Aus der Bewegung.Eine imposante Protestversammlung der Berliner Genossinnen gegen die Tittenpolizei hat am 11. Januar stattgefunden.Veranlaßt war dieselbe durch den Fall Köppen. Aber in dem zündenden Aufruf, der zur Theilnahme an der Versammlung aufforderte,wurde trefflich erklärt, daß die wirkliche Ursache des empörenden Vorkommnisses nicht in dem Versehen eines einzelnen Polizeibeamten liege,vielmehr in der bestehenden Gesellschaftsordnung. Nicht nur gegenden einzelnen Fall müsse man deshalb Stellung nehmen, sondern gegendas ganze System, das die zu Tage getretenen Mißstände zeitigt. DieVersammlung fand in dem großen Saal der Brauerei Friedrichshainstatt. Genossin Braun und Genosse Stadthagen referirten über„DieHeiligkeit der Familie in Theorie und Polizeipraxis". Nachden am Schlüsse der Redaktion dieser Nummer vorliegenden telegraphischen Nachrichten war die Versammlung von mehr als 3000Personen besucht und nahm einen glänzenden Verlauf. Einen ausführlicheren Bericht über die imposante Kundgebung bringen wir innächster Nummer.Die erste Konferenz der sozialdemokratischentschecho-slavischen Frauen.Die erste Konferenz der tschecho-slavischen Sozialdemokratinnenhat, wie wir bereits mittheilten, am 25. und 26. Dezember 1897 inBrünn getagt. Beschickt war dieselbe von den Organisationen dertschechischen Sozialistinnen in Pilsen, Prag, Wien, Kuttenberg,Kanitz, Wischau, Wittkowitz, Mährisch-Ostrau, Polnisch-Ostrau, Michalkowitz, Plößnitz, Koppitz, Königsfeld, Kladnound Brünn. Der sozialistische Gedanke hat also unter der proletarischen Frauenwelt der bedeutendsten böhmisch-mährischen Industriezentren festen Fuß gefaßt. Erklärlich genug. Wo immer der Kapitalismus sich entwickelt und die Proletarierin als Lohnsklavin unmittelbar unter das Joch seiner Ausbeutung zwingt, da drängt sichauch den Frauen der werkthätigen Masse die Ueberzeugung auf, daßeine allseitige Entwicklung und Bethätigung ihrer Kräfte einzig undallein möglich ist nach dem Sturz der kapitalistischen Ordnung undin einer sozialistischen Gesellschaft. Und dieser Ueberzeugung entsprechend tritt an Stelle des Kampfes gegen den Mann in einernichts-als-frauenrechtlerischen Bewegung der Kampf zusammen mitdem Proletarier in der allgemeinen sozialistischen Bewegung gegendie kapitalistische Gesellschaftsordnung. So war auch der Zweck dereinberufenen Konferenz keineswegs, eine Sonderorganisation undSonderbewegung der tschechischen Genossinnen zu schaffen, diesegleichsam als„Staat im Staate" innerhalb der tschechischen Sozial-Was die Revolution für die Frauen thak.Von E. Bellamy.(Fortsetzung.)„Um die ganze ungeheuere Verpflichtung zu ermessen, welchedie Frau der Revolution gegenüber hat", fuhr der Doktor fort,„muß man festhalten, daß die Sklaverei, aus welcher die sozialeRevolution das weibliche Geschlecht erlöst hat, unvergleichlich schwererund verächtlicher war, als irgend eine Knechtschaft, die der Menschjemals seinem Mitmenschen auferlegte. Die Frau war nicht nurunter ein Joch gezwungen, sie trug ein dreifaches Joch. Ein Jochtrug die Masse der Frauen gemeinsam mit der Masse der Männer:das Joch der Klassenherrschaft der Reichen. Die anderen beiden Formender Knechtschaft aber drückten nur sie. Da war zunächst die persönliche Unterwerfung der Frau, nicht nur in geschlechtlicher Beziehung,sondern in all ihren LebenSäußerungen, unter den Mann, vondem ihre Existenz abhing. Schließlich schleppte sie ein intellektuellesund moralisches Joch. Die Sklaverei und Enge, in der sie lebte,drückte all ihrem Denken, Sprechen und Handeln ein einförmigesGepräge auf, ließ es zu einer Reihe von Traditionen und konventionellen Lügen werden, die alles zurückdrängten, was kraftvoll und persönlich war, und die ihr inneres und äußeres Lebenin eine Zwangsjacke einschnürten. Die geistig-sittliche Knechtschaftlastete schwerer als jedes andere Joch auf der Frau, und ihreFolgen waren die verhängnißvollsten. Sie trafen unmittelbar dieFrauen selbst und