tigten Arbeiter und Arbeiterinnen:„Statutenberathung, Vorstandswahl und Gewerkschaftliches"; Frankfurt a. M,, Mitgliederversammlung des Verbands deutscher Schneider und Schneiderinnen: InterneAngelegenheiten.— Protestversammlungen gegen die Umsturzvorlage fandenbis jetzt bereits in großer Zahl und fast allerorten statt, wo das werk-thätige Volk klassenbewußt in den Kampf für seine Befreiung eingetreten ist. Groß war die Zahl der Versammlungen und überreich ihrBesuch in den Großstädten. So fanden in Hamburg an dem nämlichen Tage 15. in Berlin 16. in Dresden 5 Protestversammlungenstatt, die so überfüllt waren, daß viele Hunderte umkehren mußten.weil kein Platz mehr vorhanden war. und die Versammlungslokalitätenpolizeilich gesperrt wurden. Imposante Versammlungen fanden auchstatt in Breslau. Leipzig. Frankfurt a. M.. Stuttgart. Hannover. Ludwigshafen, Harburg. Altona, Halle. Elberfeld.Magdeburg zc. w. Ueberall waren die Versammlungen auch sehr gutseitens der Frauen besucht und bezeichneten in einstimmig beschlossenenResolutionen die Umsturzvorlage als eine Bankerotterklärung desherrschenden politischen und wirthschaftlichen Systems und als einenkulturunwürdigen Angriff auf die kümmerlichen Volksrechte, der mitaller Energie zurückgeschlagen werden müsse.— Eine kräftige Agitation für Abschaffung der Gesinde-Ordnungen entfaltet die rührige Berliner Frauen-Agitations-kommission. Zur Förderung dieser Agitation veranstaltet sie innächster Zeit zwei öffentliche Volksversammlungen, in denen Reichstagsabgeordneter Molkenbuhr referiren wird. In dem Aufrufe, welcherdie Aufmerksamkeit der Genossinnen und Genossen auf die Frage unddie Nothwendigkeit einer diesbezüglichen Reform lenken soll, heißt es:„Dem Drange nach persönlicher Freiheit, der immer mehr sich geltend macht, suchen die herrschenden Klassen durch reaktionäre Gesetzeentgegenzutreten, während andererseits Gesetze, deren Grundlagen durchdie fortgeschrittene kulturelle Entwicklung längst zerstört sind, großeSchichten der Bevölkerung in einem Sklavenjoche halten. Eines derschlimmsten dieser Gesetze ist die Gesinde-Ordnung, welche denjenigen. die ihr unterstellt sind, das wichtigste der Menschenrechte,das Koalitionsrecht, nicht gestattet. Ferner giebt die Gesinde-Ordnungder Herrschaft das Recht, die Dienstboten körperlich zu züchtigen, einschmachvolles Recht, welches oft in brutalster Weise ausgeübt wird.Die Frauen-Agitationskommission hält es um so mehr für ihre Pflicht,für die Abschaffung der Gesinde-Ordnung einzutreten, als gerade dergrößte Theil der Dienstboten dem weiblichen Geschlecht angehört undDer Marquis de Fumerol.Von Guy de Maupassank.Roger de Tourneville saß im Kreise seiner Freunde rittlingsauf einem Stuhl, hielt eine Zigarre in der Hand, that von Zeitzu Zeit einen kräftigen Zug, blies kleine Rauchwölkchen vor sichhin und erzählte:... Wir saßen gerade bei Tisch, als man uns einen Briefbrachte. Papa öffnete ihn. Ihr Alle kennt doch Papa gut. Er hältsich für den Stellvertreter des„R07"(Königs) in Frankreich. Ich nenneihn nur Don Quixote, weil er zwölf Jahre lang gegen die Windmühlenflügel der Republik gekämpft hat, ohne recht zu wissen, ober sich im Namen der Bourbonen oder im Namen der Orleansschlug. Auf alle Fälle hält sich Papa für den ersten EdelmannFrankreichs, für den bekanntesten und einflußreichsten Menschen, fürdas Haupt der Partei.Was Mama anbetrifft, so ist sie Papas Seele, die Seele desKönigthums und der Religion, der rechte Arm Gottes auf Erdenund die Geißel aller Nichtgutgesinnten.Also, man brachte uns einen Brief, während wir bei Tischesaßen. Papa öffnete ihn, las ihn, warf einen Blick auf Mamaund sagte:„Dein Bruder liegt im Sterben." Mama erbleichte.Fast nie war in der Familie von meinem Onkel die Rede gewesen.Ich persönlich kannte ihn ganz und gar nicht. Außerhalb desHauses hatte ich nur erfahren, daß er ein verteufelt tolles Lebengeführt hatte und noch führte. Nachdem er sein Vermögen mitunzählig vielen Frauenzimmern durchgebracht hatte, behielt er nurnoch zwei Maitressen, mit denen er in einer kleinen Wohnung derRue des Martyrs lebte.Als ehemaliger Pair von Frankreich und ehemaliger Kavallerieoberst glaubte er, wie es hieß, weder an Gott noch an den Teufel.Da er an einem himmlischen Leben zweifelte, so hatte er das irdischein Folge der geringeren Widerstandskrast unter den Härten des Gesetzes mehr zu leiden hat. als ihre männlichen Schicksalsgenossen...."Wir sind überzeugt, daß es nur dieses Hinweises auf das Vorgehender Berliner Frauen-Agitationskommission bedarf, um die Genossinnenallerorten zu veranlassen, auch ihrerseits eine kräftige Agitation fürdie Abschaffung der schmachvollen Gesinde-Ordnungen zu entfalten.