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zu sagen, daß alle die schönen Dinge, die jedenfalls auf Wahrheit beruhen, nur dem Umstande zu verdanken seien, daß die Frau dort das Stimmrecht hat. Die Hauptursache dafür ist nach meiner Ueberzeugung die dortige erzeptionelle soziale und wirthschaftliche Lage der Bevölkerung. Aber dem stimme ich bei: es haben die Frauen, weil sie Theil haben an den öffentlichen Wahlen und sie sitzen sogar dort auf der Geschworenenbank-, in ausgezeichneter Weise dazu beige tragen, daß der Kultur- und Zivilisationszustand des Staats sich in der Weise gehoben hat, wie es thatsächlich der Fall ist. Auch auf der anderen Erdhälfte, in Neuseeland , haben seit zwei Jahren die Frauen das politische Stimmrecht, und auch dort wird es anerkannt: mit den besten Folgen für die öffentlichen Angelegenheiten. Meine Herren von der Rechten, ich behaupte sogar: die Gefahr wächst, daß Ihnen die stimmberechtigten Männer nicht mehr pariren, in Ihrem eigenen höchsten Interesse liegt es, den Frauen das Stimmrecht einzuräumen. Ich habe die Ueberzeugung, daß, wenn wir in diesem Augenblick den Frauen das Stimmrecht gleich den Männern einräumten, die sehr große Majorität derselben fonservativ, höchstens nationalliberal wählen würde. Sie haben also in den Frauen noch eine Reserve, die Ihnen unter der wählbaren Männerwelt immer mehr abhanden kommt. Also in Ihrem eigensten Interesse wären Sie veranlaßt, den Frauen das Wahlrecht zu gewähren. Wir sprechen also quasi gegen unser eigenes Interesse; aber freilich, meine Herren, auf der anderen Seite sage ich auch ganz offen: genau so, wie es in den 27 Jahren während der Dauer des allgemeinen Stimmrechts in der Männerwelt gegangen ist, so wird es wahrscheinlich später auch einmal mit der Wirkung des allgemeinen Stimmrechts in der Frauenwelt gehen; diese Ueberzeugung habe ich. Wir haben Anfangs auch unter den Männern schwer zu arbeiten gehabt. Vor 27 Jahren eine kleine Schaar, verlacht, verspottet, vielfach verlästert, sind wir heute die stärkste Partei im Reiche. Indeß vorläufig würden sogar viele Frauen von Sozialdemokraten mit ihren Männern nicht stimmen - davon bin ich, unter uns gesagt, sogar überzeugt.
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Trotz alledem sind wir für das Frauenstimmrecht, und zwar aus Gerechtigkeitsgründen, aus Fortschrittsgründen. Es geht auf die Dauer nicht, daß die Hälfte der Nation und ich setze hinzu: die größere Hälfte derselben- vom Wahlrecht ausgeschlossen ist. Die Frauen bilden in Deutschland unbestritten die größere Hälfte der Nation.( Buruf: die bessere Hälfte.)- Gut, ich seize auch hinzu: die bessere Hälfte. Ich behaupte, daß die Frauen weit mehr Gerechtig
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Gelungen ist dem skandinavischen Gelehrten der Nachweis der Unechtheit der sogenannten„ Kassettenbriefe", die Marias Schuld hauptsächlich erweisen sollten, aber lediglich in Stopien und lebersegungen oder gar nicht dem Gerichtshof vorlagen. Der„ lebersezer" desselben erfreute sich zugleich des Ehrentitels eines höchst geschickten Handschriftenfälschers gewiß eine recht bedenkliche Geschichtsquelle". Marias Originalbriefe sind verschwunden; vielleicht hat sie der protestantische Teufel geholt, oder der katholische?
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Wer weiß!
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Die siegreiche reformirte Kirche erbte den ganzen Verfolgungsfanatismus ihrer Gegnerin und fehrte ihn gegen dieſe, wie unter Anderem auch schaurig die Geschichte Irlands beweist! Hier waren zu manchen Zeiten Schießprämien auf Katholiken gesezt, ebenso wie auf Wölfe und anderes Raubzeug.
