147 gefalligkeit findet ihr Gegenstück mir an ihrer groben Unkenntniß. Mag die Brave auch in Zukunft thun, was sie nicht lassen kann: die Sozialdemokratie anzurempeln und anzunörgelu; mag sie auch in Zukunft lassen, was sie nicht thun kann: die Verhältnisse zu studiren, über die sie ihre Weisheit zu Markte trägt. Arbeiterinnen-Bewegung. In der Zeit vom 15. August bis 15. September fanden öffent­liche Versammlungen statt in: Bergedorf , öffentliche Volksversamm­lung:Die Entwicklung der modernen Arbeiterbewegung"(Reichstags­abgeordneter Metzger); Berlin , öffentliche Versammlung aller in der Schuh- und Schäftebranche beschäftigten Arbeiter und Arbeiterinnen: Der Streik bei Fürstenheim 6, Komp."; man beschloß die Beendigung desselben; öffentliche Parteiversammlung:Die Provinzialkonferenz" (Stadtverordneter Metzner); öffentliche Volksversammlung der Zinn­gießer: 1)Nachruf der Genossin Wabnitz"; 2)Die Lohn- und Akkord­arbeit"(Genosse Jahn); öffentliche Versammlung für Frauen und Männer:Die Frau und die Oeffentlichkeit"(Genosse Peus); öffent­liche Versammlung der Holzarbeiter und-Arbeiterinnen:Wie ver­bessern wir unsere Lage?"«Genosse Astor); öffentliche Versammlung der Tabakarbeiter und-Arbeiterinnen: 1)Gedächtniß von Genossin Wabnitz"; 2)Die Maßregeln gegen die Sozialdemokratie und ihre Wirkungen"(Reichstagsabgeordneter Auer); öffentliche Versammlung der Schneider und Schneiderinnen:Berichterstattung der Delegirten"; öffentliche Versammlung aller in der Militärmützenbranche beschäft- tigten Arbeiter und Arbeiterinnen: Vortrag von Genosse Hoffmann; öffentliche Versammlung aller in der Wäsche- und Kravattenbranche thätigen Arbeiter und Arbeiterinnen: 1)Gedächniß von Genossin Wabnitz"; 2)Gewerbegerichte"(Genosse Körsten); öffentliche Ver­sammlung der Kartonarbeiterinnen:Der Klassenkampf des arbeiten­den Volkes"(Genossin Wabnitz); große öffentliche Volksversammlung: 1)Das Gedächtniß Ferdinand Lassalle's "; 2)Nachruf der Genossin Wabnitz"(Stadlverordneter Metzner); Bielefeld , öffentliche Gewerk­schaftsversammlung:Die Kämpfe der Arbeiterklasse in der Vergangen­heit, Gegenwart und Zukunft"(Genosse Grenz); Connewitz, öffent­liche Versammlung für Frauen und Männer:Die Frauen und der Sozialismus"(Genossin Kühler); Dresden , große öffentliche Volks­versammlung:Die freie Liebe"(Genosse Dietze); Eutritzsch , öffent­liche Versammlung für Frauen und Männer:Die Kämpfe der Ar­beiter und die Frau"(Genossin Kühler); Forst, große öffentliche Volksversammlung:Lassalle's Leben und Wirken"(Reichstagsabge­ordneter Auer); Getsenkirchen, öffentliche Versammlung des Arbeiter-Bildungsvereins:Was ist Bildung?"(Genosse Wächter); Hamburg , öffentliche Versammlung der Schneider und Schneide­rinnen:Die Gefahren der Hausindustrie im Schneidergewerbe"(Reichs­tagsabgeordneter Kühn); Hannover , öffentliche Gewerkschafts-Ver­sammlung:Die Ziele der Gewerkschaftsbewegung und der Anarchis­mus"(Genosse Brey); Leipzig , öffentliche Versammlung des Bildungs­vereins für Frauen und Mädchen: 1)Gedächtniß der Genossin Wabnitz"; 2)Bildung und Bildungsmittel"(Genossin Kühler); Oldenburg , große öffentliche Volksversammlung:Der Oldenburger Glasmacherstreik"(Landtagsabgeordneter Horn); Ottensen , große öffentliche Volksversaminlung:Was lehren uns die Daseins- und Jnteressenkämpfe?"