wöhnlich ihrer Arbeit schämen und um keinen Preis eingestehen wollen, daß sie für Geld schaffen, sie, denen der Schein der bürgerlichen Standesgemäßheit über alles geht— das Kapitel über geheime Prostitulion und eine Unzahl von Prostitutionsehen giebt erbaulichen Aufschluß darüber— wollen nie und nimmermehr von einem Zusammengehen mit dem Proletariat wissen, das sie wirth- schastlich mit dem Aermel streifen, wenn sie nicht schon mitten drin stehen, und zwar im Lumpenproletariat. Diese Damen sind nicht zu belehren, ihre Schmutzkonkurrenz muß vielmehr als Helfershelferin der ärgsten kapitalistischen Ausbeutung seitens der Arbeiterinnen mit aller Macht bekämpft werden, die ihnen die klare Er- kenntniß ihrer Lebeusinteressen und die Organisation verleiht. Kampf diesem Kulithum der Frauen und Töchter„gebildeter Stände". Es gilt zu verhindern, daß Tausenden von Proletarierinnen das ohnehin schon knapp zugeschnittene Stück Brot noch kärglicher zugeschnitten werde. Arbeikerinnen-Bewegung. — In der Zeit vom 10. bis 30. Juni fanden öffentliche Versammlungen statt in: Berlin , öffentliche Volksversammlung für Frauen und Männer, einberufen von der Arbeiter-Bildungsschule: „Das Baden in gesunden und kranken Tagen"(Genosse Dr. Heymann); öffentliche Versammlung der in der Konfektionsbranche beschäftigten Schneider und Schneiderinnen:„Die nothwendige Errichtung von Betriebswerkstätten"(Genossin Glockow); Breslau , öffentliche Versammlung der Rockarbeiter und-Arbeiterinnen:„Die Vortheile der Gewerkschaftsorganisation"(Genosse Bruhns); öffentliche Versammlung der in der Hutbranche beschäftigten Arbeiter und Arbeiterinnen: „Der Nutzen der Organisation"(Genosse Bruhns); Charlotten burg , öffentliche Versammlung der Metallarbeiter und-Arbeiterinnen: „Der Nutzen der gewerkschaftlichen Organisation"(Genosse Rohrlack) die Versammlung beschloß die Gründung einer Zahlstelle des Metallarbeiterverbandes; Crimmitschau , öffentliche Volksversammlung: „Die bevorstehende Landtagswahl und die Presse"(Landtagsabgeordneter Goldstein); Dresden , öffentliche Versammlung der Arbeiter und Arbeiterinnen der Stroh- und Filzhutindustrie:„Die Profitrate" (Genosse Heinke); Elmshorn , öffentliche Versammlung für Männer und Frauen:„Die Thätigkeit des deutschen Reichstags"(Reichstagsabgeordneter v. Elm); Frankfurt a. M., öffentliche Versammlung der Schneider und Schneiderinnen:„Die Entwicklung der Konfektion und die Nothivendigkeit der Einführung von Betriebswerkstätten" (Genosse Knoop); Gesau, öffentliche Volksversammlung:„Die politische Lage"(Reichstagsabgeordneter Auer); Grünberg, öffentliche Versammlung für Männer und Frauen:„Was wollen die Sozialdemokraten?"(Genosse Dr. David); Hamburg , öffentliche Versammlung der Holzarbeiter und-Arbeiterinnen:„Die wirthschaftliche Lage und die Nothivendigkeit der Organisation"(Genosse Röske); öffentliche Versammlung der Arbeiter und Arbeiterinnen der Bürsten- und Pinselindustrie:„Ist neben der politischen die gewerkschaftliche Organisation nothwendig?"