Nr.».7. Jahrgattg.Zeitschrift für die Interessen der Arbeiterinnen.Begründet von Emma Ihrer in Pankow bei Berlin.Die„Gleichheit" erscheint alle 14 Tage einmal. Preis der Nummer»0 Pfennig, durch die Post(eingetragen unter Nr. 2902)vierteljährlich ohne Bestellgeld öS Pf.; unter Kreuzband 85 Pf.JahreS-Abonnement Mk. 2.60.StuttgartMittwoch, den».FebruarZuschriften an die Redaktion der„Gleichheit" sind zu richtenan Fr. Klara Zetkin(Eißner), Stuttgart, Rothebühl-Straße 147, III. Die Expedition befindet sich in Stuttgart,Furthbach-Straße 12.Genossinnen! Grdenkt der Hamburger Hafenarbeiter, denen die Profit- und Herrschgier desUnternehmerthums zum zweiten Male den Frieden, Brot und Recht weigerte, die es zur bedingungslosen Unterwerfung, zur Preisgabe des Koalitionsrechts zwingen will. Gedenkt der Tausende von Frauenund Kindern, die mit den heldenmüthigen.Kämpfern zusammen die Opfer des Ausstands tragen. Gedenkt,daß hinter dem Hamburger Prohenthum die Kapitalgcwaltige» ganz Teutschlands stehen, um in denHamburger Hafenarbeitern das ganze deutsche Proletariat niederzuwerfen und seine Organisation zutreffen. Genossinnen, thut Euere Pflicht! Auf zur Pethätigung opferfreudigsten Lolidaritätsgesuhls!Inhalt:Die neue �lex Heinze.— Die steigende Verwendung von Frauenarbeitin der deutschen Großindustrie. Von Sofie Schön.— Aus der Bewegung.— Die Frage der Fabrikinspcktorinnen vor dem Reichstage.— Das Frauenturnen. Von Ra Leben.— Das Weib des Streikenden. Gedicht vonErnst Klaar.— Feuilleton: Ein Traum. Eine Weihnachts- Legende vonW. Korolcnko.— Kleine Nachrichten.Die neue„lex Heinze".Als Vor einigen Jahren der Skandalprozeß Heinze in Berlinein Zipfelchen des Schleiers lüftete, der für die Augen der Anständigen die Welt der Dirnen und Zuhälter verhüllt, da verdichtete sich das Geschrei„Auf zur Rettung der Sittlichkeit!" zueinem Gesetzentwurf der Regierung. Der Gesetzentwurf— erwurde nach der äußeren Veranlassung seines Entstehens als„lex(Gesetz) Heinze" bezeichnet— verleugnete seinen Ursprung nicht.Kindische Naivetät und wachlstubenduftcnde Reaktion innig gesellthatten ihn gezeugt, muckerische Heuchelei hatte ihn gesegnet. Errührte nicht an die wirthschaftlichen und sozialen Ursachen desHebels, begnügte sich vielmehr damit, das Laster von der Oberfläche des gesellschaftlichen Lebens— wo sein Anblick„die satteTugend" beleidigt— in die Schlupfwinkel zutreiben, allwo„diezahlungsfähige Moral" gesinnungstüchtiger Bürger— das Fleischist ach! schwach— es zu gottloser, aber angenehmer Kurzweil zufinden versteht. Er suchte unter dem Deckmantel des Sittlichkeils-schutzcs die Presse zu knebeln, die Oeffentlichkeit zu beschränken,die Polizeigewalt zu stärken, Büttelei und Juristerei als Richterüber die Kunst zu setzen.Der Gesetzentwurf kam damals nicht über die Kommissions-berathung hinaus. Nun hat er seine Auferstehung gefeiert ineinem Initiativantrag der gesammten Zentrumsparlei. Im Wesentlichen entspricht die neue„lax Heinze" ihrer Vorgängerin. Soweitdies der Fall, ist sie für den einsichtigen, oorurlheilsfreien Sozial-� Politiker gerichtet. Jedoch sie enthält auch einige neue Bestimmungen— sie sind an anderer Stelle im Text zu lesen—, welcheBeachtung und Zustimmung verdienen. Gefänguißstrafe soll künftigArbeitgeber, Dienstherren und deren Vertreter