(Reichstagsabgeordneter Frohme): Pilzen, öffent­liche Volksversammlung:Geheiligter Diebstahl, begangen an unseren schlesischen Bauern"(Genosse Feldmann); Pankow , öffentliche Ver­sammlung für Männer und Frauen:Volksbildung und Klassen­bewußtsein"(Genosse Wagner); Kiel , öffentliche Versammlung der Arbeitslosen:Ueberreichung einer Petition an den Magistrat"; Remscheid , öffentliche Versammlung für Arbeiter und Arbeiterinnen: Die wirthschaftlichen und politischen Kämpfe der Arbeiter und die herrschende Gesellschaft"(Genosse Grenz); Rummelsburg , öffent­liche Volksversammlung:Die Schwierigkeiten der Landagitation" (Reichstagsabgeordneler Stadthagen); Sangerhausen , öffentliche Volksversammlung:Die Endziele der Sozialdemokratie"(Reichstags­abgeordneter Metzger). Vereinsversammlungen fanden in der nämlichen Zeit statt in: Altona , Mitgliederversammlung des Verbands der Fabrik-, Land-, Hilfsarbeiter und-Arbeiterinnen:Berichterstattung über den Vcrbandstag in Celle "(Genosse Stappert); Berlin , Mitglieder­versammlung des Bildungsvereins für Frauen und Mädchen:Wenn Menschen schweigen, werden Steine reden"(Genosse Joel); General­versammlung des Textilarbeiterverbandes:Thätigkeitsbericht, Kassen­bericht; Bochum , Generalversammlung der Berg- und Hüttenarbeiter: Die Bergarbeiterbewegung seit 1889"(Genosse Schröder); Rixdorf, Mitgliederversammlung des Bildungsvereins für Frauen und Mädchen: Die Entstehung der Verbrechen"(Genosse Weger); Stuttgart , Mitgliederversammlung der sozialdemokratischen Partei: 1)Auf­stellung des Genossen Kloß als Kandidaten für die Landtagswahl"; 2)Debatte über die Gründung eines Arbeiterinnenvereins in Stutt- Agnes Walmitz. Der Befreiungskampf des deutschen Proletariats vollzieht sich nicht in den romantischen Formen und unter den dramatischen Um­ständen, welche um die Träger einer Bewegung so leicht und oft nur eines Zufalls wegen den schimmernden Glanz des Heroismus weben. Und doch tauchen gerade in ihm eine Menge idealer Gestalten an die Oberfläche, die an Charaktergröße, an Adel der Gesinnung, an Energie des Willens und selbstverleugnender Pflichttreue den Besten aller Zeiten zur Seite gestellt werden können. Das Herz überschäumend von heißem Mitgefühl mit den ausgebeuteten, in den Staub getretenen Brüdern und Schwestern, den Geist erfüllt von dem hehren Ideal einer sonnenreichen Zukunft für Alle ziehen sie kämpfend ihre Straße, ohne der Dornen und Steine zu achten, die ihre Füße blutig ritzen, ohne der Kugeln zu gedenken, die der Feind von rechts und links auf sie niederprasseln läßt und auch ohne im Schatten der Bäume zu rasten, die sie auf ihrem Wege grüßen. Vorkämpfer für Zustände und Ideen, die sich mühsam vom Schoß der alten Verhältnisse losringen, ordnen sie Alles dem einen Ziele unter: Rufer zu sein zum Streit und Kämpfer im Streit für die Befreiung des Proletariats. Unsere Genossin Wabnitz, an deren Grab das klassenbewußte werkthätige Volk Deutschlands unlängst trauernd stand, war eine dieser idealen Ge­stalten. Von glühendem Drang nach Freiheit für alle