"
11
Talent. Fräulein Wabnitz war krankhaft überspannt( im Gefängniß hat sie bekanntlich die Annahme jeder Nahrung verweigert und muß ihr dieselbe jetzt mit Gewalt eingeflößt werden); Fräulein Baader in Berlin ist entsetzlich trocken; Frau Blohm, die namentlich den Norden Deutschlands bereift, quatscht, wie der Berliner sagt," Makulatur," und Frau Rohrbach( soll heißen Rohrlack), Frau Rüger, die im Westen unseres Vaterlandes die Frauenbewegung zu fördern suchen, sind rhetorisch ungeschulte Kräfte; Frau Heinrich- Wilhelmi( lies Henrich Wilhelmi) ist ein sehr gelehrtes Huhn, und darum taugt sie für die Arbeiterinnen wenig. Daher ist es denn kein Wunder, daß es mit der Arbeiterinnenbewegung nicht vorwärts geht. Von dem amerikanischen Frauenkomitee sind auch an eine ganze Anzahl bekannter Sozialdemokratinnen Einladungen zur Betheiligung an der Chicagoer Weltausstellung ergangen; die amerikanischen Frauen dürften das Porto wohl fast umsonst ausgegeben haben."
Wir danken der„ Deutschen Arbeiter(???) Zeitung", daß sie ihrem gepreßten Herzen Luft gemacht hat. Wenn die Gegner schimpfen, so dürfen wir versichert sein, uns auf dem richtigen Wege zu befinden.
Arbeiterinnen- Bewegung.
In Tropplowit( Oberschlesien ) fand am 3. Juli, in Nieschwitz am 5. Juli eine öffentliche, seitens der Frauen gutbesuchte Versammlung statt. Reichstagsabgeordneter Förster sprach in beiden mit Beifall über das Thema:„ Die Arbeitslosigkeit und ihre Ursachen." Ueber„ Gewerbegerichte" referirte Herr Fischer am 3. Juli in einer öffentlichen Versammlung der Arbeiter und Arbeiterinnen Wilhelmsburgs. Die Versammlung beschloß in einer Resolution, die Errichtung eines Gewerbegerichts am Orte zu fordern.
-Am 4. Juli fand in Mainz eine öffentliche Versammlung der Schneider und Schneiderinnen statt, in welcher Herr Knopp ( Frankfurt ) über das Thema sprach:„ Ist unsere wirthschaftliche Lage verbesserungsbedürftig und welche Mittel und Wege führen zu ihrer Verbesserung?" Der Redner zeigte, wie im Schneidergewerbe die Hausarbeit und die Stückarbeit die Lage der Arbeiter und Arbeiterinnen verschlechtert. Behufs Erzielung besserer Arbeitsbedingungen verwies er auf den Weg der klassenbewußten Organisation.
In Berlin fand am 11. Juli eine öffentliche Versammlung aller im Vergoldergewerbe beschäftigten Arbeiter und Arbeiterinnen statt, in welcher Herr Zubeil über Gewerbegerichte" referirte und zu reger Theilnahme an den bevorstehenden Wahlen der Beisitzer des Berliner Gewerbegerichts aufforderte.
1
"
Eine öffentliche Versammlung der Schneider und Schneiderinnen Breslaus fand am 13. Juli statt. Herr Liepelt erörterte das Thema:„ Die wirthschaftlich schlechte Lage der Breslauer Schneider und Schneiderinnen, und welches sind die Mittel zu ihrer Abhilfe?" Der Redner wies geradezu schauderhafte Lohnverhältnisse nach, die zum Theil durch das Schwitzsystem, die Zwischenunternehmer, verursacht werden. Die Versammlung erklärte sich für die Errichtung von Betriebswerkstätten durch die Arbeiter.
In Schiffbeck fand am 14. Juli eine gutbesuchte öffentliche Versammlung der nichtgelernten Arbeiter und Arbeiterinnen statt, in welcher Herr Sittenfeld unter reichem Beifall über die„ Ausbeutung des Arbeiters durch das Kapital" sprach. Frau Paris forderte darauf die Frauen energisch auf, die Männer im Kampfe um ein menschenwürdiges Dasein zu unterstützen und sich der Organisation anzuschließen.
-
Frl. Baader( Berlin ) sprach am 14. Juli in einer öffentlichen, seitens der Frauen gutbesuchten Versammlung zu Schöne berg über das Thema:„ Die Frau und der Sozialismus." Die Versammlung stimmte in einer Resolution den Ausführungen der Rednerin bei.
Frau Kähler( Wandsbeck) sprach am 16. Juli in Döbeln über das Thema:„ Die Entwicklung des öffentlichen Geistes zum Sozialismus." Mitte Juli referirte die nämliche Rednerin in Mitt weida über:„ Die Frau und der Sozialismus." In beiden gut besuchten Versammlungen waren viele Frauen und Mädchen anwesend, und die Ausführungen der Referentin fanden reichen Beifall.
Am 16. Juli fand in Berlin eine öffentliche Versammlung der Posamentierarbeiter und Arbeiterinnen statt, in welcher Herr Jahn über„ Die Chartistenbewegung" referirte. Die Versammlung beschäftigte sich außerdem mit der Frage einer Verkürzung der Arbeitszeit durch die Fabrikanten und beschloß die Gründung eines Generalfonds behufs Unterstützung Gemaßregelter, sowie die Versendung von Fragebogen, die Arbeitsverhältnisse betreffend.
