Unterricht auch ausdrücklich für die Mädchen fordern sollen. Zur Annahme gelangte ferner eine Resolution, in der sich die Anwesenden mit den Ausführungen des Referenten und der Thätigkeit der sozial­demokratischen Stadtverordneten einverstanden erklärten und sich ver­pflichteten, für einen erfolgreichen Wahlausgang, sowie für die Ziele der Sozialdemokratie zu wirken. Die Genossinnen haben denn auch. redlich das ihre zu dem glänzenden Ausfall der Wahlen am 8. Nov. beigetragen. Mit regem Eifer werden sie dafür arbeiten, daß auch bei den noch bevorstehenden Stichwahlen die Sozialdemokratie Siege zu verzeichnen hat. Vor den Stichwahlen sind noch zwei große öffentliche Volksversammlungen seitens der Genossinnen geplant. Ihre Betheiligung an den Wahlkämpfen hat die Galle etlicher kapita­listischer Soldschreiber aufs Heftigste erregt. In der Münchener Allgemeinen Zeitung" entsetzt sich der Berliner   Korrespondent da­rüber, daß nicht nur die Männer, nein, auch die, proletarischen Frauen und Mädchen' revolutionirt werden und in den Kampf ein­greifen sollen."" Grober Unfug aber ist es", so entrüstet er sich weiter, wenn das weibliche Geschlecht, welches von den politischen Kämpfen möglichst fern gehalten werden sollte, in dieser haarsträu­benden Weiſe geradezu in dieselben hineingezerrt wird." Die in das Programm der Verheyung" eingestellte Forderung auf Verabreichung von Frühstück an die Schüler wird als Anfang der großen Staats­fasernirung" bezeichnet, ein Anfang, der zur Folge hätte, daß- schrecklich zu sagen! schließlich noch Mittagessen für die Kinder verlangt würde auf Kosten der Gesammtheit." Ebenso albern tobt über das Vorgehen unserer Genossinnen das Organ des Neunkirchener Schleifstein- Mannes," Die Post". Diese schreibt: Eine ungenannte , Vertrauensperson der bekanntlich sehr fragwürdigen Organisation des, weiblichen Proletariats' sucht im Vorwärts durch einen Auf­ruf an die, proletarischen Frauen und Mädchen Berlins   für die in diesen Tagen stattfindende reichshauptstädtische Stadtverordneten­wahl im Interesse der Sozialdemokratie zu werben. Da bei uns die Frauen nicht wahlberechtigt sind, so bezweckt die Vertrauens­person natürlich nur, den Einfluß des, Ewig- Weiblichen auf die männlichen Wähler geltend zu machen. Klipp und klar spricht dies der Aufruf aus...... Ist es an sich verwerflich, die Frauen zur Theilnahme an Wahlbewegungen aufzurufen und deren Einfluß sich behufs Verfolgung politischer Ziele dienstbar zu machen, so ist es thöricht, den Frauen einreden zu wollen, die Vertreter, die wirklich das Wohl des Volkes fördern, seien nur im sozialdemokratischen Lager zu finden." Das Mundstück des König Stumm leiert darauf die alte Lüge herunter, die Sozialdemokratie verhalte sich ablehnend gegen jede Sozialreform. Schließlich giebt es den proletarischen

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dem pflanzenmäßigen Hinleben auch nicht gethan, in welchem Frau Marholm mit einer wahren Haremsphilosophie", wie ein Kritiker sich treffend ausdrückt, Beruf und Aufgabe des Weibes zu sehen beliebt.

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Wir stellen keinen Augenblick in Abrede, daß es auch Männer giebt, denen Frau Marholms hohes Lied von dem Haremsdamen­beruf der Frau süße Musik in den Ohren ist, wir stehen aber nicht an, diesen anspruchslosen und zugleich furchtbar anspruchsvollen Paschanaturen unsere Achtung zu versagen. Wer so niedrig vom Weibe denkt, kennt die Natur und Geschichte nicht, er erscheint uns intellektuell und moralisch rückständig.

Daß Frau Marholm beiläufig auch in Antisemitismus macht, gereicht ihrer wissenschaftlichen" Arbeit: Zur Psychologie der Frau, auch zu einer Zierde fragwürdigsten Werthes. Im Gegensatz zum Fürsten   Bismarck, der vom Zusammenthun von Hengsten und Stuten" verschiedener Rassen, germanischer und hebräischer, sich gute Zuchtresultate verspricht, ist Frau Marholm der Meinung, daß solche Mischehen die Schönheit des deutschen Volkes umgebracht haben.

Aber warum, so fragt vielleicht eine oder die andere Leserin dieses Blattes, warum tischt man uns diesen Kohl überhaupt auf?

Ich halte es für nothwendig, daß die Frauen wissen, wie fraus es in noch gar vielen Frauenköpfen aussieht, daß sie auch unter ihren eigenen Geschlechtsgenossinnen erbitterte Gegnerinnen des Fortschritts haben. Daß Frau Marholm unter den proletarischen Frauen Gesinnungsgenossinnen habe, möchte ich bezweifeln. Aber sowohl vom Standpunkt der Arbeiterbewegung wie von dem der Frauenbewegung war mir dieser Beitrag zur Psychologie der Frau" interessant; es ist ein schätzbarer Beitrag zur Psychologie des Bour­geoisweibes und der Gegner der echten und rechten Frauenbewegung.

Mit alledem, was sich den schöpferischen" Gedanken der Frau Marholm entgegenseßen läßt, beschäftigt sich jede Nummer dieses Blattes; es erübrigt sich also darüber aus Anlaß des vorliegenden sonderbaren Buches Weiteres zu sagen. Frauenlob.

