olet, non ölst," Geld stinkt nicht, mag es dadurch gewonnen sein,daß der Mensch als Lastthier oder als Luftthier verkaust und ausgebeutet wurde.Eitel Geflunker ist es, wenn der Mädchenschacher in Lemberg,Kairo oder Blomberg mit Theaterblitzen sittlichen Abscheus voneiner Gesellschaft gebrandmarkt wird, welche den Handel und Wandelim außerehelichen Verkehr der Geschlechter für gesetzlich erlaubt,ja als„Sicherheitsventil" für die unbefleckte Keuschheit der höherenTöchter und die Lüste der höheren Buben als absolut nothwendigerachtet, sobald er sich im Rahmen der polizeilichen Vorschriftenbewegt und vor Allem dem Staat den Zehnten entrichtet. EitelGeflunker ist es, wenn jene scheußliche Art der Geschäftemachereivon einer Gesellschaft gerichtet wird, welche den unsaubersten,unnatürlichsten Schacher auf geschlechtlichem Gebiete für hochanständig und salonfähig hält, sobald er durch das Gemurmel einesPriesters oder Standesbeamten äußerlich die Weihe der Ehe erhalten hat. Wer vermag die Taufende junger Mädchen zu zählen,deren Unschuld jährlich in Deutschland der Verführung gewissenloser Wüstlinge zum Opfer fällt, die jährlich durch trügerische Vorspiegelungen und Verlockungen reichstreu geaichter Kuppler undKupplerinnen, welche durch die große Zuschlepperin Roth, durchden unerbittlichen Zuhälter Hunger in gut vaterländische Bordellegetrieben werden und daselbst zu Grunde gehen? Und könnte manmit statistischer Genauigkeit die Zahl der Ehen angeben, die ohnedie sittliche Voraussetzung eines Bundes für das Leben zu Standekommen, die nichts als ein niehr oder weniger anständig maskirtesunanständiges Geschäft sind, die Gesellschaft müßte ob ihrer Unnatur und Fäulniß erschrecken. Bordell bleibt Bordell, mag esin Berlin, Budapest oder Singapore gelegen sein; ein Schurke,der Frauenschönheit zu Gold ummünzt, bleibt ein Schurke, mager sich Jtzig oder Schulze nennen, mag er auf den Nazareneroder auf Moses schwören, und der geschlechtliche Verkehr ohnegegenseitige Achtung und Liebe bleibt unsittlich und ist Prostitution,mag er sich in der Ehe oder außer der Ehe vollziehen.Die nämlichen Leute, welche mit der Miene furchtbarer sittlicher Ueberlegenheit über galizische Juden, amerikanische Tantenund ostindische Onkel zu Gericht sitzen und Ströme von Krokodils-thränen über das bedauernswerthe Schicksal von deren unglücklichenOpfern vergießen, sind Anwälte, Lobredner und Stützen der gesellschaftlichen Verhältnisse, welche den schmutzigen Handel möglich,ja unvermeidlich machen, ihn geradezu herausfordern. Diese That-sache zeigt am deutlichsten, daß der heilige Zorn der Eiferer nichtmehr aushält als das Papier, auf welchem er schwarz auf weißzu lesen steht.Auf welche Versprechungen, welche KorKana hin fallendenn Hunderte und Aberhunderie junger Mädchen in die Netze derKuppler und Händler, welche die öffentlichen Häuser von San Franzisko,Kairo und Madras mit„frischer Zufuhr" versorgen? In dererdrückenden Mehrzahl der Fälle auf die Verheißung lohnender,angenehmer Stellung, auf die Vorspiegelung einer verhältnißmäßigglänzend erscheinenden Ehe. Die Aussicht auf Verheirathnng, aufein erträgliches Auskommen auf Grund nicht allzu drückender,nicht allzu versklavender Arbeit, wird im Vaterland für immerbreitere Schichten der werkthätigen Mädchenwelt in dem Maßegeringer, als der Kapitalismus Triumphe auf Triumphe feiert, alser den Mittelstand wirthschaftlich vernichtet und proletarisirt, dieLage des Proletariats elend und elender gestaltet. Die gleißendenVersprechungen der Bordellagenten erweisen sich in der Folge alsimmer lockendere Köder, die Zahl der Mädchen wächst, welche alsWaare im fernen Westen oder Osten zu Markte gebracht werden.Das warnende und entrüstete Gegacker der bürgerlichen Presse vermag daran nichts, auch gar nichts zu ändern. Nur die Einführung der sozialistischen Gesellschaft, in welcher Menschen undDinge ihren Waarencharakter verlieren, kann die Prostitution undihren siamesischen Zwillingsbruder, den Mädchenhandel, endgiltigbeseitigen; nur ernste soziale Reformen sind im Stande, die eineund den andern einzuschränken und einzudämmen. Wäre es