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und vorbei, sobald das leidende Proletariat aufhörte, das klassen­bewußt kämpfende Proletariat zu sein, sobald es abrüstete, um seine Befreiung nicht durch den Kampf von Klasse zu Klasse zu erringen, sondern durch die Kraft ideologischer Flaufen zu erharren.

Revolutionirend wirft eine fraftvolle sozialistische Bewegung innerhalb der bürgerlichen Streise auf die Auffassung sozialer Er­scheinungen ein. Und durch diese ihre Macht trägt sie wesentlich zur Zerseßung der bürgerlichen Welt und ihrer Parteien bei. Dies gilt auch für die Haltung des evangelisch- sozialen Kongresses zu Erfurt bezüglich der Frauenfrage. Kaum daß er, wachgepeitscht durch die Fortschritte des Sozialismus in der proletarischen Frauen­welt, ein Fünfchen Verständniß gezeigt, sind sich auch schon die frommen Brüder in Christo in die Haare gefahren, ist der Familien­zwist im Hause der Konservativen entbrannt. Das Stöckerſche , Volt" tanzt in Verzückung vor dem Triumph einer großen Idee", vor der Geburtsstunde einer großen Bewegung". Die " Kreuz- Zeitung " dagegen, das Blatt der gottesfürchtigen und dreisten Junker vom Schlage des ehren- werthen Hammerstein ist voller Gift und Galle ob des vollzogenen Pattirens mit frauen­rechtlerischen Forderungen. Auch dieser kleine Hauskrieg- wie andere seinesgleichen, trägt zur Schwächung der waschechten ord­nungsparteilichen" Streitkräfte bei, damit zur Erleichterung des proletarischen Befreiungskampfes. Als lachende Dritte wohnen Als lachende Dritte wohnen ihnen die Männer und Frauen des Proletariats bei.

Arbeiterinnen- Bewegung.

In der Zeit vom 1. bis 20. Juni fanden öffentliche Ver­sammlungen statt in: Altona , öffentliche Volksversammlung: Bauern und arme Leute zur Reformationszeit"( Genosse Manfred Wittich); Bergedorf , öffentliche Versammlung des Gewerkschaftskartells: Die Agitation unter den industriellen Arbeiterinnen"; Berlin , große öffent­liche Volksversammlung: Der Antheil der russischen Frauen an den Bestrebungen für die Gleichberechtigung des weiblichen Geschlechts"( Ge­nossin Zettin); Konferenz der Textilarbeiter von Brandenburg : Dr­ganisation und Agitation"( Genosse Hübsch); öffentliche Versammlung der Schneider und Schneiderinnen: 1) Die Thätigkeit des Ausschusses und der Gewerkschaftskommission", 2) Wahl einer Kommission; öffent­liche Versammlung aller in der Berliner Velvetfabrik beschäftigten Arbeiter und Arbeiterinnen: Die Zustände in der Berliner Velvet­industrie"( Genosse Jahn); große öffentliche Versammlung für Frauen und Männer: Die Stellung der Frau im bürgerlichen Recht"( Reichs tagsabgeordneter August Bebel); große öffentliche Volfsversammlung: Das Vereinsrecht und die Frauen"( Reichstagsabgeordneter Auer); öffentliche Versammlung der Schneider und Schneiderinnen: Rechts­schutz für Arbeiterinnen"( Genossin Ihrer); Charlottenburg , öffent­liche Metallarbeiterversammlung: Die Organisation der Metallarbeiter" ( Genosse Rohrlack); Eisleben , öffentliche Volksversammlung: Wo stehen wir und wo gehen wir hin?"( Genosse Thiele); Euskirchen , öffentliche Volksversammlung: Die Vernichtung des Kleinbetriebs durch die Großindustrie"( Genosse Meist); Hainstadt, öffentliche Versammlung der Fabrik-, Land-, Hilfsarbeiter und Arbeiterinnen: Die Gewerkschaften und ihr Werth"( Genosse Maier); Leipzig , öffent­liche Versammlung des sozialdemokratischen Vereins Alt- Leipzig: Die Thätigkeit des Reichstags"( Reichstagsabgeordneter Geyer); Naun­dorf, öffentliche Textilarbeiterversammlung: Die Erweiterung des Fabrikinspektorats"( Genosse Rohrlack); Ottensen , öffentliche Volks­versammlung: Bauern und arme Leute zur Reformationszeit"( Ge­nosse Manfred Wittich); Stettin , öffentliche Versammlung der Schneider und Näherinnen: Die Lohnverhältnisse in der Nadel­branche"( Genosse Käming); Schiffbek, öffentliche Versammlung des sozialdemokratischen Vereins: Die Entstehung der modernen Pro­duktion und die gegenwärtige politische Lage"( Genosse Wüstefeld); Stuttgart , öffentliche Versammlung für Männer und Frauen: Der Liederhalleboykott"( Genosse Hildenbrand).