treffen, welche dasArbeits- und Dienstverhältniß dazu mißbrauchen, Arbeiterinnenund Dienstmädchen zur Duldung unzüchtiger Handlungen zuzwingen. Daß die Schärfe des Gesetzes sich gegen die Arbeitgeber kehrt, die mit der Lohnsklavin auch die Lustsklavin gekauftzu haben wähnen; gegen die Dienstherren, die in ihrer Untergebenen„das Mädchen für alles" in des Wortes verwegensterBedeutung erblicken, ist nicht mehr als recht und billig.Sicherlich wird die Furcht vor der Strafe, das statuirteExempel in dem einen oder anderen Falle die Tugend und Jugendproletarischer Frauen und Mädchen vor der„Begehrlichkeit" desBrotherrn schützen, die ansonst weder ein Sittlichkeitsbegriff, nochverfeinertes Geschlechtsverlangen, noch gar die Achtung vor derfremden Individualität zu zügeln vermag. Aber auch nur in demeinen oder anderen Falle! Thöricht wäre es, die Kraft der geforderten gesetzlichen Bestimmungen zu überschätzen und von ihrerWirkung eine allgemeine zwangsweise Versittlichung der Paschagelüste ausbeutungsfroher Unternehmer und hcrrschgewohnter Rentbürger, einen durchgreifenden Schutz für die Sittlichkeit der Arbeilerinnen zu erhoffen. Die von Geldsacks Gnaden haben nochjederzeit auf das Gesetz gepfiffen, dafern es seine Spitze nicht gegendie Ausgebeuteten wendete, sondern gegen sie selbst. Sie wissen:auch die Nürnberger hängen keinen, sie hätten ihn denn.Die nämliche Macht, welche ihnen die proletarische Arbeitskraftzu rücksichtsloser Ausbeutung überliefert, ihnen das Brot derWerkenden und auch die Hungei peitsche für sie in die Hand legt:zwingt das Wciblhum armer Frauen ihrer geilen Brunst, ohnedaß die Mehrzahl der Opfer auch nur das Gesetz anzurufenwagen. Wer denn muß Anzeige wider den Arbeitgeber, denDienstherrn erstalten, der das weibliche Arbeitsthier als Lustthiervergewaltigte? Dieselbe geknechtete Arbeiterin, die gewöhnt ist,in ehernem Gehorsam zu frohnden, in dem Anwender den Herrnund Meister zu erblicken, der in fast unbeschränkter Allmacht ihrBrot giebt und nimmt. Das Brot! Oft, sehr oft, wird dieArbeiterin, das Dienstmädchen, den Verlust des unbefleckten Weibseins schweigend tragen, aus Furcht vor dem Verlust des Erwerbs.Hunger thut weh!Aber gesetzt, das Opfer klagt. Steht dann nicht in derRegel Aussage gegen Aussage, weil der gebietende Lüstling zumschmachvollen Attentat das Alleinsein Der ausnützte, die sein Begehren entbrennen ließ? Und würden die Angaben der„leichtfertigen Fabriklerin", des„durchtriebenen Dienstmädchens" stetsals gleich glaubwürdig erachtet, wie die Erklärung des„hochangesehenen Bürgers", dessen Ruf sich nach den Zehntausendenseines Einkommens bemißt, und der die Anklage als einen Aktder Erpressung bezeichnet? Es fehlt nicht an Beispielen, daß sehroft die größere Wahrhaftigkeit und Sittenstrenge dort vermuthetwird, wo der große Besitz ist. Wie soll in solchen Fällen dieGemißbrauchte den Beweis für die Richtigkeit ihrer Behauptungerbringen?„Arbeiterinnen pflegen keine Vestalinnen zu sein", soe> klärte unter ähnlichen Umständen erst letzten Sommer ein BerlinerRichter.Als ganz ohnmächtig aber erweisen sich die vom Zentrumvorgeschlagenen gesetzlichen Bestimmungen gegenüber der gewaltigenkuppelnden Kraft des Elends. Tagaus tagein umschleicht eSlauernd die Arbeiterin, die in sauren Wochen, ohne frohe Feste