hätten.„ Dem Manne kann geholfen werden", wenn ihm die männiglich bekannte Thatsache nicht geholfen hat, daß die englische Regierung den im Mai 1893 angestellten zwei ersten Fabrikinspektorinnen im laufenden Jahre eine dritte und vierte Kollegin zugefellt hat. Die Berichte des englischen Hauptfabrikinspektors an den Staatssekretär des Innern enthalten nämlich die unverkürzten Mittheilungen der beiden ersten Fabrikinspektorinnen über das erste Halbjahr ihrer Berufsthätigkeit, und Gertrud Dyhrenfurth* hat dieselben in einem sehr lesenswerthen Artikel wie Figura zeigt sogar lesenswerth oder richtiger besonders Lesenswerth für königlich preußische Beamte- dem deutschen Publikum zugänglich gemacht.
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Der Versuch, den die englische Regierung mit der Anstellung weiblicher Aufsichtsbeamten gemacht hat, gilt noch nicht als abgeschlossen. Die Berufstüchtigkeit der Fabrikinspektorinnen ist zwar flärlich erwiesen, doch hat man sich noch nicht entschlossen, das Feld ihrer Thätigkeit genau abzugrenzen. Vielmehr erwartet man von den weiblichen Beamten selbst, daß sie dies thun auf Grund der gewonnenen Erfahrungen. Darnach will man dann die Vollmachten der Inspektorinnen spezifiziren und ihre Stellung im Ressort bestimmen. Die vorläufige Prüfungsordnung für Bewerberinnen um das Amt einer Fabrikinspektorin sieht von einer besonderen fachtechnischen Vorbildung ab und verlangt wie diejenige für die Hilfsinspektoren, welche aus dem Arbeiterstande gewählt werden nur Kenntnisse im Rechnen, Schreiben, Stil und in den Hauptvorschriften der Schutzgesetzgebung von 1878, 1883 und 1891. Der Zulassung zum Examen muß jedoch die Ernennung durch den Minister vorausgehen, dem die Wahl einer geeigneten Persönlichkeit freisteht.
Die Aufgabe der Inspektorinnen ist gegenwärtig eine doppelte. Es liegt ihnen ob, von London und Glasgow ausgehend die Inspektion der gewerblichen Frauen und Kinderarbeit zu ergänzen, dann auch Spezialuntersuchungen über gewisse Zweige derselben anzustellen. Besondere Aufsichtsdistrikte sind ihnen nicht zuertheilt. Bei Feststellung von Gesetzesübertretungen sind sie wie ihre männlichen Kollegen zur Anzeige verpflichtet. Sie haben die Klage bei den unteren Polizeibehörden einzureichen und als Anwälte der Regierung zu vertreten. Damit ist in England den Frauen zum ersten Male die Befugniß eingeräumt worden, Rechtsfälle vor dem offenen Gerichtshof zu vertreten.
