der Nothstand hier am Orte?" Die Versammlung setzte in einer Reso­lution die Forderungen fest, durch deren Verwirklichung dem Elend etwas gesteuert werden soll. UnterVerschiedenem" legte Frau Kahler die Gründe dar. welche die Auflösung des früher am Orte existirenden Frauen- und Mädchenvereins bestimmte». Der Verein wurde auf gelöst, damit die Beschlüsse des Halberstadter Kongresses in Betreff der gemeinsamen Organisation von Arbeitern und Arbeiterinnen in Gewerkschaften durchgeführt werden könnten. Am 22. Oktober fand in Harburg eine öffentliche Versamm­lung der Fabrik-. Land- und gewerblichen Hilfsarbeiter und Arbeiter­innen statt, in welcher Herr Sittenfeld über das Thema sprach: Die Lage der Arbeiter und Arbeiterinnen in der Großindustrie." Der Redner zeichnete mit kräftigen Strichen ein Bild des proletarischen Elends und wies die Nothwendigkeit der Organisation des Prole­tariats nach, dabei besonders betonend, daß auch die Frauen auf­geklärt und organisirt werden müßten. In Breslau fand am 23. Oktober eine sehr gut besuchte öffentliche Versammlung der polnischen Arbeiter und Arbeiterinnen statt, welche nach Anhörung eines Vortrags von Herrn Morawski (Berlin ) überDie Grundzüge des Sozialismus" die Gründung eines sozialistischen Polenklubs beschloß. In Stettin fand am 24. Oktober eine öffentliche Versamm­lung aller im graphischen Gewerbe beschäftigten Arbeiter und Ar­beiterinnen statt, in welcher Herr Herbert in klarer Weise über den Nutzen und Zweck eines Gewerkschaftskartells" sprach. Die Ver­sammlung beschloß, um den Gedanken einer Union aller graphischen Arbeiter zu fördern, des öftern gemeinsame Versammlungen aller im graphischen Gewerbe thäligen Personen abzuhalten und besonders auch die Hilfsarbeiter und-Arbeiterinnen zu denselben heranzuziehen. Seitens der Frauen-Agitationskommission war für den 24. Oktober eine Volksversammlung in Berlin einberufen worden. welche die Gründung eines Frauen-Bildungsvereins veran­lassen sollte. Wohl an 1800 Personen füllten das Versammlungs­lokal, und da auf Verfügung der Polizei die Galerien geräumt werden mußten, so wurden die Tische aus dem Saale entfernt. Schon lange vor Beginn der Versammlung wurde das Lokal als gefüllt polizeilich gesperrt. Unter lebhaftem Beifall hielt Reichstagsabgeordneter Bebel den einleitenden Vortrag über das Thema:Die Frau in Staat und Gesellschaft." Redner führte aus. daß der zu gründende Bildungs­verein nicht der mangelhaften Schulbildung der Frau nachhelfen. diese auch nicht konventionell bilden solle. Seine Aufgabe sei viel- >nehr, die Frauen zu veranlassen, sich um Dinge in Staat und Gesellschaft zu kümmern, um welche sie sich in Folge ihrer sozialen Stellung nothwendig kümmern müssen. Er schilderte darauf aus­führlich. wie die Abnahme der Eheschließungen und die Verschärf­ung des wirthschaftlichen Konkurrenzkampfes die Frau zur Thätig- keit in der Industrie zwinge, und daß in der Folge die Frauen­welt die nämlichen sozialen Interessen habe, wie die Männerwelt. Der zu gründende Verein müsse deshalb vor allem Aufklärung über das Wesen der heutigen Gesellschaftszustände geben, damit die Frauen ihre Pariastellung nicht länger als Normalzustand betrachten, sondern Hand ans Werk legen zu ihrer Befreiung, die erst in der sozialistischen Gesellschaft erfolgen könne. Frau v. Hofstetten verlas darauf den Entwurf eines Statuts für die zu gründende Organisation, welche den Namen führen soll:Allgemeiner Frauen-Bildungsverein für Berlin und Umgegend." Als Zweck gilt die geistige und soziale Hebung der Mitglieder durch alle geeignet erscheinenden Mittel, wie Vorträge. Diskussionen. Gründung einer Bibliothek:c. In den provisorischen Vorstand wurden gewählt die Frauen v. Hofstetten. Leuschner, Post. Frohmann und Rohrlack. Am 25. Oktober fand in Berlin eine öffentliche Versamm­lung aller in der Hutfabrikation beschäftigten Arbeiter und Arbeiter­innen statt, welche sich über die Neugründung einer Organisation schlüssig zu machen und deren Statuten zu berathen hatte. Den ein­leitenden Vortrag hielt Herr Augustin über denWerth der Organi­sation." Die neue Organisation wird den Namen führen:Verein zur Wahrung der geistigen und materiellen Interessen aller in der Hutfabrikation beschäftigten Arbeiter und Arbeiterinnen Berlins und Umgegend." Mitglieder können alle in der Woll -, Filz-, Stroh- und Seidenhutfabrikation beschäftigten Arbeiter und Arbeiterinnen sein. Die Männer zahlen 15 Pf., die Frauen 10 Pf. Wochenbeitrag, wo­für das Fachorgan unentgeltlich geliefert wird. Die Versammlung wählte zur vorläufigen Führung der Vereinsgeschäfte eine Kommission. in welcher die Arbeiterinnen durch Frl. Büttner. Oppermann. Grochow und Schwarz vertreten sind. In Wandsbcck fand am 26. Oktober eine öffentliche Ver­sammlung der Frauen und Mädchen statt, in welcher Herr Beese über das Thema referirte:Die Frau und die Erziehung der Kinder." Am Schluß