in seiner letzten Mit­gliederversammlung im Anschluß an ein eingehendes Referat über Die Bedeutung des Halberstadter Kongresses," daß die im Buchgewerbe bestehenden Zentralisationen zu einer allgemeinen, alle Arbeiter und Arbeiterinnen des graphischen Gewerbes umfassenden Union zu vereinen seien.

Der fürzlich in Elberfeld   gegründete Frauen- und Mädchen, verein hielt am 25. Februar seine erste regelmäßige Sigung ab. Nach Durchberathung des von einer Kommission ausgearbeiteten Statuten­entwurfs ward der Vorstand des Vereins gewählt, dem sofort 150 Mitglieder beitraten.

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-Die Freie Vereinigung der Vergolderinnen von Berlin   faßte in ihrer letzten Generalversammlung den Beschluß, die betreffende Or­ganisation aufzulösen und dem deutschen   Vergolderverband beizutreten. In einer gut besuchten Verbandsversammlung der Schneider und Schneiderinnen von Berlin  , welche am 29. Februar stattfand, referirte Herr Augustin über Die Ursachen der Arbeitslosigkeit." Der Redner hob hervor, wie nothwendig die Organisation der Ar­beiter angesichts der Anmaßung des Kapitals ist. In der folgenden lebhaften Diskussion sprachen die Herren Pfeiffer, Pinner und Kullik, sowie Frl. Wabnik im Sinne des Referenten.

Der Verein zur Vertretung der gewerblichen Interessen der Frauen und Mädchen Hamburgs   hielt am 2. März seine regelmäßige

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Mitgliederversammlung und nahm einen Bericht der Frau Laier über Das Gewerkschaftskartell" entgegen.

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In Köln   hielt am 3. März der Frauen und Mädchen­Bildungsverein seine Mitgliederversammlung ab, in welcher Frau Schneider I eine interessante Arbeit über das Thema: Weltunter­gang, ein Blick in die Zukunft" vorlas. Dem erst im letzten Januar gegründeten Verein hat sich das Interesse der Kölner Proletarierinnen in hohem Maße zugewendet, so daß seine Mitgliedschaft schon fast 100 Personen stark iſt.

Die Filiale der Wirker und Wirkerinnen von Berlin  , Mit­gliedschaft des Verbandes deutscher   Textilarbeiter und Arbeiterinnen, beschloß in ihrer letzten Mitgliederversammlung, sich auf der General­versammlung des Verbandes zu Elberfeld   durch einen Delegirten ver­treten zu lassen.

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In Wien   fand Anfangs Februar eine von 1600 Personen besuchte öffentliche Frauenversammlung statt, in welcher Frau Dworschat in trefflicher Weise über Die Stellungnahme der Frauen zur Lebensmittelvertheuerung" referirte. Die Rednerin wies nach, daß die der Arbeiterklasse am schwersten fühlbare Vertheuerung und Verfälschung der Lebensmittel eine nothwendige Folge der kapi­ talistischen   Ordnung sei, deren Beseitigung die Frauen in geschlossener Organisation anstreben müßten. Zwei anwesende Damen suchten die Arbeiterinnen für den Anschluß an den Verein für Verbilligung der Lebensmittel" zu gewinnen, welcher ein Sinken der Fleischpreise dadurch bewirkt habe, daß seine Mitglieder eine Zeit lang den Fleischkonsum nur Hühner und Gänse verzehrt hätten. Die eingestellt und betreffenden Hausfrauen hätten sich dieses Opfer nur zum Besten der Arbeiterschaft auferlegt, denn sie seien eigentlich auch Sozialistinnen. Hunderte von bleichen, abgezehrten Frauen hatten Mühe, ihre gerecht­fertigte Entrüstung gegenüber von Behauptungen zu bemeistern, in welchen sich ein ebenso hoher Grad von Verständnißlosigkeit als zynischer Unverfrorenheit offenbarte. Frau Grubinger wies unter dem Beifall der Versammlung nach, daß die Magenfrage jener Damen mit der Magenfrage der Proletarierinnen so wenig zu thun habe, wie der Auch- Sozialismus der Geflügelvertilgerinnen mit der Sozial­demokratie. Alle Rednerinnen betonten, daß nur in dem Anschluß an die sozialdemokratische Arbeiterbewegung das Heil der Zukunft liege. In Wien   fand am 28. Februar eine öffentliche Frauen­versammlung statt, in welcher Frau Grubinger über Die Stellung der Frau im Hause und in der Industrie" referirte. Als die Red­nerin die Arbeitsverhältnisse der Proletarierinnen in den staatlichen Betrieben, z. B. den Tabakfabriken, einer Kritik unterzog, ferner als sie äußerte, daß die Verführung junger Mädchen durch Gigerln und Offiziere zum Anwachsen der Prostitution beitrage, ward sie von dem Regierungsvertreter unterbrochen, das erste Mal mit dem Hinweis darauf, daß über Politik nicht gesprochen werden dürfe, das andere Mal, weil die Ausführungen der Frau Grubinger nicht zur Tages­ordnung gehörten. Das Referat der Frau Dworschat über Presse und Volksliteratur" ward gleichfalls fortwährend vom Regierungs vertreter unterbrochen. Als Frau Grubinger die Rednerin auf= forderte, weiter zu sprechen, wie sie wolle, da die Versammlung eine öffentliche sei, in welcher über Politik gesprochen werden dürfe, löste der Vertreter der Regierung unter lauten Protestrufen der Anwesenden die Versammlung auf.

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Eine Delegirtenversammlung der Syndikate der in der Uhren­fabrikation beschäftigten Arbeiter des Berner Jura   beschloß, mit aller Energie für die Organisation der in dem betreffenden Industrie­zweige thätigen Arbeiter und Arbeiterinnen zu agitiren und über strikte Wahrung des Assoziationsrechts zu wachen, das seitens der Unternehmer vielfach bedroht und geschädigt werde.

In Nantes  ( Frankreich  ) ward ein Syndikat der Arbeiter und Arbeiterinnen der dortigen Tabakfabrik( Staatsbetrieb) gegründet. Die neue Organisation zählt bereits 700 Mitglieder und schloß sich an den Landesverband der französischen   Tabakarbeiter und Arbeiterinnen an.

- Die Bemühungen der Union der Gasarbeiter" und der ,, Union der Allgemeinen Arbeiter", die bisher unorganisirten Arbeiter und Arbeiterinnen des schwarzen Nordens" von Irland gewerk­schaftlich zu gruppiren, sind, wie Frau Mary- Aveling in einem in London   gehaltenen Vortrag berichtete, auf sehr guten Boden ge­fallen. Besonders die in den großen Baumwollspinnereien und Webereien, in den Halskragen und Hemdfabriken von Lurgan  , Beßbrook und Derry   beschäftigten Arbeiterinnen haben den Dr­ganisationsbestrebungen Verständniß und Begeisterung entgegengebracht. Ihr reges und energisches Wirken für die Organisation, der sie an­gehören, trägt sehr viel dazu bei, daß die Gegend von Belfast   der betreffenden Union   eine große Zahl ausgezeichnet organisirter Mit­glieder stellt.