Lokal, noch im Flur Polizeibeamte bemerkt hatte, waren doch nun sofort vierzehn Mann davon zur Stelle, um den Saal zu räumen. Genossinnen und Genossen waren Zeuge, wie die Leute aus dem Hinterhalte hervorkamen, um ihres Amtes" zu walten. Breslau war gerettet. Eine Versammlung in Blumenau wurde von vornherein verboten. Dagegen konnten in Langenbielau und in Penzig Versammlungen stattfinden, die sehr gut besucht waren und ohne jede Störung verliefen. Auf der Rückreise hatte Genossin Greifenberg Gelegenheit, einer von den Breslauer Handschuhmachern einberufenen zweiten Versammlung beizuwohnen. Nach Schluß des Referats eines Genossen meldete sie sich in der Diskussion zum Wort. Sie führte im Wesentlichen genau aus, was sie in der Dienstag- Versammlung nicht ausführen durfte. Kein polizeiliches Einschreiten erfolgte. Von den anwesenden Arbeiterinnen traten sofort achtzehn dem Verband der Handschuhmacher bei. Der Amtseifer, mit welchem die schlesischen Behörden gegen gewerkschaftliche Versammlungen der Arbeiter und Arbeiterinnen vorgehen, entspricht nur der den Kapitalisten erfreulichen Gewissenhaftigkeit, mit der sie jedes politische Leben der Genossinnen zu unterdrücken suchen. Mit welchem Erfolge, das beweist die fräftigere Einwurzelung des Sozialismus unter der schlesischen Frauenwelt. Im Dienste des Klassenstaats stehen die Herren von der Polizei, für die Sozialdemokratie arbeiten sie, wenn auch unfreiwillig, so doch erfolgreich.
M. G. Das Ende des Hamburger Hafenarbeiterstreiks. In In Hamburg hat des Kapitals Macht über der Arbeit Recht gesiegt. Nach elfwöchentlichem Ausstand haben die Hafenarbeiter am 6. Februar mit zwei Drittel Majorität beschlossen, den Streit für beendet zu erklären. In geschlossenen Reihen, wie sie in den Kampf eingetreten, wie sie im Kampfe gestanden, kehren sie an die Arbeit zurück, geschlagen, aber nicht besiegt. Fast drei Monate lang hielten sie in einem Streite aus, in dem wider sie sich alles wendete, was Macht im Kapitalistenstaat heißt: die trotzige und prozige Gewalt des Rhedergeldsacks, der deutschen Kapitalistenklasse Druck, der Stachel des Hungers, des Winters Unbill, die Machtmittel des Staats und eines Kaisers Wort. Was die Streifenden den vereinten Gegnern entgegenzusetzen vermochten, sie haben es treu und tapfer aufgeboten. Im Bewußtsein ihres Rechts harrten sie Woche nach Woche mit ungebrochenem Muthe aus, Helden der Entbehrung, der Opferfreudigkeit, des Solidaritätsgefühls, der Disziplin. Mit ihnen fämpfte und opferte Deutsch lands Proletariat. Das bezeugen die 1/2 Millionen, die in thatkräftiger Bruderliebe aufgebracht worden sind und die zum weitaus größten Theil nicht vom Ueberfluß gegeben werden konnten, die vielmehr Groschen für Groschen und Pfennig für Pfennig zusammengedarbt werden mußten. Trotz allem hat die brutale Uebermacht triumphirt. Die unterlegenen Kämpfer werden nun die volle Schwere des„ Wehe den Besiegten" erfahren, die Rache der„ Sieger", welche die Wuth über entgangene Profite und erlittene Nachtheile ebenso reizt, wie der Kitzel der Geldsackskraft. An dem deutschen Proletariat ist es, seine Pflicht bis zu Ende zu thun, dafür zu sorgen, daß nicht allzu drückende Noth die Gemaßregelten belaste. Wie nicht anders zu erwarten, frohlockt mit dem Hamburger Rhederthum die Ausbeutersippe ganz Deutschlands über den Ausgang des Streifs. Diese Freude ist billig und gemein, obendrein nicht ungetrübt und von kurzer Dauer. Gefestigt geht die Organisation der Ham: burger Hafenarbeiter aus dem Kampfe hervor. Vielen Tausenden ist die Nothwendigkeit der Gewerkschaft klar geworden und in scharfen Umrissen schreibt jede Einzelheit des Streiks dem Proletariat- soweit es noch nicht zum zielbewußten Erfassen seiner Lage erwacht ist die Lehre von jenem gewaltigen Kampfe, in dem ein Hüben und Drüben nur gilt. Nicht in stiller Verzweiflung blickt das Hamburger, das deutsche Proletariat auf das gewaltige Ringen der letzten Monate zurück, vielmehr mit fester Kampfesentschlossenheit und freudiger Gewißheit fünftiger Siege.
