fortschritte der alten zuführen sollte, wurde vom Kapital zu Raubund Plünderungszügen ausgenüßt, die zur unmenschlich grausamen Vernichtung der friedlichen Eingeborenen führten. Spanien , Holland , England übertrumpften einander in der mörderischen Behandlung der Insassen von Ostindien, Amerika , Afrifa. Mit Feuer und Schwert zogen die kapitalistischen Kulturträger" von Ort zu Ort. Die Vernichtung der Eingeborenen wurde systematisch und planmäßig von Staatswegen durchgeführt. Das britische Parlament erklärte Bluthunde und Skalpiren für„ Mittel, welche Gott und die Natur in seine Hand gegeben." Die Sklavenjagd und der Sklavenhandel wurden nicht nur von Privatpersonen, nein, vom Staat und Königthum betrieben, zu Staatsaftionen erklärt, zum Gegenstand diplomatischer Verhandlungen und Staatsverträge gemacht.
Die Handelsstreitigkeiten der kapitalistischen Staaten untereinander, die Kämpfe um den Markt in den Ländern, wo das von außen eindringende Kapital auf einen kräftigen Widerstand gegen seine ausbeuterischen Gelüste stieß, sie führten zu gewaltigen Kriegen, bei denen zahlreiche Proletarierleben auf den Schlachtfeldern geopfert wurden. Zu welchem Zweck? Um den englischen Kaufleuten die Freiheit zu gewähren, das chinesische Volk mit Opium zu vergiften; um die europäischen Ansiedler in Amerika zu unterdrücken, die sich ihrer Freiheit und wirthschaftlichen Selbständigkeit wehrten, u. a. m. Bei den letzteren Kämpfen machten bekanntlich auch deutsche Fürsten sehr einträgliche Geschäfte mit dem földnerbedürftigen Kapital Eng lands. Die Landesväter von Hessen- Kassel , Hessen - Hanau , Braun schweig , Waldeck , Anhalt und Ansbach verkauften während des englischamerikanischen Krieges 29166 Refruten an England, wobei allein der Fürst von Hessen- Kassel eine Summe von 21 Millionen Thaler einsteckte, zu Gold geronnenes Menschenblut, zu Gold krystallisirte Mutterthränen.
Um die Zunftschranken niederzureißen, um die Macht des Feudaladels zu brechen, bedurfte die Kapitalistenklasse einer politischen Revolution. Sie versprach dem Proletariat" Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit." Das Proletariat stieg auf die Barrikaden, es kämpfte den harten Kampf in der Hoffnung auf Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit, und errang den Sieg. Aber mit List und Gewalt be= mächtigte sich nun das Kapital der politischen Herrschaft und benutzt sie bis auf diesen Augenblick dazu, das Proletariat politisch zu vergewaltigen, wirthschaftlich auszubeuten. Die wenigen Freiheiten, welche die Arbeiterklasse jetzt besitzt, hat sie durch wiederholte, ernste
„ Ich bin froh, daß ich es gethan habe, und noch mehr, ich preise die glückliche Schickung, daß der Armenvorsteher gerade zur rechten Zeit kam. Denn so erhebend es auch ist, der tugendhaften Armuth zu helfen, ebenso empörend würde es sein, wenn ich dazu beigetragen hätte, daß solche Menschen ihre bösen Neigungen befriedigen können"
" Ja, Du hast Recht, Emilie!- ich kann nur nicht be= greifen, wie Glieder einer christlichen Gemeinschaft- getauft und konfirmirt so werden können! Sie haben ja jeden Tag wenigstens jeden Sonntag vollauf Gelegenheit, kräftige und eindringliche Predigten zu hören; und eine Bibel soll nach dem, was ich gehört habe ja für einen unglaublich geringen Preis zu haben sein"
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„ Ja, und wenn wir uns denken", fügte Frau Warden hinzu, ,, daß nicht allein die Heiden, die alle diese Güter entbehren, sich damit entschuldigen können; denn sie haben ja Gewissen-"
will
,, Und das redet wahrlich laut genug zu Jedem, der hören " sagte Frau Abel mit Nachdruck.
" Ja, die Menschen sind schlechter, als man denkt!" antwortete Frau Warden und sah mit ernſtem Lächeln vor sich hin.
Als die Freundinnen sich trennten, umarmten sie einander herzlich.
Frau Warden legte ihre Hand auf den Griff des Kutschenschlages, stieg in den Wagen und zog ihr langes Kleid nach sich. Darauf schloß sie die Wagenthür, nicht mit einem Zuwerfen, sondern langsam und sorgfältig.
" Zu Madame Labiche!" rief sie dem Kutscher zu, und gleich zeitig wandte sie sich zur Freundin, die ihr bis zur Gartenthür gefolgt war, und sagte mit stillem Lächeln:„ Nun kann ich mir doch mit gutem Gewissen mein seidenes Kleid bestellen."
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Kämpfe der Kapitalistenklasse abtrotzen müssen, und sie muß weiter kämpfen, damit ihr der Besitz ihrer politischen Rechte nicht entrissen wird.
Heimtückische Hinterlist, Betrug, Mord und Massenmord, Raub, Erpressung dies sind die Mittel, derer sich das Kapital bediente, um zur Herrschaft zu gelangen. Der geschichtliche Prozeß, der diese schmutzige Bande von Krämern und Wucherern, ohne Herz, ohne Ehrgefühl und ohne Vaterland, zu Beherrschern der Welt machte, führt über Berge von Leichen, über einen Ozean von Noth und Elend, über die scheußlichsten Brutalitäten, die je ein Menschengehirn auszuflügeln vermochte. Und worin besteht ihre Herrschaft?
