„ ein Hüben und Drüben nur gilt". Wo, wie in Deutschland , wie in Desterreich, eine starke und zielbewußte sozialdemokratische Arbeiterpartei auf politischem Gebiete die Führung des Klassenkampfes übernommen hat, und wo im öffentlichen Leben, in den Staatseinrichtungen 2c. auch nicht der leiseste demokratische Hauch zu spüren ist, da ist das Erwachen der proletarischen Frau zu geistigem Leben auch gleichbedeutend mit ihrem Erwachen zum Klassenbewußtsein, zu der Erkenntniß, daß nicht Frauenrechte, daß nur der Kampf des Proletariats für die sozialistische Gesellschaft ihr die volle Befreiung bringt. Mit dieser Erkenntniß wird die Sammelsurium- Frauenrechtelei zur Unmöglichkeit, sammeln sich proletarische und bürgerliche Frauen in zwei getrennten Heerlagern, die wohl gelegentlich einen gemeinsamen Feind in gemeinsamer Aktion schlagen können, die aber getrennt marschiren und verschiedenen Zielen zustreben: volle Rechtsgleichheit zwischen Mann und Frau heißt das eine, Abschaffung jeder Klassenherrschaft das andere.
Kleine Nachrichten.
Die Anstellung weiblicher Fabrikinspektoren und das preußische Handelsministerium. Zur Eingabe des Bundes deutscher Frauenvereine, die Anstellung weiblicher Fabrifinspektoren betreffend, hat der Vertreter des Handelsministers in der Petitionskommission des preußischen Abgeordnetenhauses eine Erklärung abgegeben. Dieselbe ist so bezeichnend für die Rückständigkeit der vielgepriesenen deutschen Sozialreform, so bezeichnend für die Unfähigkeit, die Dringlichkeit gewisser Forderungen zu erkennen und die Unlust, einem laut und unzweideutig geäußerten Reformverlangen zu genügen, daß wir sie in ihren wesentlichen Punkten, nach dem Kommissionsbericht, hier wiedergeben. Sie lautet:
" Daß Frauen zur Ueberwachung der Arbeiterschutzvorschriften besser oder auch nur in gleicher Weise geeignet seien wie männliche Beamte, müsse schon an und für sich bezweifelt werden. Es komme hinzu, daß bei verschiedenen Schutzvorschriften, namentlich auf dem Gebiete der Sonntagsruhe, die im Besitze bedeutender technischer Kenntnisse seien. Frauen mit den für eine sachgemäße und wirksame Kontrolle nur von Personen geübt werden könne, diese Aufgaben erforderlichen technischen Kenntnissen würden für den Dienst der Gewerbeinspektion sowohl gegenwärtig als in absehbarer Zukunft schwerder wirthschaftlichen und sittlichen Lebensbedingungen der Arbeiterinnen eine Es erscheine namentlich nicht ausgeschlossen, daß Arbeiterinnen, die Bedenken fittlichem Gebiete Mittheilungen zu machen, diese Scheu gegenüber einer Frau aufgeben würden. Doch sei dieser Erfolg immerhin nicht sicher, da bei tation nicht darauf gerechnet werden könne, daß eine staatlich angestellte Fabrikinspektorin dem für solche Mittheilungen nothwendigen Vertrauen bei den Arbeiterinnen begegnen werde. Diesem noch zweifelhaften Vortheil gegenüber würde die Anstellung von weiblichen Fabrifinspektoren unter Beschränkung ihrer Thätigkeit lediglich auf die dritte der vorerwähnten Aufseinen Betrieb schon gegenwärtig durch den Gewerbeinspektor, Kesselprüfer, Beauftragte der Berufsgenossenschaften überwacht sieht, würde dieser Ein
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die Damen Simson- Breslau und Schwerin - Berlin , wenn nöthig, unter Zuziehung anderer Frauen, Vorschläge darüber auszuarbeiten, wie man geeignete Persönlichkeiten für die Thätigkeit als weibliche Fabrikinspektoren gewinnen könne. Die Generalversammlung beschloß ferner die Einreichung von Petitionen an den Reichstag bezw. den preußischen Landtag, um eindämmende Maßregeln bezüglich der Prostitution, um wesentliche Verbesserung des Frauenrechtes in dem neuen Zivilgesetzbuch und um menschenwürdige Verbesserung der preußischen Gesindeordnung. Wir werden auf die Verhandlungen und die Beschlüsse der Generalversammlung zurückkommen, sobald uns darüber eingehende Berichte der frauenrechtlerischen Presse vorliegen.
