Der Parteitag nahm u. A. Anträge an, welche fordern: reichs gesetzliche Regelung der Fabritinspektion, Erweiterung des Fabrik­inspektorats, Anstellung weiblicher Gewerbeaufsichtsbeamten; Aus­dehnung der Gerichtsbarkeit der Gewerbegerichte auf die Handlungs­gehilfen und Gehilfinnen, bezw. Errichtung gewerbegerichtlicher Handelskammern, zusammengesetzt aus Prinzipalen und Angestellten; Zuerkennung des Wahlrechts zu den Gewerbegerichten an die Ar­beiterinnen; gesetzliche Festlegung des Achtstundentags; Aufhebung der Gesindeordnungen und aller Ausnahmebestimmungen, welche für Ge­sinde, landwirthschaftliche Arbeiter und Arbeiterinnen, Schiffer 2c. gelten; Schaffung von aus öffentlichen Wahlen hervorgehenden Schieds­gerichten zur Schlichtung von Streitigkeiten zwischen den betreffenden Arbeiterkategorien und ihren Anwendern; Festsetzung ortsstatutarischer Bestimmungen über die höchste Länge der täglichen Arbeitszeit und über die Sonntagsruhe für die ländlichen Arbeiter, Schiffer 2c. durch diese Gerichte, die zu zwei Drittel aus Arbeitern, zu einem Drittel aus Arbeitgebern bestehen sollen 2c. 2c. Der Parteitag stellte ferner mehreren aus Frauenkreisen hervorgegangenen Anträgen entsprechend den bis 1892 im Organisationsstatut enthaltenen Passus wieder her, dem zu Folge auch öffentliche Frauenversammlungen das Recht be­sitzen, Delegirte zu den sozialdemokratischen Parteitagen zu entsenden.

Arbeiterinnen- Bewegung.

In der Zeit vom 20. Oftober bis 4. November fanden öffent­liche Versammlungen statt in: Augsburg , öffentliche Versammlung der Schneider und Schneiderinnen: Die wirthschaftliche Lage im Schneidergewerbe und auf welche Weise ist dieselbe zu verbessern?" ( Genosse Zierl); Berlin , große öffentliche Volksversammlung: Was ist Natur?"( Reichstagsabgeordneter Liebknecht); öffentliche Versamm­lung aller im Lackirergewerbe beschäftigten Arbeiter und Arbeiterinnen: ,, Die Frauenbewegung, ihre Anfänge, Verlauf und Kämpfe"( Genosse Fleischer); öffentliche Versammlung der Schneider und Schneiderinnen: ,, Die Verhältnisse in der Konfektion"( Genossin Reimann); öffentliche Versammlung des Bildungsvereins für Frauen und Mädchen: Die Volksernährung und unsere wirthschaftlichen Verhältnisse"( Genosse Gründel); öffentliche Versammlung aller in der Schuhindustrie be­schäftigten Arbeiter und Arbeiterinnen: Sozialreform und Gewerk­schaften"( Genosse Faber); öffentliche Versammlung der Karton­arbeiterinnen und Zuschneider: Können Polizei und Gewerbeinspektor

Vier Tage.

Aus dem Russischen von W. Garschin. ( Fortsetzung.)

Ich liege mit geschlossenen Augen, obgleich ich längst wach bin. Ich möchte die Augen nicht öffnen, denn ich fühle durch die geschlossenen Lider den Glanz der Sonne. Wenn ich sie auf­schlage, so wird er mich blenden. Uebrigens ist es besser, daß ich mich nicht rühre.... Gestern( es war doch gestern, so dünkt mir!) gestern wurde ich verwundet; ein Tag ist verstrichen, weitere Tage werden verstreichen, und dann kommt der Tod. Daran ist nichts zu ändern. Soll ich mich aufrichten? Ach, wozu, besser ist, ich bleibe regungslos liegen. Wie gut, wenn ich auch aufhören könnte, zu denken. Aber mein Hirn arbeitet weiter. Gedanken und Erinnerungen drängen sich wirr durcheinander. Nun, auch das wird ein Ende nehmen; nicht lange mehr und ich habe aus­gelitten. In dem Schlachtbericht wird es kurz heißen: Unsere Verluste waren unbedeutend, so und so viel Verwundete, ein Todter, der Freiwillige Jwanow." Doch nein, nicht einmal den Namen wird man nennen. Es wird einfach heißen: Gefallen ein Gemeiner." Von dem Todten wird nicht mehr Aufhebens gemacht, als ob es sich um einen elenden Köter handelt.

Das Bild eines Vorfalls taucht lebendig in meiner Erinnerung auf, eines Vorfalls, der weit, weit zurückliegt, wie die Zeit, wo ich noch ein volles Leben vor mir hatte, wo ich noch nicht mit zerschmetterten Beinen hier lag. Ich schlenderte durch die Straßen. Ein kleiner Auflauf zwang mich stehen zu bleiben. Die Menge stand und schaute stumm auf eine weiße, blutende, jämmerlich wimmernde Masse. Es war ein kleines schönes Hündchen, das ein Pferdebahnwagen überfahren hatte. Es lag im Sterben, so wie ich hier liege. Ein Hausmeister oder Hausknecht drängte sich durch die Menge, ergriff das Hündchen beim Genick und trug es davon. Die Menge zerstreute sich bald.

