für eine Arbeiterin der Wäscheindustrie, die ja oft nicht über einen Wochenverdienst von 5 Mt. hinauskommt, nicht selten aber noch hinter ihm zurückbleibt.

Auch nach dieser Richtung hin den Schwachen, ohne Rücksicht darauf, ob sie organisirt sind oder nicht, Kraft und Unterstützung zu leihen, darauf hinzuwirken, daß Fälle wie der angezogene zur all­gemeinſten Kenntniß und vor den Richter kommen, ist meines Er­achtens eine wichtige Aufgabe der Gewerkschaften. Das Vertrauen der Arbeiterinnen zu den gewerkschaftlichen Organisationen und ein zahlreicherer Anschluß der Lohnsflavinnen an dieselben würde sicher die erfreuliche Antwort darauf sein. Ottilie Baader .

Bur Tage der Lübecker Arbeiterinnen.

R. L. Spare in der Zeit, so hast du in der Noth", mit diesem billigen Sprüchlein sucht bekanntlich eine gewisse Sorte von Auch­Arbeiterfreunden" eine Mohrenwäsche an der kapitalistischen Gesell­schaft zu praktiziren und die Männer und Frauen der Arbeit für das Elend ihrer Lage verantwortlich zu machen. Besonders den Arbeite­rinnen gegenüber ist es beinahe ein Glaubenssatz sittenstrenger" Kreise geworden, die Ursache der Noth in erster Linie in Verschwen­dung, Puzz- und Genußsucht, in liederlicher Lebensführung zu suchen. Wie wenig berechtigt diese Annahme ist, und daß es wie bitterster Hohn klingt, dort von einem Sparen zu reden, wo auch in den gün­stigen Zeiten und im besten Falle der Verdienst noch nicht zu einer fulturwürdigen Lebenshaltung ausreicht, das bestätigen auch die fol­genden Angaben über die Erwerbsverhältnisse der Lübecker Arbeite­rinnen.

Eine größere Anzahl proletarischer Frauen ist in den Lübecker Fischräuchereien und Mariniranstalten beschäftigt. Die Hoch­saison, welche in die Monate November bis März fällt, während welcher die Fangzeit der in riesigen Massen hier importirten schwedi­schen Heringe ist, bringt Hunderten von Frauen und Mädchen Be­schäftigung. Die Arbeit im Qualm und Gestank der Bratereien und Räuchereien ist eine äußerst ungesunde und ekelerregende, und in den Mariniranstalten ist als stehendes Uebel das Wund- und Entzündet­werden der Hände und Arme zu verzeichnen, eine Folge des Han­tirens in der Salzlake und dem doppeltstarken Essigsprit. Dabei sind die gezahlten Lohnsätze äußerst niedrige. In dem größten der hiesigen Fischversandtgeschäfte währt die Arbeitszeit in der Braterei von 7-7 Uhr mit nur halbstündiger Mittagspause. Tag und Nacht­schicht wechseln in der Zeit flotten Geschäftsganges stetig ab. Der

Die Lektion.

Aus ,, Fault", von Tenau.

Ein politisches ABC für Köllernde" Möchte- gern- Staatsmänner. Mephistopheles . Das erste also, wie gesagt,

Wird immer sein: das Volk geplagt!

Minister. Wenn aber sich das Volk empört?

Mephistopheles . Nur in zwei Fällen bricht's das Gitter:

Wenn Ihr's geplaget allzubitter, Wenn Ihr's zu plagen aufgehört; Steht das Euch nicht im hellsten Lichte, So seid Ihr schwach in der Geschichte. Minister. Ich geb' es zu; doch nennet, was Giebt uns der Plage rechtes Maß?

Mephistopheles . Ihr Herrscher über Volk und Land, Das ist der Klugheit rechter Stand: Verkümmert stets, doch nie zu scharf, Dem Volk den sinnlichen Bedarf Und lenket so all sein Begehren

Nach dem, was Ihr ihm könnt gewähren. So wird es, nach dem Nächsten greifend, Niemals weitsichtig, überschweifend, Nach dem gelüften frechverwegen,

Was nicht in Eurer Macht gelegen.

Das Volk sich gerne selbst belügt,

Es ist am Ende hochzufrieden

Und unterthäniglich vergnügt,

Wenn ihm des Zwingherrn Huld beschieden,

Was ohne ihn und seine Kette

Das dumme Volk von selber hätte.

Minister. Der Grundsatz klingt für mich entzückend

Und ist gewiß auch volkbeglückend;

Doch thürmen sich ihm allerwegen Der Feinde gar zu viel entgegen.