Nicht nur zur Annerion von Kirchengut, auch zur Revolution gegen Maria war dem schottischen Adel die neue Lehre eben recht. Der schottische Reformator Knor( sprich Nor) lehrte ja, daß freilich der HErr Gehorsam gegen die Fürsten geboten habe, daß aber diese Pflicht aufhören müsse, wenn die Fürsten gegen Gottes offenbaren Willen kämpften. Ein abgöttischer( b. i. katholischer) Fürst tann abgesetzt und bestraft werden; wenn die oberste Obrigkeit ihre Pflicht versäumt, fällt Recht und Pflicht den Niederen zu." Die große englische Revolution hat bekanntlich die praktische Nutzanwendung von diesem Saz Karl I. gegenüber gemacht! So viel uns bekannt ist, wird beim vierten Gebot noch heute so in den Schulen gelehrt, nur daß statt Fürsten „ Regierungen" gesagt wird; in unserer Jugend wenigstens ist noch von einem unter Umständen " gottgewollten" Nechte der Erhebung der Völfer geredet worden. Diese Lehre war natürlich Wasser auf die Mühle der rebelliſchen Adeligen, die mit England konspirirten und deren einer, Bothwell, es sogar verstand, so zu laviren, daß er Marias Hand
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keitsgefühl besitzen als die Männer; ich behaupte ferner, daß die Frauen viel weniger korrumpirt sind als die Männer, daß sie in jeder Beziehung das moralisch höhere Element der Gesellschaft bilden. Ich habe nicht die Meinung, daß die Politik den Charakter der Frau verdirbt, ich bin vielmehr der Ansicht, daß die Frauen genau wie die Männer zum öffentlichen Leben zugelassen werden müssen. Ich bin auch überzeugt, daß das im höchsten Grade wohlthuend auf unser
öffentliches Leben einwirken wird. Ich bin ferner überzeugt, daß gar Vieles, was unter Männern in öffentlichen Versammlungen gesagt wird, wenn die Frauen mitzureden und mitzuwählen hätten, nicht gesagt werden würde. Und, meine Herren, ich glaube sogar: Sie würden sich die Verschärfung der Geschäftsordnung dieses Hauses ersparen können, wenn wir hier im Hause Frauen als Delegirte hätten. In England spielt die Frage der Gewährung des Frauenstimmrechts bereits seit Jahrzehnten eine gewichtige Rolle; und dort trat das Eigenthümliche ein, was jedenfalls auch bei uns gegebenen Falls eintreten würde, daß, mit Ausnahme der Sozialdemokratie, die eo
ipso auf Grund ihres Programms und ihrer Ueberzeugung für das Frauenstimmrecht sich erklärt, genau wie in England, wenn erst einmal diese Frage eine gewisse Attualität erlangt, die bürgerlichen Parteien sich spalten. Wir erleben, daß viele Herren, die sich liberal nennen, sehr entschieden gegen das Frauenstimmrecht sind, und andere, die konservativ sind oder dem Zentrum angehören, für das Frauenstimmrecht eintreten würden- genau wie in England.
Wie aber in England die Dinge gegangen sind, dafür einige Thatsachen. Im Jahre 1886, also vor jetzt knapp 9 Jahren, war die Anhängerzahl für das Frauenstimmrecht im englischen Parlament derart gewachsen, daß in der ersten und zweiten Lesung die Mehrheit der Mitglieder des Hauses der Gemeinen für den Antrag stimmte; und es wäre unzweifelhaft zu einer definitiven Abstimmung in demselben Sinne in der dritten Lesung gekommen, wenn nicht mittlerweile die Auflösung des Parlaments erfolgte. Alsdann hat zum letzten Male vor zwei Jahren die Frage das englische Parlament beschäftigt. Bei jener Gelegenheit war allerdings das Resultat weniger günstig, aber doch wurde die Frage, ob in die zweite Lesung eingetreten werden sollte, nur mit 175 gegen 152 Stimmen verneint. Wie man ferner in England in den angesehensten Männerkreisen über diese Frage denkt, dafür eine kurze Ausführung aus einer Rede von Lord Salisbury , die er in Edinburg am 29. November 1888 hielt. Darin sagt er:„ Ich hoffe ernstlich, daß der Tag nicht mehr fern sein wird, an dem die Frauen das Stimmrecht für die Parlamentswahlen mit den Männern theilen und die politische Richtung des Landes ergatterte und den berhaßten Königsdruck" nun seinerseits auf seine Standesgenossen und Mitverschworenen ausüben konnte. Als die schottischen Adeligen es erlangten, daß ihr Raub der Kirchengüter anerkannt und bestätigt wurde als rechtmäßiger Besiz, da huldigten sie, je nach den Umständen, ebenso dem Ratholizismus, wenn er ihnen das Geraubte ließ, wie fatholische Adelige, die auch mit fätularisirt" hatten, fröhlich der Reformation_huldigten, wenn sie das fremde Eigenthum behalten durften.
Außerdem verhandelten die sauberen Herren fortwährend sowohl mit Elisabeth wie mit Maria, ihrer angestammten" Herrscherin. Die Figur des Grafen Leicester in Schiller's Drama ist ſcherin. eine treffliche Verkörperung dieser Zweiachselträger- Gesellschaft von Aber auch der Besten und Edelſten" der schottischen Nation. " große Reformator" ist von dem Vorwurfe elender Heuchelei nicht freizusprechen.
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John Knor, der ein Buch gegen Marias fönigliche Herrschaft in Schottland geschrieben hatte, in welchem es hieß, daß die Be
förderung eines Weibes zur Regierung und Herrschaft über ein Reich, Volk oder eine Stadt gegen die Natur gehe, eine Beleidigung Gottes und seinem offenbaren Willen zuwider, endlich auch ein Verbrechen gegen gute Ordnung, Recht und Gerechtigkeit" sei dieser Mann war Heuchler genug, seiner„ angestammten Königin" Maria vorzulügen, dieses Buch richte sich gegen die„ Jesabel von England", gegen Maria Tudor !
Wo die Königsgewalt aufsteigt, da wird die Revolution zu
nächst vom Adel besorgt, dessen verschiedene Familien natürlich nicht
einer allein alle Vortheile der Königsposition überlassen wollen. Und bis auf den heutigen Tag ist der Adel je und je nur bei Achtung seiner Privilegien seitens der Krone„ königstreu" gewesen, hat bei Beeinträchtigung seiner Interessen immer und allezeit rebellirt, frondirt, opponirt. Von den 107 schottischen Königen bis auf Maria