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Kinderarbeit.
Was immer für Gründe gegen die Heranziehung der Frauen zur Gewerbeaufsicht geltend gemacht werden: Frau Florence Kelley , die rühmlich bekannte Fabrifinspektorin von Illinois , hat sie durch ihre Amtsthätigkeit glänzend und gründlich widerlegt. Für ihr verständnißvolles, pflichteifriges Wirken sprechen ihre Berichte; es erhellt aus Frau Kelleys Ausführungen und Anregungen auf den Jahreskonferenzen der Fabrikinspektoren der Vereinigten Staaten; es wird erhärtet durch die treffliche Arbeit, in welcher sie nachwies, daß eine Chicago heimsuchende Pockenepidemie durch die Konfektionsartikel verbreitet wurde, die in verseuchten Heimwerkstätten und Schwizzbuden angefertigt worden waren. Allerdings hat Frau Kelleys amtliche
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Thätigkeit bis jetzt nicht dem Jdeal entsprochen, das Herr v. Berlepsch vor etwa zwei Jahren von den Pflichtleistungen der deutschen Gewerbeaufsichtsbeamten zeichnete. Sie erachtete es bis nun offensichtlich nicht als eine besonders wichtige Seite ihrer Aufgabe, durch technische Rathschläge" den Herren Unternehmern nüßlich zu sein, ihre Betriebskosten mindern, ihre Profite mehren zu helfen. Dagegen iſt sie im Gegensatz zu der großen Mehrzahl ihrer deutschen Kollegen jederzeit sehr energisch eingetreten für eine Erweiterung des gesetzlichen Arbeiterschutzes. Die Schlußfolgerungen, welche sie aus ihrem äußerst sorgfältigen und gewissenhaften Wirken zieht, faßt sie wieder und wieder in die Forderung zusammen: mehr gesetzlichen Schutz für die Arbeit, umfassenden gesetzlichen Schutz gegen übermäßige Ausbeutung zumal den Schwächeren und Schwächsten, den Frauen und Kindern. Die Dringlichkeit eines weiteren Ausbaues der Arbeiterschutzgesetzgebung weist sie nicht blos in ihren amtlichen Berichten an die Staatsgewalten nach. Auch in zahlreichen Vorträgen, Flugschriften, Artikeln, welche die öffentliche Meinung" aufzuklären suchen.