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| bewirken, daß dem gesetzlichen Arbeiterinnenschutz dauernd Geltung verschafft wird?"( Genosse Wach); öffentliche Versammlung der Schneider und Schneiderinnen:" Die Lohn- und Arbeitsverhältnisse der Schneiderei"( Genosse Täterow); öffentliche Versammlung aller in der Elektrizitätswerkstätte beschäftigten Arbeiter und Arbeiterinnen: Warum organisiren wir uns?"( Genosse Hoffmann); Elberfeld , öffentliche Volksversammlung: Was will die Sozialdemokratie?" ( Reichstagsabgeordneter Harm); Frankfurt a. M., öffentliche Ver­sammlung für Arbeiter und Arbeiterinnen: Warum organisiren wir uns?"( Genossin Ihrer); große öffentliche Volksversammlung: Unsere Lage in Bezug auf die reaktionäre Gesetzgebung"( Genosse Grad­nauer); Glauchau , öffentliche Volksversammlung: Die Selbstmorde und ihre Ursachen"( Reichstagsabgeordneter Stolle); Hannover , öffentliche Versammlung für Männer und Frauen: Die drohende Tabaksteuer und deren Folgen für die Arbeiter in der Tabakindustrie" ( Genosse Brey); Harburg, öffentliche Volksversammlung: Die Sozialdemokratie und die Presse"( Genosse Thiel); Haynau , öffent­liche Volksversammlung: Die Steuerpläne der Regierung und die allgemeine politische Lage"( Genosse Feldmann); Leipzig , zwei öffent­liche Versammlungen für Männer und Frauen: 1) Der Volks­aberglauben"( Genossin Rohrlack); 2) Der soziale Beruf der Frau". ( Genossin Palm); Moabit , öffentliche Versammlung des Bildungs­vereins für Frauen und Mädchen: Die Ursachen des Massenelends" ( Genossin Baader); Pforzheim , öffentliche Versammlung aller in der Metallindustrie beschäftigten Arbeiter und Arbeiterinnen: Der wirthschaftliche Kampf der Arbeiterklasse und die Stellungnahme der Arbeiterinnen dazu"( Genossin Zetkin); Rixdorf, öffentliche Ver­sammlung des Bildungsvereins für Frauen und Mädchen: Robert Owen , ein Vorkämpfer des Sozialismus"( Genossin Baader); Schön­ hausen , drei große öffentliche Volksversammlungen: Der Bierboykott und die bürgerliche Gesellschaft"( Genossen Augustin, Jacobey und Trittelwitz); Treptow , öffentliche Volksversammlung: Volksbildung und Klassenbewußtsein"( Genosse Wagner); Schleswig , öffentliche Volksversammlung: Das Koalitionsrecht der Arbeiter und die reaktionären Bestrebungen der herrschenden Klassen"( Reichstags­abgeordneter v. Elm).

- Vereinsversammlungen fanden in der nämlichen Zeit statt in: Berlin , Mitgliederversammlung des allgemeinen Arbeiter und Arbeiterinnenvereins: 1) Kassenbericht, 2) ,, Der Werth und die Be­deutung einer Berufsstatistik für die arbeitenden Klassen"( Genosse

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Wird mich wohl Jemand von hier forttragen? Ach, nein, da heißt es: Lieg und stirb." Und doch, wie schön ist das Leben!... An dem Tage, wo das Hündchen überfahren wurde war ich glücklich. Ich war wie berauscht vom Glücke, und hatte alle Ursache dazu. Ach, Erinnerungen, quält mich nicht! Genug, genug! Das Glück ist vorbei, mir blieben nur Schmerzen. Wenn es nur förperliche Schmerzen allein wären! Aber mehr als sie quälen mich die Erinnerungen. Sie zwingen mich zu Vergleichen, ich mag wollen oder nicht. Vergleichen, ich mag wollen oder nicht. Ach, Sehnsucht, Sehn­sucht, du bringst schlimmere Schmerzen als alle Wunden!

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Die Sonne brennt hernieder. Die Hize wird unerträglich. Ich öffne die Augen und erblicke dasselbe Gebüsch, denselben Himmel, aber bei Tage. Da liegt auch mein Nachbar. Sieh da, es ist ein Türke, ein todter Türke. Welcher Riese! Ich erkenne ihn, es ist der nämliche ungewöhnlich große, starfe, kräftige Türke, den... Neben mir liegt ein Mensch, den ich getödtet habe. Warum habe ich ihn getödtet?

Da liegt er starr und steif, über und über mit Blut bedeckt. Warum hat ihn sein unglückseliges Geschick gerade hierher getrieben? Wer war er? Vielleicht hatte er, wie ich, eine alte Mutter? Lange wird die arme Alte jeden Abend vor der Thür ihrer elen­den Hütte sißen und in die Ferne gegen Norden spähen, ob nicht ihr Liebling, ihr Sohn, von dort zurückkommt, der Trost, die Stüße ihres Alters. Und ich? Bin ich etwa besser daran als er?... Wie gern möchte ich mit ihm tauschen! Er ist so glücklich! er hört nichts, empfindet nichts, weder den Schmerz der Wunden, noch die zehrende Sehnsucht, noch den peinigenden Durst. Das Bajonett drang ihm geradewegs ins Herz. Seine Uniform hat an der Stelle ein schwarzes Loch, ringsum ist geronnenes Blut. Das Blut habe ich vergossen.

Nein, gewiß nicht, ich wollte ihn nicht tödten. Ich wollte Niemand ein Leid thun, als ich in die Schlacht zog. Ich habe nie daran gedacht, daß auch ich würde tödten müssen. Ich sah im