der Zigarren- und Tabakindustrie besonders häufig an der Schwind­sucht und anderen Erkrankungen der Athmungsorgane. Es ist also geradezu ein Verbrechen, wenn der erforderliche Luftraum den Ar­beiterinnen fehlt, deren Gesundheit schon ohnedies gefährdet wird durch Staub und giftige Ausdünstungen.

Nichts weniger als rosig sind auch die Verhältnisse der Ar­beiterinnen der drei großen Gummiwaarenfabriken, von denen zwei sich in Mannheim selbst befinden, die dritte in dem nahen Neckarau gelegen ist. Als Wörrishofer seine Erhebungen vornahm, waren in diesen drei Betrieben an 400 Arbeiterinnen beschäftigt. In Folge der Krisis ist diese Zahl nicht unerheblich zurückgegangen, es mögen gegen­wärtig nicht mehr als etwa 300 weibliche Arbeiter in den drei Fabriken thätig sein. In der Gummifabrik" arbeiteten z. B. nach Wörris­hofer Ende 1890 157 Frauen und Mädchen, heute nur noch gegen 50. Die Arbeitszeit dieses Betriebs ist verschieden lang, ihre Dauer richtet sich nach den zu erledigenden Aufträgen. Die Arbeiterinnen schaffen fast sämmtlich im Taglohn. Die Näherinnen, deren 4 beschäftigt sind, erhalten beim Eintritt 1 Mark pro Tag, mit jedem Jahr steigt ihr Tagesverdienst um 10 Pfennig, so daß sie nach fünfjähriger Thätig­feit im Betrieb glücklich 1,50 Mark täglich erarbeiten können. Die gleichen Lohnverhältnisse haben die Verkleberinnen in der Kissen- und Schlauchabtheilung. Ueber 1,60 Mark steigt der Taglohn der Näher­innen und Verkleberinnen nur in Ausnahmefällen. Im Betrieb giebt es nicht mehr als zwei Näherinnen, welche gegenwärtig 1,70 Mark bezw. 2,10 Mark verdienen. Die Erstere ist 15, die Letztere 9 Jahre in der Gummifabrik" thätig. Allerdings können die Arbeiterinnen in manchen Fällen durch ihre Führung" dazu beitragen, daß ihr Lohn schneller als angegeben steigt, nämlich wenn sie fein zu großes Gewicht auf Sittlichkeit und Ehre den Vorarbeitern gegen­über legen. In der Abtheilung für Gummischuhfabrikation sind Mädchen als Hilfsarbeiterinnen der Männer angestellt. Sie erhalten bei 11stündiger Arbeitszeit 1 Mark Taglohn. Wird die Arbeitszeit während der Flaue gekürzt, so zieht die Betriebsleitung den Mädchen für die Stunde 10 Pfennig ab, obgleich diese nur 9 Pfennig pro Stunde verdienen. Bei 7stündiger Arbeitszeit, die im Winter oft vorkommt, bringt es somit die Arbeiterin nur auf einen Tagesverdienst von 60 Pfennig. In den einzelnen Fällen, wo im Akkord gearbeitet wird, stellen sich die Arbeiterinnen in der Zeit flotten Geschäftsganges zwar besser als ihre im Taglohn schaffenden Kameradinnen, dagegen bleiben sie zur Zeit der Flaue hinter dem Verdienst der Letzteren zurück.

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Natürlich sind in diesem Eldorado der Ausbeutung die männlichen Arbeiter auch nicht gut gestellt. Ihr Verdienst schwankt

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noch ein Paar Füße gegeben! Dann hätte auch ich in hohen, luf­tigen Räumen wohnen, auf glänzendem Marmor die leckersten Speisen essen können, anstatt nach dreißigjährigem Sklavenleben im Amte mit Weib und Kindern zu hungern, in einer elenden Wohnung zu frieren!

Und das arme dienstsuchende Mädchen vom Lande, das ge­froren und gehungert und vergeblich Stellung gesucht, bis es halb bewußtlos einem jungen Herrn" gefolgt war, um zu sehen, wie er wohnt", sie betrachtet das stattliche Pantheon der allergnädigsten Füchse, betrachtet es mit fieberglänzenden Augen und denkt, daß wenn sie gestern Abend einen fleinen, ganz kleinen schüßenden Winkel, ein Stück harten Brotes in einem solchen Asyl besessen, ihre alte Mutter zu Hause noch eine unberührte Tochter gehabt hätte.

Und liebesschwärmende Jünglinge werden an lauen Mond­scheinabenden an dem reichen Palast vorübergehen, den ein aus­gehungertes Volk den edlen Kreaturen seines guten Königs erbaut hat. Und sie werden ihr schämiges Mädchen an das Herz drücken und sprechen: Geliebte, ich mag noch so sehr arbeiten, noch so sehr mich abplacken, ich werde Dir selbst das trockenste Brot, selbst die engste Wohnung erst bieten können, wenn Deine Augen trübe, Deine Locken grau geworden, Deine Wangen verblüht sind. Aber wenn eine Wahrheit in der großen Idee der Seelenwanderung liegt, dann wollen wir hoffen, daß auch uns ein höheres, glücklicheres Dasein beschieden sei. Laß uns die Vorsehung bitten, daß sie uns in dem­selben königlichen Gespann vereinigt mit einer Stätte in dieser herr­lichen Wohnung, damit wir vierfüßig eine Süßigkeit genießen, die für Geschöpfe mit zweien allzu groß ist.