Sie besteht in der Ausbeutung der großen Masse, sie besteht darin, daß die Vielen zu harter Frohnarbeit verurtheilt sind, daß sie, selbst das Nothdürftigste entbehrend, unermeßliche Reichthümer schaffen müssen für Wenige, für die aus aller Welt zusammengelaufene Ausbeutersippe. Sie besteht darin, daß, sofern das Proletariat nicht schon der menschenfeindlichen Kapitalistenmacht eine Schranke gezogen hat, Kinder im zartesten Lebensalter und schwangere Frauen an die Maschine gefesselt sind und abgerackert werden, so daß sie frühzeitig dahinsiechen oder unter der Last der Arbeit zusammenbrechen. Sie besteht darin, daß der großen Masse, d. h. fast der ganzen Menschheit, die im Laufe der Jahrtausende geschaffenen Güter der Kultur vorenthalten bleiben, damit das entsittete, gemüth- und seelenlose Ausbeuterthum sich der raffinirtesten und rohesten Ausschweifung hingeben kann. Sie besteht darin, daß alles Gute, Schöne, Emporstrebende niedergetreten wird, daß die Grundlagen des sittlichen Zusammenhangs der Menschen zersetzt, zerstört, umgekehrt werden.
Unermeßlich ist das Leid, das aus der Herrschaft des Kapitals der Menschheit erwuchs und erwächst. Und wenn die große geschichtliche Abrechnung stattfindet zwischen der ausgebeuteten Klasse und dem Ausbeuterthum, so wäre keine Vergeltung zu groß, feine Sühne im Stande, das vom arbeitenden Volke Erlittene und Erduldete aufzuwiegen. Die schlotternde Angst der Kapitalistensippe vor dem klaffenbewußten Proletariat, der Ausdruck des ihnen in Vorahnung vom nahenden Ende ihrer Klassenherrschaft aufdämmernden Schuldbewußt seins, ist ein Anzeichen dafür.
Und doch irrt sich das Ausbeuterthum, wenn es glaubt, das Proletariat werde ihm Gleiches mit Gleichem vergelten. Nichts von alledem!
Seitdem die Gesellschaft sich in Klassen gespalten hat, bewirkte
jede politische Aenderung nur eine Aenderung der Herrschaft. Gine Unterdrückerklasse trat an Stelle der anderen, aber die Unterdrückung selbst blieb. Verschiedene Schichten der Unterdrücker kämpften untereinander um das Monopol der Volksausbeutung, und die einen wie die anderen bedienten sich der ausgebeuteten Masse selbst als eines Kampfmittels. Welches Schauspiel! Völker lagen im Krieg miteinander, ein erbitterter Zwist tobte innerhalb des einzelnen Volks- um das Recht, von dieser sozialen Schichte statt von jener, gleich brutal, gleich rücksichtslos beherrscht zu werden. In diesen Kämpfen der Herrschenden untereinander spielen Mord und Rache eine große Rolle, und zwar eine um so größere, um je geringfügigere soziale Aenderungen es sich thatsächlich handelte. Vielfach hatte der Kampf gar keinen anderen Zweck, als eine Herrscherdynastie auszurotten, damit eine andere zur Macht gelangen konnte. All diesen Kämpfen lag die Losung zu Grunde:„ Mach' daß du fortkommst, damit ich an
deine Stelle trete."
Anders liegen die Dinge für den Befreiungskampf des Proletariats. Das Proletariat erstrebt nicht die Herrschaft, oder doch nur die Herrschaft über sich selbst. Wen sonst soll es denn beherrschen, da es selbst die Grundlage bildet, auf der sich jede soziale Herrschaft aufbaut?! Nicht die Unterdrückung ist sein Ziel, sondern die Befreiung von der Unterdrückung.
Wo liegt aber die Macht, die es unterdrückt? Wohnt der Herrscherklasse, der Kapitalistenklasse selbst diese Macht inne? Mit nichten! Was bedeutet denn dieses Häuslein von Schwächlingen der Volksmenge gegenüber? Der Odem der Masse würde genügen, um sie wegzublasen, wie der Sturmwind die Spreu fortfegt. Die Kapitalistenklasse erzeugt nicht in ihrer Mitte die Gewalt, mit der sie das Volk bezwingt, sie schöpft sie vielmehr aus dem Volke selbst. Die Ketten, in denen das Volk gefesselt liegt, werden vom Volk selbst geschmiedet. Es ist die Unkenntniß der eigenen Kraft und die Uneinigkeit der Volksmassen wie sie durch die von der wirthschaftschaftlichen Entwicklung geschaffene Klassenlage erzeugt werden ist diese Unkenntniß und Uneinigkeit, die nicht nur das Volk dem Herrscherthum gefesselt ausliefern, sondern eine Macht sich bilden
es
„ Ja, das kannst Du", sagte Frau Abel, und sah ihr nach lassen, die speziell berufen ist, als Unterdrückungswerkzeug in den mit Thränen in den Augen. Darauf eilte sie hinein.
Händen der herrschenden Klasse zu dienen: Diese Macht ist der Staat. Es gehört die wahnsinnige Selbstüberhebung einer Ausbeuterklasse