(Genosse Röske); Hanau , öffentliche Volksversammlung:„Die Jnteressenpolitik der bürgerlichen Parteien" (Reichstagsabgeordneter Frohme); Köpenick , öffentliche Versammlung für Arbeiter und Arbeiterinnen:„Der Zweck und die Nothivendigkeit des Gewerkschaftskartells"(Genosse Millarg); Leipzig , zwei öffentliche Versammlungen der Schneider und Schneiderinnen: 1)„Die bürgerliche Gesellschaft und die Sozialdemokratie"(Genosse Grenz); 2)„Londoner Straßenbilder"(Landtagsabgeordneter Pinkau); P a n k o w, öffentliche Volksversammlung:„Die Presse und ihre Bedeutung"(Genosse Timm); Rixdorf, öffentliche Volksversammlung:„Welche Aufgaben erwachsen den Arbeitern und Arbeiterinnen im Kampfe um bessere Lohn- und Arbeitsbedingungen?"(Genossin Kähler-Hamburg ). — Vereinsversammlungen fanden in der nämlichen Zeit statt in: Altona , Mitgliederversammlung des Verbands deutscher Schneider und Schneiderinnen:„Alkoholismus und soziales Elend"(Genosse Christlieb); Barmbeck , Mitgliederversammlung des Verbands der Fabrik-, Land-, Hilfsarbeiter und-Arbeiterinnen:„Die Kämpfe der Arbeiterklasse um das Koalitionsrecht und die Bedeutung desselben" (Genosse Junge); Berlin , Mitgliederversammlung des Verbands der in Buchbindereien und verwandten Gewerben thätigen Arbeiter und Arbeiterinnen:„Die Erhaltung der Sehkraft"(Herr Dr. Wurm); Mitgliederversammlung des Verbands der in Holzbearbeitungsfabriken und auf Holzplätzen beschäftigten Arbeiter und Arbeiterinnen:„Interne Angelegenheiten; Mitgliederversammlung des Verbands der Metallarbeiter und-Arbeiterinnen:„Krieg und Frieden"(Genosse Waldeck- Manasse ); Mitgliederversammlung des Verbands der Vergolder und Vergolderinnen:„Die Frau und der Kapitalismus "(Genossin Mesch); Mitgliederversammlung des allgemeinen Arbeiter und Arbeiterinnenvereins:„Geisteskrankheiten"(Genosse Dr. Bernstein); Glienicke , Mitgliederversammlung des allgemeinen Arbeiter- und Arbeiterinnenvereins:„Vereinsangelegenheiten"; Hamburg , Mitgliederversammlung des Verbands der Schneider und Schneiderinnen:„Die Ursache der wirthschaftlichen Krisen"(Genosse Wüstenfcld); Wandsbeck, Mitgliederversammlung des Verbands der Fabrik-, Land-, Hilfsarbeiter und-Arbeiterinnen:„Interne Angelegenheiten". — Berlin . Die hiesige Gewerkschaftskommission hatte für Ende Juni eine größere, planmäßige Agitation organisirt, welche den einzelnen Berussorganisationen neue Anhänger werben, denselben insbesondere auch die Arbeiterinnen zuführen sollte. Stetig wächst die Zahl der weiblichen Arbeitskräfte, welche in den einzelnen Gewerben beschäftigt werden. Elend sind ihre Lohn- und Arbeitsbedingungen, weit jämmerlicher noch als die ihrer Arbeitskameraden, denen sie fühlbare Schmutzkonkurrenz machen. Das ureigenste Interesse der Arbeiterinnen, ebenso wie das Interesse der Arbeiter heischt dringend die Einbeziehung der Lohnsklavinnen in die Gewerkschaftsorganisationen, heischt dringend die Verwandlung der Schmutzkonkurrentinnen in Kampfesgefährtinnen. Trotzdem ist nur eine verschwindend kleine Anzahl der Arbeiterinnen gewerkschaftlich organisirt. Die Arbeiterinnen selbst stehen der Mehrzahl nach der Frage verständnißlos gegenüber, und— zwar nicht die Gewerkschaftsorganisationen, wohl aber die einzelnen Mitglieder derselben sind sehr oft lau und lässig t beim Werke der Aufklärung und Erziehung der Kameradinnen. Dieser Stand der Dinge spiegelte sich zum Theil auch in den einberufenen Agitationsversammlungen wieder. Nicht weniger als vier derselben— zwei für die Arbeiterschaft der graphischen Gewerbe und je eine für die Arbeiterschaft der