Die Frauenfrage auf dem Kongreß der belgischen Arbeiterpartei. Auf der Tagesordnung des Kongresses der belgischen Sozialisten, der zu Ostern stattfand, stand auch die Frauenfrage. Eine gründliche Diskussion derselben mußte jedoch wegen mangelnder Zeit auf den nächsten Kongreß vertagt werden. Doch gelangte ein ,, Wunsch" zur Annahme, alle Organisationen des Landes möchten eine lebhafte Propaganda behufs Gründung von Frauengewerkschaften und Einbeziehung der Arbeiterinnen in die bestehenden Gewerkvereine der männlichen Arbeiter veranstalten.
Frauenarbeit in Italien . G. Buardo führt in der„ Nuova Antologia" folgende interessante Zahlen an über den Umfang der
Frauenarbeit in Italien . Von 11 292 000 Frauen im Alter von über
9 Jahren sind 2 000 000 als industrielle und 3 000 000 als ländliche Arbeiterinnen thätig. In den Webereien sind hauptsächlich Frauen beschäftigt. In den Seidenfabriken arbeiten 117000 Frauen, 40 000
Kinder und nur 17 700 Männer. Von den 40 000 Kindern sind nur 2000 Knaben. In allen Industrien werden die Mädchen den Knaben vorgezogen: nach den letzten Aufnahmen des Statistischen Amts sind in Fabriken 47 500 Mädchen und nur 22 700 Knaben beschäftigt. G. Buardo gelangt zu dem vielsagenden Schlusse, daß es den Frauen Italiens niemals besser gegangen sei, als jetzt!
Fortschritte des Frauenstimmrechts in Amerika . Jm Senat des Unionstaates New- Jersey wurde kürzlich eine Resolution, das Frauenstimmrecht betreffend, eingebracht. Nach ihr soll die Verfassung des Staats dahin abgeändert werden, daß die gesetzgebenden Körperschaften das Recht erhalten, nacheinander eine Reihe von Ge setzen zu erlassen, welche die Frauen berechtigen, bei Schul-, Ortschafts-, Stadt- und Grafschaftswahlen, sowie den Staatswahlen mitzustimmen. Die Aussichten auf eine Annahme der Resolution sollen sehr günstig sein. Gegen Mitte März wurde in Albany , wo die gesetzgebenden Körperschaften des Staates New York tagen, vom Repräsentantenhaus mit 80 gegen 31 Stimmen eine Resolution angenommen, welche die Verfassung des Staates zu Gunsten des Frauenstimmrechts zu ändern fordert und eine Volksabstimmung über die Frage verlangt. Der Antragsteller Nixon führte aus, die politische Gleichberechtigung des weiblichen Geschlechts sei eine der wichtigsten Reformen, die das Volk vollziehen müsse. Jeder Mann habe das Recht, durch den Wahlzettel zu bestimmen, wie er regiert werde. Es
richtung, die die Zahl der Aufsichtspersonen wiederum vermehrt, wenig sei kein Grund, der Frau dieses nämliche Recht vorzuenthalten. Den
der männlichen Beamten. Der Letztere, der unter Umständen auch dem Fabrikinspektors zu den Unternehmern schon an sich ungünstiger sein als die Arbeitgeber von Nutzen sein kann, insbesondere durch Rathschläge auf technischem Gebiete, nehme eine vermittelnde Stellung zwischen Arbeitgeber und Arbeiter ein. Die Fabrikinspektorin würde hiergegen nur für die Arbeiterinnen vorhanden sein. Sie würde den Sammelpunkt für deren Beschwerden bilden und voraussichtlich bald in ein gegensätzliches Verhältniß zu dem Arbeitgeber gerathen. Zu diesen Bedenken gegen die Wünsche der Petentinnen fomme noch in Erwägung, daß eine unseren sonstigen Verhältnissen so wenig
