Nus der Bewegung.

Polizei und Juristerei im Kampfe gegen die proletarischen Frauen. In Bremen   hatte der Senat die Theilnahme weiblicher Personen an dem Festzuge der Gewerkschaften verboten, und dies u. a. mit der Begründung, daß jedes Taktgefühl sich gegen die bisher in Bremen   nicht gewohnte Sitte sträube, die hoffentlich nie­mals hier Eingang finden werde. An einem Radler- Festzuge dagegen durften weibliche Personen, pardon Damen theilnehmen, ohne daß sich der Zopf gegen die ungewohnte Sitte" entseßensvoll sträubte. Sollte auch in der Republit Bremen der Grundsatz gelten: Wenn zwei dasselbe thun, so ist es nicht dasselbe?"

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In Köpenick   wurde kürzlich der preußische Staat wieder ein­mal durch die Ausweisung der Frauen aus einer öffentlichen Ver­sammlung gerettet. Genosse Zubeil sollte über die Betheiligung der Sozialdemokratie an den preußischen Landtagswahlen referiren, doch durfte die Versammlung erst in die Tagesordnung eintreten, nachdem die anwesenden Frauen, der polizeilichen Weisung entsprechend, das Lokal verlassen hatten. Beschwerde gegen die beliebte Maßregel ist natürlich eingelegt worden. Unserer Ansicht nach wird die zuständige Stelle nicht um eine rechtliche Begründung des Vorgehens verlegen sein. In einem früheren ähnlichen Falle wurde auf die erhobene Beschwerde geantwortet: die Versammlung sei nur durch dem Vor­wärts" beigelegte Bettel und nur den Mitgliedern des Arbeitervereins bekannt gegeben worden, aber weder durch Anschlag an den Tafeln, noch durch Annoncen in den örtlichen Tagesblättern. Diese Art der Bekanntmachung lasse erkennen, daß es sich nicht um eine öffentliche Versammlung gehandelt habe, sondern um eine Vereinssitzung, an der Frauen nicht theilnehmen dürfen, so daß ihre Ausweisung aus der betreffenden Veranstaltung durchaus gerechtfertigt war. Dank einer sinnigen und minnigen Deutungskunst wird jedenfalls auch die neuerliche Ausweisung der Frauen als gesetzlich durchaus begründet gerechtfertigt erscheinen. Was die Einberufer der Versammlung natür­lich nicht abhält, den Beschwerdeweg weiter zu beschreiten, um den Behörden Gelegenheit zu geben, das Wesen des Kapitalistenstaats in schärfste Beleuchtung zu rücken.

In Breslau   ist schrecklich zu sagen der staatsretterischen Liebesmüh gegen die Umstürzlerinnen" wieder einmal umsonst ver­schwendet worden. Die Genossinnen Geiser, Kühnel und Kayser

Die Stimmung war animirt, wie sie bei solchen Gelegenheiten und in solcher Gesellschaft stets zu sein pflegt; und indem das Gespräch sich über die ganze Stadt verbreitete, kehrte es endlich auch bei Sören ein. Alle waren darin einig, daß es eine höchst unglückliche Ehe und ein sehr trauriges Haus sei; Einige hatten Mitleid, Andere tadelten.

Da nahm das ältere Fräulein Ludvigsen mit einer gewissen Feierlichkeit das Wort:" Ich werde Euch sagen, was bei dieser Ehe der Fehler war; denn ich kenne die Sache aus dem Grunde. Schon vor ihrer Heirath war da etwas Berechnendes, niedrig Prosaisches in Marie, das der wahren, der echten, der rechten Liebe fremd ist. Das hat sich später noch mehr entwickelt und rächt sich jetzt grausam an beiden. Allerdings haben sie nicht viel zum Leben; aber was bedeutet das für zwei Menschen, die sich in Wahrheit lieben? Es ist doch nicht der Reichthum, der das Glück bedingt. Ist es nicht gerade in dem ärmlichen Heim, wo die Liebe ihre Allmacht auf das Schönste beweist? Und wer kann sie überhaupt arm nennen? Hat unser Herrgott sie nicht reichlich mit gesunden und frischen Kindern gesegnet? Seht das ist jetzt ihr Neichthum! Und wären ihre Herzen erfüllt gewesen von der wahren, der echten, der rechten Liebe, so so

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Hier saß Fräulein Ludvigsen ein wenig fest. " Was dann?" fragte eine muthige junge Dame.

So"

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fuhr Fräulein Ludvigsen mit Hoheit fort, so würden wir auch gesehen haben, daß ihr Lebensweg sich ganz anders gestaltet hätte."

Die muthige Dame schämte sich.

sollten durch Veranstaltung einer geselligen Zusammenkunft eine nicht angemeldete Versammlung abgehalten und dadurch das Vereinsgesetz übertreten haben. Das Schöffengericht sprach sie von dieser Morithat frei, jedoch legte der eifrige Herr Staatsanwalt gegen das Urtheil Berufung ein. Das Breslauer Landgericht, das als Berufungsinstanz die Angelegenheit zu verhandeln hatte, erkannte jedoch ebenfalls auf Freisprechung unserer Genossinnen. Ebenso erfolgte seitens des Land­gerichts fostenlose Freisprechung der Genossin Geiser von der Anklage, den Polizeikommissar Leder beamtenbeleidigt zu haben. Von der vor­hergehenden Instanz war Genossin Geiser ob des vermeintlichen Frevels zu einer Geldstrafe von 50 Mt. verurtheilt worden. Zwei freisprechende Erkenntnisse gegen proletarische Frauen, und Breslau  steht noch! Armer Staatsanwalt!