Und der fleine abgemagerte Proletariersohn, der in der Nacht mit thränenfeuchten Wangen und dem Armenattest der Behörde zur Apotheke rennt, das unglückliche Kind des Volkes, das den Armen­

bei 11stündiger Arbeitszeit zwischen 2 Mart und 2,50 Mart. Während der Saison wird die Arbeitszeit auf 12½ und 13 Stunden verlängert.

Die Gummi, Guttapercha- und Asbest- Fabrik beschäftigte vor drei Jahren insgesammt 100 Arbeiterinnen, heute nur noch 80. In der Gummi- und Guttapercha- Abtheilung arbeiten etwa 25 Frauen und Mädchen. Bei 10stündiger Arbeitszeit beträgt ihr Tagesverdienst 1,10 bis 1,60 Mart. Die Arbeiterinnen, welche im Afford schaffen, verdienen pro Stunde zwischen 16 und 20 Pfennig. Der wöchentliche Durchschnittsverdienst stellt sich auf S Mark, er entspricht also noch heute den Wörrishofer'schen Angaben, obgleich in den letzten Jahren die Lebensbedürfnisse erheblich theurer geworden sind..

In der Asbest- Abtheilung der Fabrik sind an 55 Arbeiterinnen thätig. Die Arbeitszeit betrug vor dem Inkrafttreten der neuen Ge­werbeordnung für alle Arbeiter und Arbeiterinnen 13 Stunden, gegen­wärtig haben die Frauen den 11stündigen Arbeitstag. Der Lohn der Arbeiterinnen beträgt beim Eintritt in den Betrieb 10 Pfennig pro Stunde; während der ersten zwei Jahre steigt er bis auf 12 Pfennig. Nur einzelne wenige Arbeiterinnen erhalten einen höheren Lohnsay. Der Wochenverdienst der Arbeiterinnen der Asbest- Abtheilung schwankt zwischen 6,50 Mark und 9 Mark, ihr Durchschnittsverdienst stellt sich auf 7,75 Mark die Woche. Auch diese Sätze stimmen so ziemlich mit Wörrishofer's Tabelle überein. Aus der Rheinischen Gummi- und Celluloidfabrik in Neckarau liegen uns leider aus letzter Zeit feine Angaben über die Arbeitsverhältnisse der weiblichen Arbeitskräfte vor. Nach Wörrishofer waren in derselben vor drei Jahren 129 Arbeiter­innen beschäftigt, wahrscheinlich ist aber auch hier die Zahl der thätigen Frauen und Mädchen zurückgegangen. Die im Betrieb übliche Ar­beitszeit hat Wörrishofer nicht angegeben, gegenwärtig beträgt sie 10 Stunden. Nach der Lohntabelle des Fabrikinspektors verdienten von den Arbeiterinnen pro Woche 14 unter 5 Mark, 16 von 5 bis 6 Mart, 72 erzielten einen Wochenverdienst von 6 bis 8 Mart, 26 hatten 8 bis 10 Mark und nur eine einzige Arbeiterin von 129 stand sich auf 10-12 Mark. Hiernach beträgt der wöchentliche Durch­schnittslohn etwa 6,90 Mark. Kein einziges Anzeichen spricht dafür, daß seit jener Zeit die Löhne gestiegen sind, eher scheint es, daß sie etwas niedriger stehen als früher.

* Summa Summarum, die Erwerbsverhältnisse der bei Weitem großen Mehrzahl der Arbeiterinnen jener sechs Mannheimer Fabrik­betriebe sind höchst traurige. Bei einem Verdienst von 3 Mark, ja sogar von 6 Mark kann von einer menschenwürdigen Existenz nicht die Rede sein. Frauen und Mädchen, die kein höheres Einkommen haben und die nicht in einer Familie Anhalt besitzen, müssen unrettbar | arzt hat sagen hören, die Mutter werde sterben, weil das Holz so theuer und der Wind durch die elende Hütte pfeift, er wirft im Vorüberlaufen einen scheuen Blick auf das stolze Schloß der könig­lichen Kracken und schluchzt: Herr Gott, wie glücklich wäre ich, wenn meine arme Mutter in einem solchen Stand läge!" Gustav Lichtenstein.

Im Krieg.

Und als der König zog ins Feld, Da spielten die Soldaten, 3u spornen seinen hohen Muth Zu kühnen Siegesthaten.

Und als der Peter zog ins Feld, Da rauscht' der Quell im Hage, Da rauscht' die reife Aehrensaat Mit leiser Trauerklage.

Die Kugeln sausen her und hin, Es sinkt das Volk wie Garben, Derweil den höchsten Heldenruhm Die Fürsten sich erwarben. Gewonnen ist die blut'ge Schlacht, Die Fahnen heim fie tragen; Mit heiler Haut der König kehrt, Der Peter liegt erschlagen.

Im Morgenroth die Königsburg Empfängt den hohen Krieger; Die Glocken fünden rings der Welt Den ruhmgekrönten Sieger. Als sie den Peter gruben ein, Da flangen nur gar leise Die Glockenblumen auf der Au Dem stillen Mann zum Preise.

Marie Konopnicka.