Was die Thätigkeit der beiden zuerst ernannten Fabrikinspektorinnen anbelangt, so haben diese bereits Spezialuntersuchungen über die Arbeitsverhältnisse in den Zündhölzchenfabriken und Wäschereien veranstaltet. Besonders eingehend und eifrig inspizirten sie außerdem die Werkstätten von Schneiderinnen und Puhmacherinnen, in welchen Gesezesübertretungen an der Tagesordnung sind. Wie die„ Gleichheit" seiner Zeit mittheilte, brachte die eine Fabrikinspektorin, Miß Abrahams, in vier Monaten 35 Unternehmer zur Anzeige. In 18 Fällen bestand die Gesetzesübertretung im Arbeitenlassen un bewilligter Ueberzeit. Beide Inspektorinnen machten die den gesetzlichen Sinn des Unternehmerthums charakterisirende Beobachtung, daß je durchgreifender die Arbeiterschutzgesetzgebung ist, und je energischer sie durchgeführt wird, um so raffinirter sind auch die Kniffe und Pfiffe, durch welche die Kapitalisten die gesetzlichen Bestimmungen zu vereiteln suchen. Wo es immer angeht, heißt es in dem Berichte, werden Schlaf- und Ausstellungsräume als Versteck während des Besuchs der Gewerbeaufsichtsbeamten benutzt oder auch als Werkstätten während der Dauer der ungesetzlichen Beschäftigung. Um diesen Praktiken erfolgreich entgegentreten zu können, befürtwortet Miß Abrahams, die in England und Irland als Inspektorin thätig ist, eine Ausdehnung der amtlichen Vollmachten der Aufsichtsbeamten auf den Besuch von Schlafräumen. Oft stößt man bei der Inspektion auf verdächtige zugeschlossene Thüren, und die Verwahrerin der Schlüssel ist dann regelmäßig abwesend. Nicht selten auch wird den kontrollirenden Aufsichtsbeamten der Einlaß in ein Gemach verweigert, weil sich ihre Nachforschungen auf Schlafräume nicht erstrecken dürfen. Da in England die Schneiderinnen und Puhmacherinnen häufig in Kost und Logis bei dem Arbeitgeber sind, ist die Inspizirung der Schlafräume um so dringender geboten. In den meisten Fällen bleiben die Bemühungen erfolglos, die Gesetzesübertretungen festzustellen durch den mehrere Tage nacheinander vorgenommenen Besuch der verdächtigen Werkstätten oder durch Ausfragen der Arbeiterinnen.
Als besonderen Mißstand empfanden die Fabrikinspektorinnen die mangelnde Einheitlichkeit in der Behandlung der zu kontrollirenden Arbeitsräume. Seit 1871 stehen in sanitärer Hinsicht die Fabriken unter der Aufsicht der Zentralinspektion, die Werkstätten aber unter derjenigen der lokalen Behörden. Findet der lokale Sanitätsinspektor
,, Berichte der weiblichen Fabrikinspektoren in England."( Jahrbücher für Nationalökonomie und Statistik, 1895, Heft 4.)
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in einer Werkstatt Frauen oder jugendliche Arbeiter ungesetzlich beschäftigt oder aber der Fabrikinspektor. bei seinen Besuchen gesund heitsschädigende Arbeitsbedingungen, so haben Beide nicht das Recht einzuschreiten, sondern nur die Pflicht, sich gegenseitig Mittheilung davon zu machen.
Die beiden ersten englischen Fabrikinspektorinnen klagen wie ihre männlichen Kollegen in England und sogar zum Theil in Deutschland über die mangelnde Energie und die große Lässigkeit der Lokalbehörden in Sachen der Durchführung des gesetzlichen Arbeiterschutzes. So ist z. B. nur an wenigen Stellen der gesetzlichen Vorschrift genügt worden, welche fordert, daß die Lokalbehörden Register zu führen haben über die Werkstätten mit Angaben über ihre Ventilation, Sauberkeit, Be setzung 2c.; daß dieselben von ihren Beamten auf ihre Ordnungs gemäßheit hin zu prüfen sind; daß den Gewerbebeamten Mittheilung zu machen ist von Werkstätten, in denen gesetzlich geschütte Personen arbeiten u. A. m. Vielfach unterließen es auch die Lokalbehörden, Formulare auszugeben, in denen der Kubikinhalt der Arbeitsräume und die Zahl der hier beschäftigten Personen verzeichnet sein soll, und die in den Werkstätten auszuhängen sind. Ebenso sind nur in wenigen Städten die Wohnungen der Heimarbeiter untersucht worden, über welche laut einer ministeriellen Verfügung die Arbeitgeber ge wisser Industrien Listen zu führen haben, welche den Beamten eine Inspektion ermöglichen sollen.