derbürgerlichen Presse ernst mit ihrer Empörung über die diesbezüglichen scheußlichen Zustände, wäre ihr Mitleid mit deren Opfernaufrichtig, sie müßte die Axt an die Wurzel des Nebels legen, siemüßte dafür eintreten, daß veränderte soziale Verhältnisse geschaffenwürden, welche es den Mädchen möglich machten,„im Lande zubleiben und sich redlich zu nähren." Aber freilich, verändcitesoziale Verhältnisse, eine Hebung der Lage des werkthätigen Volkskann nur erreicht werden, wenn die Plusmacher ein Titelchen ihrerProfite aus den zusammeugekrallten Fingern fahren lassen. Magdie Welt zu Grunde gehen, mögen Schaaren junger Mädchen alsGaleerensklaven der Lust in Freudenhäusern sittlich verkommen undkörperlich ruinirt vorzeitig dahinsiechen, wenn nur die Profite derHerren Kapitalisten üppig gedeihen. Die bürgerliche Presse wirdsich neunmal besinnen, ehe sie eine Gesellschaftsordnung anzutastenwagt, an deren Futterkrippe sie reichliche Nahrung findet.Das Proletariat, dessen Töchter am ersten und zahlreichstender Prostitution im Ausland und Inland zum Opfer fallen, kannes deshalb nur mit verächtlichem Hohnlachen aufnehmen, wennbürgerliche Zeitungsschreiber ihre papierne Entrüstung zu Kügelchendrehen, welche sie unter Aufwand von großem Geschrei und vieltheatralischem Pathos auf die Müdchenhändler von Lemberg,Budapest und Bombay abschießen, um dadurch glauben zu machen,daß sie als streitbare Erzengel gegen das vielköpfige, schuppengepanzerte Ungeheuer Prostitution zu Felde ziehen. Die Arbeiterund Arbeiterinnen wissen, daß dieses Beginnen billiger, müssigerZeitvertreib und freventliche Komödie ist.„Heuchler und Otterngezücht," können sie den bürgerlichen Preßbengeln mit Recht zurufen,„was nagelt Ihr den einen Kuppler an den Schandpfahl, wasklatscht Ihr seiner Strafe Beifall, tvenn es Euch nur zu gutbekannt ist, daß es auch in der Beziehung heißt: den Kuppler sindwir los, die Kuppler sind geblieben, geblieben ist vor Allem dieErzkuppleriu kapitalistische Gesellschaft, welche Prostitution undMädchenhandel so naturuothwendig erzeugt, wie der Sumpf giftigeMiasmen."Anträge svzialdemvkrstischer Frauenzum Parteitage.Außer den Anträgen der Mannheimer Genossinnen, welche wirbereits mitgetheilt haben, und für die sich die Genossen von Mannheim, die Genossen von Sagan und die Genossinnen von Straßburgerklärten, ist dem Parteivorstand seitens der Frauen-Agitationskommission folgender Antrag zugegangen:„Das sozialdemokratische Parteiprogramm enthält einen Passus,welcher die Abschaffung aller Gesetze, welche die Frauen in öffentlicher und privatrechtlicher Beziehung gegenüber dem Manne be-nachtheiligen, fordert. Es erscheint daher nicht mehr wie gerecht,wenn dieser Forderung zunächst innerhalb der Parteiorganisationpraktische Folgen gegeben würde; deshalb beantragen wir folgendeAenderungen am Organisationsplane:1. Sprachliche Aenderung der ZZ 3, 4 und S, soweit die Redevon„Vertrauensmännern" ist, die Worte„Vertrauenspersonen"zu setzen.2. Streichung des folgenden in Z 9 vorkommenden Satzes:„.. insoweit nicht unter den gewählten Vertretern des WahlkreisesFrauen sich befinden, können weibliche Vertreter in besonderenFrauenversammlungen gewählt werden."Arbeiterinnen-Bewegung.— In Leipzig fand am 29. Oktober eine Parteiversammlungstatt, welche von zirka 690 Männern und Frauen besucht war undeinen sehr anregenden Verlauf nahm. Reichstagsabgeordneter Geyerreferirte über den bevorstehenden„Parteitag." Die Versammlungerklärte in Anschluß an seine Ausführungen, in Bezug auf die Organisation auf dem Boden des Beschlusses des Parteitags von Halle zustehen, so daß die politische und gewerkschaftliche Organisation nebeneinander betrieben werden solle. Die Ansicht des Herrn Kloth, denSchwerpunkt der Arbeiterbewegung auf die gewerkschaftliche Organisation und das wirthschaftliche Gebiet zu verlegen, ward von mehrerenRednern trefflich widerlegt und fand nicht die Zustimmung der Anwesenden.— Die Volksversammlung, welche am 21. Oktober in Wandöbcckstattfand, hörte ein Referat des Reichstagsabgeordneten Mol kenbuhrüber das Thema:„Was lehrt uns die verflossene Choleraepidemie und