In Berlin fand am 21. März eine Mitgliederversammlung des Verbands deutscher Schneider und Schneiderinnen statt, in welcher Herr Timm über den Halberstadter Gewerkschaftskongreß berichtete. Redner erklärte, daß der Kongreß durch seine Haltung den Lokalorganisationen gegenüber einen taktischen Fehler begangen habe. Seiner Ansicht nach sei die zentrale Form der Organisation die beste, welche den einzelnen Orten die größte Bewegungsfreiheit lasse. Herr Timm hob im weiteren Verlaufe seiner Berichterstattung hervor, daß sich der Kongreß für die Kontrolmarken als Kampfesmittel und gegen die Stück und Affordarbeit erklärt habe.
Der Zentralverein der Hand- und Fabrikarbeiterinnen Deutsch lands , Zahlstelle Hamburg , hielt am 22. März eine Mitglieder versammlung ab, in welcher zunächst über folgende Themata referirt ward:„ Die Lage der Arbeiterinnen im Allgemeinen,"" Schändet Armuth oder adelt sie?"" Gewerbsmäßige Bettelei." Frau Blohm sprach darauf in trefflicher Weise über„ Die Aufgaben der Arbeiterinnen in der heutigen Gesellschaft."
Am 23. März fand eine Mitgliederversammlung des Vereins zur Vertretung der gewerblichen Interessen der Frauen und Mädchen Hamburgs statt, in welcher Herr Sterklossa einen lehrreichen Vortrag über Darwinismus hielt. Der Verein erklärte hierauf mit großer Majorität, sich an der Maifeier betheiligen zu wollen.
Der Zentralverein der Fabrik- und Handarbeiterinnen Deutsch lands , Zahlstelle Eppendorf , hielt seine erste Mitgliederversammlung ab. Nach Wahl eines Vorstandes wurden verschiedene innere Angelegenheiten, darunter die zu ergreifenden Agitationsmaßregeln berathen.
Frau Vollmers sprach am 24. März in einer Mitgliederversammlung des Zentralvereins der Fabrik- und Handarbeiterinnen Deutschlands , Zahlstelle Barmbeck , über das Thema:„ Ist es nöthig, daß wir approbirte weibliche Aerzte haben?" Die Rednerin bejahte die betreffende Frage und forderte die Anwesenden auf, kräftig dafür zu agitiren, daß in Deutschland die Frauen zum Universitätsstudium zugelassen würden.
Am 29. März fand in Berlin eine kombinirte Versammlung der Mitglieder des Verbands der in Buchbindereien und verwandten Betrieben beschäftigten Arbeiter und Arbeiterinnen statt, in welcher Herr Marwitz über den Halberstadter Gewerkschaftskongreß berichtete.
Karl brach in ein dröhnendes Lachen aus.„ Ja so, ja freilich, das ändert viel in der Sache."
,, Karl, höre auf!" drohte Friß.„ Willst Du sie mir wieder aufreizen, sie mir abspenstig machen?"
Zu Tische!" rief Gustel. Hört nicht weiter auf ihn, er ist ein arger Schelm." Alle folgten der Einladung der Hausfrau. Wenn nun aber die Fanny in ihrer Desperation zu dem äußersten Mittel gegriffen hätte?" fuhr der Unbarmherzige fort, nachdem er sich ein großes Stück Karpfen auf seinen Teller ge= legt hatte.
„ Zu dem äußersten Mittel?" wiederholten die Beiden,„ was meinst Du damit?"
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Wenn diese Unglückliche zum Beispiel" der Abscheuliche machte eine Pause.
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Sie hat doch nicht Gift genommen?" rief Rosa erbleichend. ,,, sie hat etwas viel Schlimmeres gethan." ,, Um Gotteswillen!"
Ich fönnte ihn prügeln, diesen Quäler! Es ist ja Alles nur Scherz, Rosa, was er da vorbringt, siehst Du denn nicht, wie es lachend um seine Nasenflügel zuckt, aber" Frizz hob die Fäuste, es ist wirklich satanisch von Dir, Karl!"
,, Wie gesagt, die Fanny ist zu dem Aeußersten geschritten," fuhr dieser unbeirrt fort. Die Aermiste hat- sie hat-" „ Laß los, oder-"
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„ Nun also, sie hat sich dem dicken Anton versprochen, und nach Neujahr machen sie Hochzeit."
,, Sie heirathet!" rief Rosa in ungemessenem Erstaunen. Fanny heirathet einen Anderen!" Dann brach sie in ein herzliches, befreiendes Lachen aus.
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,, Du siehst, sie hat sich schnell getröstet!" triumphirte Friz, und er blickte seiner Rosa glückselig in die Augen.
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" Ich finde, sie hat einen verzweifelten Schritt gethan," sagte der luftige Karl, der das Necken nicht lassen konnte. Der dicke Anton, das ist keine Kleinigkeit, ich weiß das aus Erfahrung." " Wie hast Du denn aber dieses mit der Hochzeit erfahren?" fragte Friz.