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Stundenlohn beträgt 15-20 Pfg. In der Räucherei dauert die Arbeitszeit von 6-6 Uhr. Je 3 Stunden bilden eine sogenannte Tour". Der Stundenlohn stellt sich hier ebenfalls auf 15-20 Pfg. In der Mariniranstalt wird nach Stück bezahlt und zwar für das Einlegen einer Dose, Delikateß- Heringe" 10 Pfg.," Bismarck- Heringe" 15 Pfg. und Rollmops 20 Pfg.

In den Konservenfabriken erhalten die mit Spargelschälen, Aushülsen der Hülsenfrüchte u. s. w. beschäftigten Frauen einen Stundenlohn von 10 Pfg., die in der Einkocherei thätigen Ar­beiterinnen verdienen wöchentlich 9-11 Mart. 6-10 Mark be­trägt bei elfstündiger Arbeitszeit der Wochenlohn der Frauen, welche in zwei der chemischen Fabriken beschäftigt sind.

In der Piassavawaaren- Industrie, in welcher hauptsächlich unverheirathete Arbeiterinnen verwendet werden, schwankt der Wochen­verdienst entsprechend der Geschicklichkeit zwischen 6-9 Mark. Der durchschnittliche Wochenlohn der Kartonnagenarbeiterinnen, sowie der in den Etuis- und Portefeuille Fabriken beschäftigten weiblichen Arbeitskräfte beträgt 9 Mark; in den Zigarren- Fabriken verdienen diese 7-9 Mart, wohl auch 12 Mark, in den chemischen Waschanstalten ca. 9-10 Mark.

Die in den Buchdruckereien mit dem Anlegen der Bogen beschäftigten Frauen erhalten wöchentlich 7-9 Mark Lohn, die Schriftsegerinnen eine Lübecker Zeitung und zwar das Amts­blatt beschäftigt solche verdienen nach Anzahl der gesetzten Zeilen 17-22 Mark wöchentlich.

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Die Essigfabriken beschäftigen Frauen mit dem Sortiren der Korke und zahlen den Betreffenden für ihre Arbeit 6-10 Mark wöchentlich; die Sortirerinnen in den Apfel- Exportgeschäften ver­dienen ca. 7 Mark.

Außer in den bisher angeführten, fast ausschließlich fabrikmäßig betriebenen Erwerbszweigen finden Frauen noch in einer Anzahl anderer Beschäftigungen ein färgliches Brot. In den Kunst- und Handelsgärtnereien werden während der Frühlings- und der Herbstsaison Arbeiterinnen mit dem Packen, Binden, Reinigen der Maiblumenpflanzungen u. s. w. beschäftigt. Der Taglohn dafür beträgt bei elfstündiger Arbeitszeit 1,20 Mart.

Sogenannte Morgenfrauen erhalten 6-12 Mark monat­lich; Wäscherinnen 1 Mark bis 1,20 Mark täglich und außerdem freies Essen; Schneiderinnen, die im Hause der Auftraggeber arbeiten, 1 Mart bis 1,80 Mark täglich und die Kost, je nach dem Rufe der Geschicklichkeit der Schneiderin. Näherinnen ver­dienen unter denselben Verhältnissen 1 Mark bis 1,20 Mart.

Mephistopheles . Der schlimmste Feind für Euer Wirken Ist der Gedanke, der da feiert,

Als Vagabund entfesselt steuert Nach fernen, luftigen Bezirken.

Laßt Ihr ihn ziehn vom Heimathstrand

Fort in die offne, weite See,

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das Volk wird toll,

So schleppt er Euch zurück ins Land Das Bild von jener schönen Fee, Der Freiheit, die auf ferner Insel Von Geistern wohnt; Und: Freiheit! Freiheit! sehnsuchtsvoll Ruft dann sein Fluchen, sein Gewinsel. Minister. Wie fügte sich der ewig schwanke, Nie festzuhaltende Gedanke?

Mephistopheles . Verkümmert stets, doch nie zu scharf, Dem Volk den sinnlichen Bedarf." D, haltet fest an diesem Worte. Wie Weingeistsflamme, der Retorte Dienstbar, muß Elixire kochen, Sollt Menschengeist Ihr unterjochen, Soll's Feuer Eurer Sklavenköpfe Dem Magen heizen seine Töpfe. Will jemals von den Nutzgeschäften, Daran Jhr müßt die Geister heften, Sich der und jener dispensiren, Sich ins Ideenreich verlieren, Will er in Schriften gar den Knechten Einraunen was von Menschenrechten: So müßt Jhr solche Herrscherplagen In ihrem Keime gleich erschlagen. Ich rath' Euch hier das beste Mittel: Wie für die Thaten einst die Alten Zensoren hielten, sollt Ihr halten Zensoren als Gedankenbüttel. Ja, so ein Zensor, so ein echter,

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