seiner trefflichen Ausführungen ersuchte der Redner die Anwesenden, die Gründung eines Frauenvereins in die Hand zu nehmen, welcher für die Bildung und Aufklärung seiner Mitglieder Sorge trage. Nach kurzer Debatte für und wider wurde der Antrag gestellt und angenommen, einen Frauenverein mit NamenGleichheit" für Wandsbeck und Umgegend zu gründen. Die Genossinnen von Berlin und Hamburg haben sich in rühriger Weise an den Versammlungen betheiligt, welche in letzter Zeit sich mit dem bevorstehenden Parteitag und den Wahlen von Delegirten zu demselben beschäftigten, und die Genossen der genannten Städte haben durch die Wahl mehrerer weiblicher Delegirten bewiesen. daß sie die Frauen als gleichberechtigte Mitstreiterinnen innerhalb ihrer Reihen betrachten und behandeln. In Berlin fanden am 26. Oktober sechs gut besuchte öffent­liche Parteiversammlungen statt. In der Versammlung des 4. Wahl­kreises betheiligte sich Frl. Baader an der Diskussion darüber, ob die Manifestation zu Gunsten des Achtstundentags am 1. Mai oder am 1. Sonntag des Mai gefeiert werden solle und erklärte sich für das erster? Datum. Die Genossinnen Schneider. Baader und Wenzels sprachen für den Antrag, nach welchem eine Frau als gleichberechtigte Genossin aus dem Kreise als Delegirte gewählt werden solle. Der Antrag ward angenommen und Frl. Baader als Delegirte gewählt. Im 5. Wahlkreise sprach sich Frau Rohrlack gegen die Genossenschaften aus und trat dafür ein. daß der Parteitag in der Frage des Staatssozialismus entschiedene Stellung einnehme und Klärung der vorliegenden Mißverständnisse schaffe. Die Fraktion habe seiner Zeit einen Fehler begangen, indem sie die Agitation für die Feier des I. Mai unterbrochen, gegenwärtig könne die Maifeier nicht in Form eines Ruhetages begangen werden. Es würde ge­nügen, wenn nur alle zwei Jahre ein Parteitag stattfände. Frau Rohrlack ward als Delegirte gewählt. In der Versammlung des 6. Wahlkreises wünschte Frau Lunau. daß neben zwei Männern auch eine Frau als Delegirte gewählt werden möge. Die Frauen hätten sich diesmal in dieser Angelegenheit an die Vertrauensmänner gewendet, seien aber abschlägig beschieden worden. Frau Gubela war gegen die Wahl einer Frau. So lange man den Frauen nicht die Theilnahme an den inneren Angelegenheiten der Partei gestatte. könnten sie sich nicht als gleichberechtigt mit den Männern fühlen. In der Versammlung des 1. Wahlkreises wurde Frl. Haase als Delegirte vorgeschlagen, jedoch nicht gewählt; Frau Leuschner und Frau Butzke mißbilligten es. daß der Wahlkreis nicht auch eine weibliche Delegirte entsende, worauf die Genossen Täterow und Gerisch erwiderten, daß die Wahl weiblicher Delegirten am besten in besonderen Frauenversammlungen erfolge. In Hamburg fanden Ende Oktober für die verschiedenen Wahlkreise Versammlungen der sozialdemokratischen Partei statt, welche sich mitBerathung der Tagesordnung des bevorstehenden Parteitags, bezw. der Wahl von Delegirten" zu demselben beschäftigten. In der Versammlung des 1. Hamburger Wahlkreises(25. Oktober) ward u. A. Frau Steinbach als Delegirte vorgeschlagen, lehnte jedoch ihre Wahl ab. In der Versammlung des 2. Wahlkreises(28. Oktober) gelangte nach den Debatten über die Tagesordnung des Parteitags ein Schreiben des Agitationskomitös der Frauen und Mädchen zur Verlesung, in welchem um Berücksichtigung der Genossinnen bei den Delegirtenwahlen ersucht wurde. Herr Stengele bemerkte hierzu, daß die Sozial­demokraten den Frauen selbstverständlich Gleichberechtigung ge­währen, aber keine Vorrechte einräumen können. Ein Vorrecht läge aber in der besonderen Aufstellung und Wahl von Frauen als Delegirten. Zeichne sich eine Frau als Genossin durch ihre Intelligenz und Thätigkeit besonders aus. so werde sie sicherlich auch von den Männern als Delegirte vorgeschlagen und gewählt werden. Frau Blohm erklärte, die Frauen verlangten durchaus nicht, daß ihnen eine Extrawurst gebraten werde, sie seien zufrieden, wenn ein Mann ihre Interessen vertrete. Die Rednerin befand sich unter der Zahl der als Delegirten vorgeschlagenen Genossen, lehnte jedoch ihre Wahl ab. In Barmbeck fand am 28. Oktober eine öffentliche sozial­demokratische Versammlung statt, welche sich gleichfalls über die Stellungnahme zum Parteitag und Wahl der Delegirte» zu dem­selben" entscheiden sollte. Frau Steinbach vertheidigte in warmer Weise die Genossenschaften, ward als Delegirte vorgeschlagen und erklärte die Wahl anzunehmen. Wegen vorgerückter Zeit mußte die Versannnlung vertagt werden. Die Frauen-Agitationskommission hatte für den 31. Oktober in Berlin eine öffentliche Versammlung einberufen zum Zwecke einer Rechnungslegung. Neuwahl der Kommission und Stellungnahme zu dem Parteitage. Frau Ihrer wies einleitend darauf hin. daß die Vertrauensleute der Berliner Sozialdemokraten in Kenntniß gesetzt worden seien, daß die Frauen auch auf dem Parteitage vertreten