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Der Redner erklärte sich für zentralistische Organisation und begrüßte die in Aussicht stehende graphische Union mit Freuden. Es gelangte eine Resolution zur Annahme, in welcher die Versammlung aussprach, daß sie mit den Beschlüssen des Kongresses voll und ganz einverstanden sei. In der Mitgliederversammlung des Frauen- und MädchenBildungsvereins von Köln las Frau Breidenbach am 30. März zwei sehr beifällig aufgenommene Arbeiten vor. Unter der Spitzmarke ,, Sonst und Jetzt" schilderte sie, welcher Umschwung sich im Handwerk vollzogen habe; in ihren Ausführungen über den„ Beruf der Frau" zeigte sie, daß die Frau zusammen mit dem Manne für gleiches Recht für Alle eintreten müsse.
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Der Bildungsverein für Frauen und Mädchen Elberfelds hielt am 30. März eine Mitgliederversammlung ab, in welcher Frau Landé über das Thema:„ Die Sklaverei" referirte. Nachdem die Rednerin einen geschichtlichen Ueberblick über die Entstehung der Sklaverei gegeben, wies sie nach, daß sich alle bisherigen gesellschaftlichen Umwälzungen unmittelbar nur zum Nutzen der Besitzenden vollzogen haben, und daß der heutige sogenannte„ freie Lohnarbeiter" in vieler Hinsicht schlechter dran sei, als der Sklave des Alterthums. Letzterer fannte u. a. nicht die Nahrungssorgen, welche heutzutage an den Lohnsflaven herantreten. Die heutige Wirthschaftsordnung übt einen degenerirenden Einfluß auf die Arbeiterklasse aus, so daß die aufeinanderfolgenden Generationen derselben immer schwächlicher und kränklicher werden. Die Referentin schloß ihren sehr beifällig aufgenommenen Vortrag mit dem Wunsche, daß die heutigen traurigen Gesellschaftszustände bald für immer beseitigt sein möchten, damit der Menschheit wieder kräftige und gesunde Geschlechter erblühen. Bildungsverein, welcher erst am 24. Februar d. J. gegründet worden ist, entwickelt sich rasch und kräftig, die Zahl seiner Mitglieder beträgt bereits ca. 200. Der frische Geist und die Rührigkeit des Vereins berechtigen für die Zukuft zu den schönsten Hoffnungen.
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Der Frauen und Mädchen Bildungsverein für Köln hörte in seiner Mitgliederversammlung vom 3. April einen gediegenen Aufsatz von Frau Schneider II über das Thema:„ Frauenrecht ist Menschenrecht." Nachdem die Referentin einen Ueberblick über die Stellung der Frau in der Vergangenheit und Gegenwart gegeben, gelangte sie zu der Schlußfolgerung, daß die Frau auf die gleiche
" Der glückliche Bräutigam hat es für gut befunden, mir dies selbst mitzutheilen; da, leset!" und er hielt ihnen den Brief, den er Nachmittags erhalten und den er erst jetzt in der Küche gelesen hatte, hin. Friz nahm ihn rasch an sich und entfaltete ihn. Rosa sah von der einen, Gustel von der anderen Seite über seine Schulter, sie lasen mit ihm:
,, Lieber geerter Herr.
Ich erlaube mir Sie mit par Zeilen zu beeren, um Sie heflichst zu wissen zu thun daß es bereiz mit der Fanni richtig in's reine gepracht ist und daß ich sie Glicklich machen will und schon nach Neijahr gleich wird die Kobulazion sein. Ich weis das Sie es einem alten Kameraden nicht absprechen werden wenn es die möglichkeit wäre mir den Beistand zu machen. Beiliegend erwarte ich ihre Zustimmung mit Freiden entgegen ich und die Fanni zusammen.
Ihr getreier Anton Noß, Hausknecht."
Man lachte, man umarmte sich, man drückte sich die Hände, man war überglücklich über diese heitere, befriedigende Lösung. Karl aber schenkte die Gläser voll und erhob das seine auf das Wohl des dicken Anton und seiner Fanny. Man stieß herzhaft an, um dies im Verlaufe dieses glücklichen Abends noch einige Male zu wiederholen und auch ein zweites Brautpaar hoch leben zu lassen. Als man etwas zu sich gekommen, erinnerte man sich an den kleinen Georg. Wo war er hingekommen? Er war nicht zu sehen; bald aber entdeckte man ihn mit Pferd und Wagen unter dem Tische, der mit seinem weit herabhängenden Tuch in Er war da seiner Kinderphantasie zum Stall geworden war. untergefrochen und, während die Großen lärmend sich besprachen, mäuschenstill bei seinem schwarzen Schimmel gesessen, dem er die letzte Krume Gugelhupf zwischen das Maul geschoben, dann hatte er ihn zärtlich um den Hals genommen und in der Erwartung, daß er fressen werde, sank das Köpfchen immer tiefer, tiefer, bis es auf seinem Arm ruhte.
Der kleine Georg war eingeschlafen.