Leder- und Metallindustrie— konnten wegen zu schwachen Besuchs nicht stattfinden. Verhältnißmäßig am besten, zum Theil recht gut besucht waren die vier Versammlungen der Schneider und Schneiderinnen, die Versammlung der Tabakarbeiter und-Arbeiterinne». Außer ihnen fanden noch statt eine Versammlung der Arbeiter und Arbeilerinnen der graphischen Gewerbe, drei Versammlungen für die in der Lederindustrie Beschäftigten und eine Versammlung für die Arbeiterschaft der Metallindustrie. In sämmt- lichen Versammlungen referirten Frauen, Genossin Kähler-Wandsbeck in fünf, Genossin Ihrer in zwei Versammlungen, die Genossinnen Greifenberg , Rohrlack und Zetkin je einmal. Das Thema lautete: „Welche Aufgaben erwachsen den Arbeitern und Arbeiterinnen im Kampf um bessere Lohn- und Arbeitsbedingungen?" Die Referentinnen zeichneten an der Hand einschlägigen Materials die traurigen Erwerbsverhältnisse der Arbeiter und Arbeiterinnen und beschäftigten sich insbesondere eingehend mit der Lage der letzteren. Sie wiesen nach, daß diese Verhältnisse die naturnothwendige Folge der kapita listischen Wirthschaftsordnung seien, und daß nur durch den Kampf gegen diese und gegen die wirthschaftliche Uebermacht des Ausbeuterthums Wandel geschaffen werden könne. Während der politische Kampf der Arbeiterklasse deren endgiltige Befreiung herbeiführe, müsse ihr wirthschaftlicher Kampf bessere Lohn- und Arbeitsbedingungen für die Gegenwart schaffen. Der erfolgreiche wirthschaftliche Kampf habe aber starke gewerkschaftliche Organisationen zur Voraussetzung. Pflicht aller Ausgebeuteten sei es daher, sich den Gewerkschaften ihrer Branche anzuschließen und deren Aktion opferfreudig und kraftvoll zu unterstützen. Sämmtliche Versammlungen nahmen den Referaten entsprechende Resolutionen an, eine Anzahl von Arbeilerinnen traten den Gewerkschaften ihrer Berufsgenossen bei. Eine mit Energie und Zähigkeit fortgesetzte Agitation wird Schritt für Schritt alle Hindernisse überwinden, mit denen die Bestrebungen für Organisirung der Arbeiterinnen zu kämpfen haben. Auch die deutschen Lohnsklavinnen werden eines Tags in gedrängten Schaaren am wirthschaftlichen Kampfe ihrer Klasse theilnehmen. — In Gera , Zwötzen , Debschwitz , Cuba und Triebes fanden Ende Mai sehr gut besuchte, zum Theil überfüllte Volksversammlungen statt, in denen Genossin Baader-Berlin referirte. Die Versammlungen verfolgten in erster Linie den Zweck, das weibliche Proletariat der Gegend für den Kampf um sein Recht und das Befreiungsringen seiner Klasse zu gewinnen. Dem entsprechend lautete die Tagesordnung in zwei von ihnen:„Warum fordern die Frauen das politische Wahlrecht?" In den zwei anderen:„Die Stellung der Frau in der heutigen Gesellschaft." Die Frauen waren besonders zu den Versammlungen eingeladen worden und wohnten ihnen auch sehr zahlreich bei. Daß drei der Versammlungen in Vororten von Gera stattfanden, erklärt sich dadurch, daß den Arbeitern der Stadt bis jetzt nur ein einziges größeres Versammlungslokal, der„Fürstenhos", zur Verfügung steht. Wenn irgendwo, so hat in der Geraer Gegend die kapitalistische Entwicklung den Boden für die Sozialdemokratie bereitet. Hier hat sie
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5 (10.7.1895) 14
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