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Wir geben in Folgendem das Wesentliche eines solchen Vortrags über die Kinderarbeit" wieder. Frau Kelley hielt ihn im letzten Jahre auf der 23. Nationalfonferenz für Wohlthätigkeits- und Besserungsbestrebungen, welche zu Grand Rapids , einer Stadt an den großen Stromschnellen des Lorenzoſtroms, in Michigan tagte. Die Ausführungen der Fabrikinspektorin knüpfen an amerikanische Verhältnisse an. Aber wenn wir von besonderen Formen absehen, welche die kapitalistische Ausbeutung kindlicher Arbeitskraft in den Vereinigten Staaten angenommen hat; wenn wir das Wesentliche festhalten: die zu körperlichem und geistig- sittlichem Ruin der Jugend führende Ausbeutung selbst: so bewahrheitet sich betreffs der stizzirten Verhältnisse das alte Wort:„ Auch von dir gilt die erzählte Fabel." Haben wir in Deutschland nicht Zehntausende von Kindern, deren Jugend bei der Heimarbeit verkümmert? Nicht Zehntausende und Aberzehntausende der Schule kaum entwachsene jugendliche Arbeiter und Arbeiterinnen, deren Kraft, noch ehe sie sich voll entwickelt, in der Fabrik schwindet, - die Er in der Werkstatt verkrüppelt? Nicht Schaaren von Kleinen hebungen der Schulbehörden vieler Großstädte bezeugen es-, welche stundenlang vor Beginn des Unterrichts und nach Schluß desselben bis tief in die Nacht hinein durch Frühstücks- und Zeitungsaustragen, Regelaufsetzen, Perlennähen und andere ,, Nebenbeschäftigungen" armselige Pfennige verdienen? Das gesetzliche Verbot der Kinderarbeit das Frau Kelley auf Grund ihrer reichen Erfahrungen fordert- ist deshalb für Deutschland , für alle europäischen Industriestaaten ebenso berechtigt und dringend nöthig, wie für Amerika . Ob dieses Verbot die Altersgrenze für die Zulassung der Kinder zur Erwerbsarbeit auf das sechzehnte oder ein früheres Jahr feinesfalls vor dem vollendeten vierzehnten festsetzen müsse, darüber sind die Meinungen getheilt. Jedenfalls verdient es Beachtung, daß Frau Kelley das Verbot der Kinderarbeit bis zum sechzehnten Lebensjahre entschieden befürwortet. schieden befürwortet. Denn Frau Kelley besitzt eine gründliche Kenntniß des modernen Wirthschaftslebens, und sie hat in eingehendster Weise die Folgen beobachtet, welche die kapitalistische Ausbeutung der proletarischen Jugend zeitigt.
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In
" Zwei Wege", so führte Frau Kelley aus, stehen gegenüber der Kinderarbeit offen. Die Beschäftigung von Kindern unter sechzehn Jahren kann strikte verboten werden. Dies ist in der Schweiz der Fall. Oder aber die Gesetzgebung fann eine reichliche Versorgung des Arbeitsmarkts mit kindlichen Arbeitskräften gestatten, jedoch innerhalb gewisser Grenzen die schreiendsten Auswüchse der Kinderarbeit beschränken. So liegen die Dinge in den übrigen Industriestaaten, die Vereinigten Staaten inbegriffen. Der Verwendung sehr junger Kinder sind z. B. gegenwärtig in fast allen größeren Industrieländern bestimmte Schranken durch Gesetze gezogen, welche das Alter festsetzen, unter dem Kinder in Fabriken und Werkstätten 2c. nicht beschäftigt werden dürfen. Die Altersgrenze für die Zulassung der Kinder zur Erwerbsarbeit schwankt zwischen zehn und vierzehn Jahren. Illinois legt das Gesetz verschiedene Jahre als Altersgrenze für die Beschäftigung von Kindern fest. Bis zum vierzehnten Lebensjahre ist die Verwendung von Kindern in der Fabrikindustrie und im Bergbau gesetzlich verboten. In allen anderen Erwerbszweigen können Kinder vom zehnten Jahre an beschäftigt werden, vorausgesetzt, daß sie einen Erlaubnißschein der Schule aufweisen; vom dreizehnten Jahre an, dafern sie diesen Schein nicht besitzen. Da die lokalen Schulverwaltungen die fraglichen Bescheinigungen mit größter Freigebigkeit ertheilen, so sind Kinder jeden Alters erwerbsthätig, wenn sie von den Unternehmern mit Nuzen verwendet werden können. Dank dieser Bestimmungen sind in Illinois in der Fabrikindustrie 8000 bis 10000 Kinder von vierzehn bis sechzehn Jahren beschäftigt, und eine sehr große Anzahl jüngerer Kinder geht im Handel und in den verschiedenen Straßen- Erwerbszweigen dem Verdienst nach. Auf Grund meiner Erfahrungen während der letzten drei Jahre, wo ich die Durch