Nach den Angaben in dem Bericht ist die Ventilation der Werk stätten eine äußerst mangelhafte. Mechanische Ventilationseinrichtungen sind hier nahezu unbekannt. Ich bin allen Ernstes versichert wor den", sagt Miß Abraham,„ daß eine Thür, welche zwei überfüllte Arbeitsräume miteinander verband, zur Ventilirung beider dienen sollte." Schwere Uebelstände konstatiren die Inspektorinnen auch bes treffs der Heizung der Werkstätten. Manche von ihnen werden durch Gasöfen geheizt, die ohne Verbindung mit den Rauchfängen sind, andere sollen dadurch erwärmt werden, daß man das Gas Morgens etliche Stunden brennen läßt. Gegen die zahlreichen unterirdischen Werkstätten erheben Miß Abraham wie Miß Patterson energischen Protest. Letztere, der die Inspektion in Schottland obliegt, fand in Glasgow unterirdische Werkstätten, in die nie das Tageslicht ein dringt, und in denen Schneiderinnen und Puharbeiterinnen Winter und Sommer bei Gaslicht schaffen.
Von hohem Interesse sind die Ansichten beider Inspektorinnen bezüglich der Ueberzeitarbeit, welche nach den Versicherungen der Unternehmer und der landläufigen Meinung gerade im Schneider gewerbe und in den verwandten Berufen am unentbehrlichsten sein soll. Beide Damen, die sich doch eingehend mit den Arbeitsverhält nissen der Schneiderinnen und Puhmacherinnen beschäftigt haben, kommen zu dem Schlusse, daß das Bedürfniß, über Zeit arbeiten zu lassen, viel weniger aus dem nicht zu übersehenden Andrang von Bestellungen erwachse, als aus der geringen Voraussicht und der mangelnden systematischen Vertheilung der Arbeit seitens der Unter nehmer und Werkführer, sowie aus der Gewohnheit der Kunden, ihre Aufträge erst in letzter Stunde zu ertheilen. Zum Beweis für diese Ansicht berufen sich die Berichte auf Werkstätten, in welchen grund sätzlich jede Ueberzeitarbeit vermieden wird, und wo nichtsdestoweniger das Geschäft blüht. Eine Extrabezahlung der Ueberstunden ist äußerst selten, und wie die Inspektorinnen berichten, verdammten die be fragten Arbeiterinnen allgemein die Ueberzeitarbeit. So heißt es in Miß Abraham's Bericht:„ Eine Schneiderin, deren Arbeitstag wäh rend einer beträchtlichen Zeit von 8 Uhr Morgens bis 10 Uhr Abends gedauert hatte, sagte in Gegenwart ihrer Arbeitskolleginnen zu mir: Die Ueberzeitbestimmungen verderben das ganze Fabrikgesetz!" und in dem Beifallschor, welcher diese Bemerkung begleitete, kam ein Ge fühl zum Ausdruck, das, wie ich fand, ganz allgemein getheilt wird. In denjenigen Betrieben, wo man das Akkordsystem eingeführt hat oder die Ueberstunden bezahlt, ist die Abneigung natürlich nicht fo start, aber selbst hier sind es nur die wenigsten Arbeiterinnen, die im Prinzip für Ueberzeitarbeit sind." Nur die gedankenlosesten von ihnen, erklärt der Bericht weiter, sprechen sich für die Beibehaltung der Ueberzeitarbeit mit Extravergütung aus. Betont wird auch der โป Umstand, daß die Bestimmungen über die Zulässigkeit der Ueberzeit arbeit einer gleichmäßigen Vertheilung der Beschäftigung auf das ganze Jahr entgegenwirken.
Ar Sehr allgemein ist der Wunsch der in Werkstätten thätigen beiterinnen, Samstag Nachmittag nicht erst um 4 Uhr Feierabend 3 erhalten, sondern um 1 Uhr oder 2 Uhr, wie die Arbeiterinnen der Textilbetriebe, beziehungsweise der Nichttextilfabriken. Der Grund dafür liegt auf der Hand. Bezüglich der gesetzlich vorgeschriebenen Arbeitspausen befürwortet Miß Patterson eine Bestimmung, da während derselben die Arbeitsräume zu schließen seien. Einmal, u die Räume gründlich lüften zu können, dann aber, um das Mitbringen
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