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In Rendsburg   hat sich die liebe Polizei im Kampfe gegen die Frauen als allzu schneidig und allzu scharfsinnig erwiesen. Bekanntlich kam es daselbst kürzlich zur Auflösung einer Versamm­lung in der Genossin Ihrer sprechen sollte, weil die Frauen nicht der Aufforderung des Ueberwachenden entsprechend ausgewiesen wurden. Der Beamte gab an ,,, auf Grund einer landräthlichen Ver­fügung" zu handeln. Die bei der Regierung in Schleswig   ein­gelegte Beschwerde hatte den Erfolg, daß diese erklärte, sie habe die Beschwerde gegen die Auflösung nicht für unbegründet befunden und das Erforderliche veranlaßt". Diese Entscheidung fällt auf in unseren Tagen, wo gemeiniglich wohlgethan ist, was die Polizei thut, und das von rechtswegen, stets von rechtswegen.

Stellungnahme der deutschen Genossinnen zum inter­nationalen Arbeiterschutzkongreß in Zürich  . Außer den Genos­sinnen der bereits in voriger Nummer der Gleichheit" genannten Städte haben sich noch die Genossinnen von Königsberg  , Breslau  und Memel   für ihre Vertretung auf dem internationalen Arbeiter­schußkongreß durch Genossin Zetkin   erklärt. Bekanntlich suchen gerade in Ostelbien die Behörden der Ausbreitung sozialistischer Ueberzeu­gungen unter der Frauenwelt durch besonders schneidige und findige Kniffe und Pfiffe entgegenzuwirken. Der Beschluß der Genossinnen zeigt, daß unsere Bewegung trotz alledem fortschreitet.

Notizentheil.

( Von Lily Braun   und Klara Betkin.)

Gewerkschaftliche Arbeiterinnen- Organisation.

Dem Verband der Deutschen   Holzarbeiter gehörten am Schlusse des Jahres 1896 auf insgesammt 37 816 Mitglieder 439 Arbeiterinnen an. Am Schlusse des Vorjahres betrug die Zahl der weiblichen Verbandsmitglieder 366, so daß eine Zunahme der selben um 73, d. i. um fast 20 Prozent erfolgt ist. 1896 waren in der Branche der Tischler und Stuhlbauer 136 weibliche Arbeiter organisirt gegen 40 im Vorjahr; in der Bürsten und Pinsel= industrie 157 gegen 143; dagegen ist die Zahl der organisirten Drechslerinnen und Knopfmacherinnen von 208 auf 43 ge­sunken. In der Zahlstelle Schmölln   allein sind im letzten Jahre 143 Knopfmacherinnen wieder aus dem Verband ausgetreten, dem sie sich zur Zeit des großen Streits angeschlossen hatten, und der in energischer Weise ihre Interessen vertheidigte. Dem Verband gehören 34 Arbeiterinnen der Korbindustrie an und 69 Arbeiterinnen verschiedener Berufe, darunter besonders Stuhlrohrarbei­terinnen. Der Verband der Holzarbeiter gehört zu den Gewerk­schaften, welche sich die Organisirung der Arbeiterinnen ernstlich an­gelegen sein lassen und zu diesem Zwecke nicht vor Opfern zurück­schrecken. Die vorstehenden Zahlen über die Entwicklung und den Stand der weiblichen Verbandsmitgliedschaft zeigen, wie langsam die Einbeziehung der Arbeiterinnen in die Organisationen fortschreitet.

Von den Stuttgarter   Arbeiterinnen waren 1896 nach dem " Bericht der Vereinigten Gewerkschaften" 377 gewerkschaftlich organisirt. 1895 hatte die Zahl der gewerkschaftlich organisirten Ar­beiterinnen nur 89 betragen, es ist also eine Vermehrung um 288 eingetreten oder um fast 324 Prozent. Selbstredend ist eine starke prozentuale Zunahme bei kleinen Zahlen verhältnißmäßig leicht, und die 324 Prozent sind deshalb nicht zu überschätzen. Immerhin lassen die angezogenen Ziffern einen anerkennenswerthen, sehr erfreulichen

Es entstand eine Pause, während welcher Fräulein Ludvigsens Fortschritt der Betheiligung der Arbeiterinnen an den Gewerkschaften Worte sich in alle Herzen sentten.

Sie fühlten Alle, daß dies die Wahrheit sei; alle Unruhe und Zweifel, welche die Eine oder die Andere vielleicht noch gehegt hatte, schwanden vollständig; und Alle wurden bestärkt in ihrem schönen und unerschütterlichen Glauben an die wahre, die echte, die rechte Liebe; denn sie waren alle unverheirathet.

erkennen. Wie unendlich viel auf dem Gebiet der gewerkschaftlichen Arbeiterinnenorganisation noch zu thun ist, erhellt aus den folgenden Angaben des Berichts. Nach einer zum Theil auf Schätzungen be­ruhenden Statistik sind in Stuttgart   in vierzehn Industrien 8333 Arbei­terinnen beschäftigt, von denen 377, mithin 4,5 Prozent organisirt sind. Von den in Stuttgart   beschäftigten 17 780 Arbeitern gehören dagegen 5558 einer Gewerkschaft an, also 31,2 Prozent. Die stärkste