— Eine Konferenz der sächsischen Textilarbeiter tagte am30. Dezember in Reichenbach. Sechsundvierzig Delegirte ausSachsen. Reuß älterer Linie und Altenburg vertraten die Textilarbeiter-und-Arbeiterinnen von mehr als hundert Städten und Dörfern. DieBerichte der einzelnen Delegirten über die Lage der Spinner. Weber.Wirker w. entrollten ein trauriges Bild von niederen Löhnen. Lohnkürzungen. langer Arbeitszeit und völligem Ruin einzelner Branchender Textilindustrie. Ergreifend war die Schilderung des Vorsitzendender Konferenz, Genossen Viehweg-Limbach, über den Untergang derStoffhandschuhindustrie in Limbach. Burgstädt und Umgegend. Umdie Agitation und Organisation noch mehr als bisher zu fördern.wurde beschlossen, daß unabhängig von den Bevollmächtigten desTextilarbeiterverbands an allen Orten, wo es nöthig erscheint, Vertrauensmänner gewählt werden, welche die Agitation in die Händezu nehmen haben. In einer einstimmig angenommenen Resolutionwurde die kapitalistische Produktionsweise für die sozialen Schädenunserer Zeit verantwortlich gemacht und den Textilarbeitern undArbeiterinnen behufs Besserung ihrer schlechten Lage der Anschlußan den Textilarbeiter-Verband. Sitz Berlin, empfohlen. Die Konferenzprotestirte außerdem gegen die Umsturzvorlage, weil durch ihr Inkrafttreten als Gesetz die gewerkschaftliche Agitation und Organisation gehemmt wird.Gegensätze.Eine anspruchslose Plauderei von einer Arbeiterin.0. U. Mit aller Strenge hat nun der Winter seinen Einzuggehalten und mit all seinen Schrecknissen auch. Zur Sorge um dasBrot gesellt er die Sorge um die Heizung, zum Hunger den Frost.den schlechten Verdienst löst er durch noch jämmerlicheren Verdienstab, vielleicht gar durch Arbeitslosigkeit. Freilich dräuen seine Schrecknisse nicht mit der Unparteilichkeit der Sonne, die über Böse undGute aufgeht. Armen und Reichen gleicherweise.Von Hunger und Frost weiß sicherlich nichts die junge eleganteDame, die während der winterlich schönen Vormittagsstunden dieLeben in jeder Hinsicht gründlich ausgekostet. Die Erinnerung anihn blutete wie eine allzeit offene Wunde in Mamas Herzen.„Gieb mir den Brief, Paul", sagte sie.Nachdem sie ihn gelesen hatte, verlangte ich ihn gleichfallszu lesen. Er lautete:„Herr Graf, ich glaube Ihnen benachrichtigen zu müssen,daß ihr schwager der Marquis de Fumerold bald sterben wird.Vielleicht wolen sie maßregeln ergreifen und nicht fergessen, dasich ihnen Unterricht gegeben habe. Womit das ich verbleibeihre Dienerin Melani."Papa murmelte:„Es muß bei Zeiten etwas geschehen. Ichbin eS meiner Stellung schuldig, über die letzten Augenblicke DeinesBruders zu wachen."„Ich werde nach dem Abbe Poivron schicken", antworteteMama,„und ihn um seinen Rath bitten. Dann werde ich zusammen mit dem Abbö und mit Roger meinen Bruder aufsuchen.Du, Paul, bleibst hier. Du darfst Dich nicht kompromittiren. Insolchen Angelegenheiten kann und muß eine Frau handeln. EinMann in Deiner politischen Stellung hat Rücksichten zu nehmen.Ein Gegner könnte gegen Dich die löblichste Deiner Handlungenausspielen."„Du hast Recht", sagte mein Vater.„Thue, was Du fürrecht und gut befindest, meine Liebe."Eine Viertelstunde später betrat der Abbö Poivron den Salon,und die Angelegenheit ward unter den verschiedensten Gesichtswinkeln klargelegt, analysirt und erörtert.Wenn der Marquis de Fumerol, der Träger eines der ältestenund berühmtesten französischen Namen, ohne die Tröstungen derReligion stürbe, so wäre dies ohne Zweifel ein harter Schlag fürden Adel im Allgemeinen und für den Grafen von Tournevilleim Besonderen. Die Freidenker würden triumphiren. Die schlechtenBlätter würden ein halbes Jahr lang über dem Sieg jubeln;