In Blumenau( Schlesien ) fand am 17. Juli die erste sozialdemokratische Frauen- Versammlung statt. Frau M. Kunert( Breslau ) sprach über„ Die soziale Lage der Frauen in der Gegenwart," Reichstagsabgeordneter Kunert über„ Die rechtliche Stellung der Frau." Aus oft Stunden weit entfernten Orten waren Männer und Frauen
131
zu der Versammlung gekommen. Am Schluß ward eine Resolution angenommen, in welcher es die Frauen und Mädchen des Kreises Waldenburg für eine Ehrenpflicht erklärten, mit unermüdlicher Energie für das Gedeihen der aufstrebenden Bewegung der Proletarierinnen einzutreten.
Reichstagsabgeordneter Schwarz( Lübeck ) referirte am 21. Juli in einer von zirka 1000 Männern und Frauen besuchten Volksversammlung zu Bremen über das Thema:„ Die jetzige Arbeitslosigkeit und ihre Abhilfe." Nachdem der Redner in trefflicher Weise den Zusammenhang zwischen Nothstand und kapitalistischer Wirthschaftsweise dargelegt hatte, erörterte er den Nutzen der Organisation für Arbeiter und Arbeiterinnen. Die Versammlung erklärte sich in einer Resolution in Uebereinstimmung mit den gehörten Ausführungen für eine feste Organisation sämmtlicher Arbeiter und Arbeiterinnen.
In Lindenan bei Leipzig sprach am 21. Juli Frau Jördens. in einer öffentlichen Versammlung für Männer und Frauen unter reichem Beifall über das Thema:„ Die Frau als Haus- und FamilienArzt." Am 24. Juli fand in Breslau eine öffentliche, sehr zahlreich besuchte Frauen und Mädchenversammlung statt, in welcher sich der Allgemeine Arbeiterinnenverein aller Berufszweige für Breslau und Umgegend" konstituirte. Nachdem die Wahl eines Vorstandes erfolgt war, wurde der von Frau Kunert ausgearbeitete Statutenentwurf ohne Debatte angenommen. Dem Verein traten 140 Arbeiterinnen als Mitglieder bei, sein Organ ist die„ Gleichheit." Nach Erledigung der geschäftlichen Angelegenheiten hielt Herr Geiser einen beifällig aufgenommenen Vortrag über„ Frauen- und Kinderarbeit." Die Versammlung erklärte ihr Einverständniß mit den Ausführungen des Referenten und ihr energisches Eintreten für den Verein und die proletarische Frauenbewegung.
-
In einer öffentlichen Versammlung der Glaser und der in den verwandten Berufen beschäftigten Arbeiter und Arbeiterinnen von Berlin , welche am 23. Juli stattfand, sprach Herr Wach über das Thema:„ Die wirthschaftlichen Umwälzungen und der Sozialismus." Die Versammlung erörterte darauf in zustimmendem Sinne die Frage der Aufnahme der in der Glasbranche beschäftigten Arbeiterinnen in die bestehende Fachorganisation.
Am 24. Juli fand in Berlin eine überwiegend von Frauen besuchte Volksversammlung statt, in welcher Herr Zahnarzt Dr. Wolf einen sehr beifällig aufgenommenen Vortrag hielt über„ Die Stellung der Frau." Der Redner zeigte den engen Zusammenhang zwischen der Frauenfrage und sozialen Frage und beleuchtete scharf die unwürdige Stellung der Frau im Allgemeinen, die traurige Lage der Arbeiterin im Besonderen. Eine Frau forderte die anwesenden Arbeiterinnen zum engen Zusammenschluß auf behufs Verbesserung ihrer Stellung in der Gegenwart.
In Mannheim fand am 25. Juli eine gutbesuchte öffentliche Versammlung der Schneider und Schneiderinnen statt, welche sich mit der Frage der Stellungnahme zum bevorstehenden Schneiderfongreß beschäftigte. Reichstagsabgeordneter Dreesbach befürwortete in seinem einleitenden Referat für den Moment die zentralisirten Berufsorganisationen, die durch Kartellverträge unter einander widerstandsfähiger gemacht werden können. In der Diskussion fand seine Ansicht Zustimmung, und der Mannheimer Delegirte wird auf dem Kongreß in dem gegebenen Sinne wirken.
-
Frau Steinbach( Hamburg ) sprach am 26. Juli in Bremen in einer gut besuchten Versammlung über ,, Die Gewerkschaftsbewegung und das sozialdemokratische Programm." Die Versammlung zollte ihren Ausführungen reichen Beifall und erklärte in einer Resolution, für den Ausbau der gewerkschaftlichen Organisation nach Kräften einzutreten.
In Berlin fand in der zweiten Hälfte Juli eine große öffentliche Versammlung der Schneider und Schneiderinnen statt, in welcher Herr Timm über„ Moderne Kultur und moderne Barbarei" sprach. Die Streif- Kontrolfommission ward durch eine Resolution beauftragt, über die Konfektionsfirma Bär Sohn den Boykott zu verhängen.
Die Filiale Hamburg des Verbands deutscher Schneider und Schneiderinnen hielt am 4. Juli ihre Mitgliederversammlung ab, welche sich nach Erledigung geschäftlicher Angelegenheiten mit der Frage beschäftigte:" Industrieverband oder Kartell?" Die Versammlung machte sich ihr gegenüber noch nicht schlüssig.
Die Filiale Stettin des Zentralvereins der Fabrik und Handarbeiterinnen Deutschlands hielt am 7. Juli ihre regelmäßige Mitgliederversammlung ab, in welcher die Frage einer Umgestaltung des Vereins zu einer Lokalorganisation diskutirt ward. Die Umgestaltung des Vereins ward besonders von Frau Herbert und Frau Panzram befürwortet und fand die Zustimmung der Versammlung.