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Vereinsversammlungen fanden in der nämlichen Zeit statt in: Charlottenburg , Mitgliederversammlung der Maler und ver wandten Berufsgenossen: Das Werkzeug als Kulturträger"( Genosse Rohrlack); Stuttgart , Mitgliederversammlung des Buchbinderfach­vereins: 1) Die Gold- und Silberwährung"( Genosse Kempf); 2) Die Beiträge der weiblichen Mitglieder.

Die Einbeziehung der Arbeiterinnen in die gewerkschaft­lichen Organisationen wurde in letzter Zeit von mehreren gewerk­schaftlichen Generalversammlungen beschlossen. So erklärte sich die Generalversammlung der Lithographen, Steindrucker und ver

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wandten Berufe, welche zu Pfingsten in Nürnberg tagte, mit 21 gegen 4 Stimmen für die Aufnahme der Arbeiterinnen in die Organisation. Diese soll künftighin den Namen führen: Verein für graphische Arbeiter und Arbeiterinnen Deutschlands ". Ebenso beschloß der Kongreß der deutschen Steinarbeiter zu Breslau , daß die Arbeiterinnen in die Organisation einbezogen werden sollen. Der betreffende Antrag ging von dem Delegirten für Straßburg ( Elsaß ) aus, welcher zu seiner Begründung darauf hinwies, daß in ver­schiedenen Orten in den Steinschleifereien und Poliranstalten Frauen und Mädchen beschäftigt werden. In den verschiedensten Industrie­zweigen erkennen die aufgeklärten und gewerkschaftlich organisirten Arbeiter die Nothwendigkeit, ihre Arbeitskameradinnen zu Mit­streiterinnen zu erziehen, sie behufs Vertheidigung der eigenen und der gemeinsamen Interessen den Organisationen zuzuführen. Die Frucht ihrer Bemühungen wird langsam, aber sicher heranreifen. Trotz aller Schwierigkeiten, mit denen die Gewerkschaftsorganisation in Deutschland zu kämpfen hat, Schwierigkeiten, die sich bezüglich der Gruppirung der Arbeiterinnen noch gewaltig erhöhen, werden auch hier in Zukunft die beruflich thätigen Proletarierinnen auf wirth­schaftlichem Gebiete die Schlachten ihrer Klasse schlagen helfen.

Bur Tage der Porzellanarbeiterinnen in Altwasser.