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Frauen und Mädchen" den Rath, dafür zu sorgen, daß ihre Männer, Väter und Brüder aus dem Joche der Sozialdemokratie befreit werden". Wären die Genossinnen noch irgendwie im Zweifel, daß sie mit ihrer Agitation das Richtige getroffen, die vorstehenden Ergüsse schöner kapitalistischer Seelen müßten sie darüber belehren.

In Königsberg   i. Pr. fand eine gut besuchte Versammlung sozialdemokratischer Frauen statt, in der Genosse Richter über Bürgerliche und proletarische Frauenbewegung" sprach und den Proletarierinnen den Frauenrechtlerinnen gegenüber fühle Reserve empfahl. Als Vertrauensperson der Genossinnen wurde Genossin Nehsert gewählt. Auch in Memel   und Elbing   fanden in letzter Zeit öffentliche Frauenversammlungen statt, in denen je eine Ver­trauensperson der Genossinnen gewählt wurde.

Eine wackere Streiterin hat der Tod Anfangs November aus Reih und Glied der Berliner   Genossinnen gerissen: Frau Doro­thea Piele wurde in einer Sigung der Offenbacher Frauen- Kranken­tasse vom Schlage gelähmt und erlangte bis zu ihrem zwei Tage darauf eintretenden Tode das Bewußtsein nicht wieder zurück. In ihr haben die Genossen und Genossinnen eine treue Mitarbeiterin verloren, die stets zu opferfreudigem Thun bereit war, wenn es das Interesse des Proletariats galt. Die Verstorbene war eines der ältesten und thätigsten Mitglieder der Offenbacher Frauen- Kranken­kasse, der sie seit ihrer Gründung angehörte; fast ununterbrochen saß sie im Vorstand verschiedener Filialen dieser Organisation. Ihren Kindern war Genossin Piele eine vorzügliche, treusorgende Mutter. Mit Achtung und Liebe werden die Genossinnen und Genossen allzeit der Verblichenen gedenken.

Genosse Baader ist Anfangs November in Berlin  , 84 Jahre alt, gestorben. Sein Tod bedeutet einen schweren, unersetzlichen Ver­lust für unsere bewährte Genossin Ottilie Baader  . Was sie geworden, was sie der Bewegung leistet, sie verdankt es neben ihrem Fleiß und ihrem Pflichtbewußtsein ganz wesentlich seinen Bemühungen, ihren Bildungsdrang zu fördern und die richtigen Wege zu leiten. Eine rührende Ideen- und Kampfesgemeinschaft verband die Tochter mit dem Vater, der 1848 in der Märzrevolution mit Begeisterung für Frei­heit und Bildung des Volkes stritt, und der später mit glühender Seele der Sache der Sozialdemokratie anhing. Ottilie hat mit dem Verstorbenen nicht blos den Vater verloren, auch den treuesten Freund, den unermüdlichen Lehrer, den bewährten Rathgeber. Ehre dem An­denken des Todten. Möchte unsere Genossin Linderung ihres herben Leides darin finden, daß sie im Geiste des theueren Verstorbenen weiterwirkt, und daß Genossinnen und Genossen an ihrem Geschick aufrichtigen Antheil nehmen.

Notizentheil.

( Von Lily Braun   und Klara Betkin.)

Weibliche Fabrikinspektoren.

Barmherzige Schwestern und Diakonissinnen als Ver­trauenspersonen statt weiblicher Fabrikinspektoren in Würt­ temberg  . Die württembergische Regierung hat sich nicht gleich der hessischen zu einem entschiedenen Fortschritt in Sachen der geforderten Heranziehung von Frauen zur Gewerbeaufsicht entschließen können. Um aber vor dem demnächst zusammentretenden Landtag den Schein einer Reform für sich zu haben, hat sie die Aufstellung von weiblichen Vertrauenspersonen angeregt, welche die Beschwerden der Arbeite­rinnen entgegennehmen und dem Fabrikinspektor übermitteln sollen. Als erste weibliche Vertrauenspersonen hat sie barmherzige Schwestern und Diakonissinnen in Vorschlag gebracht. Die demokratische ,, Ulmer Zeitung" brachte die erste Kunde von dieser wunderbaren Blüthe einer Möchte gern- Sozialpolitik. Sie theilte mit, daß eine Zuschrift des königlichen Gewerbeinspektors an die Ulmer Ortsarmen­behörde die Bestellung weiblicher Vertrauenspersonen zwischen Ar­beiterinnen und Gewerbeaufsichtsbeamten erörtert habe. Die An­stellung solcher Vertrauenspersonen sei beschlossene Sache, und zwar seien für das Amt barmherzige Schwestern und Diakonissinnen in Aussicht genommen, welche den Unternehmern als die geeignetsten Persönlichkeiten erscheinen dürften. Sie genössen das Vertrauen der Arbeiterinnen und böten auch Gewähr dafür, daß die Organisation nicht der Sozialdemokratie anheimfalle. Von Seiten der Ortsarmenbehörde solle der vorläufig versuchsweisen Einrichtung ein Hinderniß nicht in den Weg gelegt werden. Die sozialdemokratische Schwäbische Tagwacht" griff das in der betreffenden Zeitungsnotiz angekündigte Vorgehen der Regierung in ebenso scharfer als berechtigter Weise an. Neben noch anderen sozialdemokratischen Blättern nahmen auch bürgerliche Organe Stellung zu der Angelegenheit, so vor Allem die

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