Geknechteten und einem ehrlichen, leidenschaftlichen Haß gegen die heutigen ungerechten Gesellschastsverhältnisse beseelt, kämpfte sie seit Jahren in den vordersten Reihen der deutschen Arbeiterbewegung. Sie diente ihren Idealen mit einer Aufopferung und Hingabe, welche sie alle Mühsalen und Beschwerden des Kampfes als selbstverständlich hinnehmen ließ; mit einem enthusiastischen Eifer, der sie antrieb, in jeder Minute ihre ganze Persönlichkeit einzusetzen; mit einer Selbstlosigkeit, die bis zur vollständigen Selbstverleugnung ging. Und nicht blos den heißen Wunsch des Herzens und die unbeugsame Energie eines eisernen Willens brachte sie mit zum Werk, sondern auch bedeutende Fähig­keiten. Sie besaß einen scharfen, schlagfertigen Geist und eine zün­dende Beredtsamkeit, welche die Zuhörer gefangen nahm, rührte, be­geisterte und fortriß. Wohl trat in den letzten Jahren ihres Lebens in ihrem Wesen ein krankhafter Zug zu Tage. Aber Jeder, für den das Wort von demAlles verstehen" kein leerer Schall geblieben ist, wird rückhaltslos die Größe und Reinheit ihres Charakters bewundern und ihrem uneigennützigen Wirken volle Anerkennung zolle». Und wenn jener eigenartige Zug ihres Charakters zusammen mit der Ver­kettung der Verhältnisse Ursache ward, daß Genossin Wabnitz, nicht etwa als Verzweifelnde und Müde, sondern als kühl Entschlossene freiwillig in den Tod ging, so drängt sich wohl Niemand, der die Verstorbene gekannt hat, billiger, pharisäerhafter Vorwurf auf die Lippen, vielmehr der trauernde Ausruf:Welch reicher Geist ist hier zerstört!" Zerstört, ohne zur vollen Entfaltung gelangt zu sein, weil die Ungunst der sozialen Verhältnisse der Entwicklung der Armen die Sonne vorenthielt; zerstört, noch ehe er dem Proletariat Alles gegeben, was er ihm hätte geben können, weil die Klassenjustiz des Klassen­staats den Kämpfern für Recht und Freiheit gegenüber auf ihren Schein besteht. Agnes Wabnitz wurde am 19. Dezember 1342 zu Gleiwitz in Oberschlesien geboren. Ueber die Verhältnisse, aus denen sie stammt, ist nichts bekannt. Jedenfalls waren es dürftige, denn sie erhielt nur eine geringe Schulbildung und zwar orthodox religiöser Richtung. Nach dem Tode ihres Vaters kam sie nach Polen , wo sie sechs Jahre, wie es scheint, meist auf großen Gütern lebte. Die Behandlung, welche die Herren Schlachzizen ihren Untergebenen angedeihen ließen, ver­letzten das Rechts- und Freiheilsgefühl der jungen Agnes aufs Tiefste und regten sie zum Nachdenken über die sozialen Verhältnisse an. Den entscheidenden Anlaß aber, welcher ihr Klassenbewußtsein weckte und sie zur unversöhnlichen Gegnerin der kapitalistischen Gesellschafts­ordnung machte, gab das Eingreifen des Militarismus in ihr Leben. Ihr Bräutigam siel in dem deutsch -französischen Kriege. Dieser Um­stand gab ihrem Leben eine neue Richtung und einen neuen Inhalt. Der herbe Schmerz über den erlittenen Verlust ließ sie wieder und wieder vorwurfsvoll nach demWarum?" fragen. Ihr lebhafter Geist gelangte bald von der Beantwortung eines Warum nach dem anderen zu der Erkenntniß von dem kulturfeindlichen Wesen des I Klassenstaats. Damit kam ihr die Ueberzeugung, daß einzig und allein