nur dann ein erfolgreiches Wirken verbürge, wenn in weiten Schichten der Bevölkerung die Ueberzeugung von deren Nothwendigkeit bestehe. Dafür jedoch seien keine Anzeichen vorhanden; es sei cher zu behaupten, daß eine solche Einrichtung mangelndem Verständnisse der Bevölkerung begegnen werde. Ueber die Verwendung weiblicher Fabrikinspektoren in anderen Staaten äußert sich der Regierungskommissar dahin, daß diese, soweit ihm bekannt, eine ständige Einrichtung in einzelnen der Vereinigten Staaten von Amerika , z. B. in Illinois und in Frankreich bildeten, wo sie jedoch seines nur in Paris funktionirten. In England habe man weibliche Aufsichtsbeamte versuchsweise angenommen; er wisse nicht, ob dieser Versuch zu einer dauernden Einrichtung geführt habe. Im Uebrigen seien Schritte gethan, um zuverläfftige Nachrichten darüber zu erhalten, wie sich die weiblichen Aufsichtsbeamten in den gedachten Ländern bewährt hätten."
Wissens
Wir werden uns gelegentlich mit diesem Monstrum sozialpolitischer Weisheit etwas näher beschäftigen.
vereine tagte Mitte April in München . Sie beauftragte einstimmig Die Generalversammlung des Bundes deutscher Frauen
darauf nachdrücklichst hinwies, daß man in verschiedenen Staaten die besten Erfahrungen mit dem Frauenstimmrecht gemacht habe. Mehrere Redner waren zwar gegen das Frauenstimmrecht, erklärten es jedoch für recht und billig, daß eine Volksabstimmung über die beantragte Forderung entscheide. Die, wie angegeben, mit großer Majorität angenommene Resolution geht nun an den Senat.
Höheren Lohn bei kürzerer Arbeitszeit verzeichnet der Fabrik
inspektor des dritten württembergischen Bezirks in seinem Bericht für 1894. Eine Kammgarnspinnerei seines Bezirks betonte, daß gegenwärtig bei elfstündiger Arbeitszeit ihre Arbeiterinnen mehr verdienen, als früher bei zwölfstündiger, obgleich weder die Akkordsätze, noch die Tourenzahlen der Arbeitsmaschinen eine Aenderung erfahren haben. Andere Betriebe der Textilindustrie machten dem Inspektor ähnlich lautende Mittheilungen. Dieser faßt das Resultat seiner Erfahrungen in der Frage dahin zusammen, daß der Verdienst der Arbeiterinnen bei der Einführung der elf, bezw. der zehnstündigen Arbeitszeit nicht zurückgegangen ist. In solchen Betrieben, wo die in Folge der Verkürzung der Arbeitszeit eintretende höhere Leistungsfähigkeit nicht besonders zur Geltung fommen konnte, wie in Pinselfabriken und in solchen Betrieben, wo die Arbeiterinnen mehr eine
Ueberwachungsthätigkeit an Maschinen ausüben, mußten allgemein die Akkordsätze so weit erhöht werden, daß den Arbeiterinnen ihr ursprünglicher Verdienst verblieb. Die Arbeiterinnen werden aus solchen Thatsachen die richtige Nuzanwendung