M. Kt. Seit dem 6. April d. J. streiken 300 Arbeiter der Porzellan­fabrik von C. Tielsch& Co. in Altwasser, einem im Waldenburger Gebirge wundervoll gelegenen Dorfe. Erst nach reiflicher Ueberlegung haben sich die Porzellanarbeiter jener Fabrit entschlossen, dem Ueber­muth ihrer Ausbeuter ein kräftiges" Bis hierher und nicht weiter"! entgegenzusetzen. Die Haltung der 300 Streifenden ist eine so muster­hafte, daß selbst bürgerliche Blätter gezwungen waren, der Wahrheit die Ehre zu geben und die Ruhe und Sachlichkeit anzuerkennen, mit der die Ausständigen ihre Verhandlungen führen. Die Herren Tielsch& Co. setzten Himmel und Hölle in Bewegung, um aus dem Auslande, hauptsächlich aus Böhmen , Streikbrecher heranzuziehen. Ihr Unterfangen mußte an der internationalen Soldarität der Por­zellanarbeiter schmählich scheitern. In Anbetracht dieses Umstandes und der überaus umsichtigen Leitung des Streits ist ein glücklicher Ausgang desselben mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten.

Die 300 Streifenden bilden etwa den vierten Theil der in der Porzellanfabrik zu Altwasser beschäftigten Arbeiter. Es arbeiten dort ca. 700-750 männliche und über 500 weibliche Arbeiter. Die Leitung der Fabrik ist offensichtlich bestrebt, an Stelle der theuren männlichen Arbeitskräfte, die noch dazu nicht gewillt sind, sich über eine gewisse Grenze hinaus ausbeuten zu lassen, Frauen und Mädchen in immer wachsender Zahl in den Betrieb einzustellen.

Ihrer Beschäftigung nach vertheilen sich die Arbeiterinnen der Porzellanfabrik zu Altwasser auf die Kategorien der Malerinnen, der Bunt, Stein- und Stahldruckerinnen, der Packerinnen, der Geschirrträgerinnen, der Brennhausarbeiterinnen, der Gießerinnen, Formerinnen, Garnirerinnen und Glasirer­innen. In Folge ihrer billigen Löhne sowie ihrer größeren Füg samkeit den Uebergriffen der leitenden Persönlichkeiten gegenüber, machen vor allem die beim Malen, Drucken, Gießen , Formen und Garniren des Fabrikats beschäftigten Arbeiterinnen ihren männlichen Arbeits­kollegen eine gefährliche Konkurrenz und tragen dazu bei, daß deren Löhne immer erbärmlicher werden. Wie oft sieht man vor den Schau­fenstern der Porzellangeschäfte in den Großstädten elegante Herren und Damen stehen, welche die reizenden, gefälligen Arabesken und Blumenmuster auf den zur Schau gestellten Kannen, Schüsseln, Tellern, Tassen u. s. w. bewundern. Kaum Jemand unter ihnen aber ahnt, daß die Arbeiterin, die in langer, mühseliger Arbeit die zierlichen Gebilde mit Pinsel und Farbe ausschmückt, im günstigsten Falle 10 Mark pro Woche verdient, während die meisten ihrer Arbeits­gefährtinnen nur 3, 4, 5 und 6 Mark allwöchentlich nach Hause tragen. Die Druckerinnen bringen es auf 2, 3, höchstens auf 7 Mark pro Woche. Es sind im Ganzen nur sehr wenige vom Glück oder ihren Vorgesetzten begünstigte" Arbeiterinnen, denen der Höchstverdienst ausgezahlt wird.

Die Beschäftigung der Malerinnen und Druckerinnen ist eine äußerst anstrengende, da sie beständig sizen und fortwährend nur die­selben Muskeln bis zur äußersten Erschöpfung anspannen müssen. Außerdem athmen sie Del- und Lackdünste ein, die ebenfalls auf die Gesundheit schädlich einwirken. Bemerkt sei, daß in dieser Beziehung für einige der dringendsten sanitären Forderungen bei Herrn Tielsch verhältnißmäßig besser gesorgt sein soll, als in vielen anderen Be­trieben. Die Arbeitszeit der Malerinnen und Druckerinnen beträgt im Durchschnitt 13 Stunden täglich, da die Pausen nicht inne gehalten werden. Zu dieser Durchlöcherung des Arbeiterschutzes