dann mittelbar, in Folge der Erniedrigung derMütter, das ganze Menschengeschlecht. Das Seelenleben desWeibes erstarrte, sein Geistesleben verknöcherte oder starb ab, unddemokratie zusammenzuschließen. Vielmehr handelte es sich darum,Mittel und Wege zu finden, wie die proletarischen Frauenorganisationen im engen Anschluß an die Organisation der Genossen undin steter Fühlung mit ihr immer breitere Schichten des weiblichenProletariats für den Sozialismus gewinnen können. Der Konferenzwohnte denn auch ein Vertreter des Exekutivkomiles der tschechischenSozialdemokratie bei, Genosse Krapka, sowie ein Vertreter des erstenmährischen Wahlkreises. Ebenso wenig wie ein Gegensatz bestehtzwischen Genossen und Genossinnen, besteht ein solcher zwischen dentschechischen und den deutsch-österreichischen Sozialistinnen. Derbittere, fanatische Nationalitätenhader, der in Oesterreich die besitzenden Klassen trennt, und der erst kürzlich zu den wildesten Greuelnführte, er findet keine Statt bei den Kämpfern und Kämpferinnen füreine neue Welt, die den Nationalitäten wie den Personen ihr Selbstbestimmungsrecht verbürgt. Die Organisation der deutschen Sozialistinnen von Brünn war durch eine Delegirte auf der Konferenzvertreten.Den Vorsitz führten die Genossinnen Krapka(Wien) und Eicha(Proßnitz); Schriftführerinnen waren die Genossinnen Dworschak(Pilsen) und Streit(Brünn). Die Konferenz hatte drei Punkte zuerledigen: 1. Prinzipielle Stellungnahme; 2. Organisationund Taktik; 3. Presse.Ueber den ersten Punkt der Tagesordnung referirte GenosseKrapka. Nach lebhafter Debatte, an der sich nahezu alle Genossinnenbetheiligten, wurde nachstehende Prinzipienerklärung einstimmig zumBeschluß erhoben:Die privatkapitalistische Produktionsweise hat an der Lage derFrau, die Jahrhunderte hindurch in wirthschaftlicher, körperlicherund geistiger Knechtschaft gehalten wurde, nichts gebessert, sie hat vielmehr diese Rechtlosigkeit der Frau noch bedeutend verschärft.Die Frau blieb auch fürderhin eine Sklavin zweier rücksichtsloser Bedrücker— des Kapitalismus und des Mannes, welcher Zustand die Frau zu einer Puppe degradirte, deren einziges Strebendarauf gerichtet war, dem Manne zu gefallen, ihn für sich zu gewinnen, ihm Kinder zu gebären.All diese Verhältnisse zusammengenommen machen die Frauunfähig, sich gegen diese Vergewaltigungen zur Wehr zu setzen.Alle Bemühungen, die Frau aus dieser unwürdigen Lage herauszureißen, haben trotz aller Reformversuche nicht zum Ziele geführt,weil die Reformatoren die Hauptursache der Abhängigkeit der Frau,die in der gesellschaftlichen Einrichtung des Privateigenthums anProduktionsmitteln wurzelt, nicht erkannten. Auch die in neuererZeit von bürgerlicher Seite wiederholt unternommenen Versuche, einewenigstens theilweise Befreiung der Frauen herbeizuführen, habensich als unzulänglich erwiesen, einestheils weil es den bürgerlichenIdeologen an entsprechendem Verständniß für eine so hochwichtigeman berief sich dann auf die rückständige und niedrige Eniwick-lung, als auf eine plausibele Rechtfertigung dafür, daß man dieFrau als ein untergeordnetes Wesen behandelte. Auf die rückständige Entwicklung der Frau als ans den Grund ihrer sozialenEntrechtung verwiesen Männer, die nicht einsichtsvoll genug waren,um zu begreifen, daß die Erscheinung, mit der sie die Unterdrückungrechtfertigen wollten, eben die Folge jener Unterdrückung war.„Die Erklärung für die Unterwerfung der Frau unter Gesetze,die thatsächlich Gesetze für Sklaven waren,— Gesetze, nur fürdas weibliche Geschlecht verbindlich, von den Männern verspottetund verlacht— liegt in der Thatsache, daß die Hoffnung auf einbequemes Leben für jede Frau darin bestand, die Gunst einesMannes zu gewinnen, der ihr ein solches Leben bieten konnte.Nun war es unter Euerer Gesellschaftsordnung vortheilhaft fürJemand, der Beschäftigung suchte und vorwärts kommen wollte, daßer wie sein Brotherr dachte und sprach. Immerhin wurde aber eingewisser Grad von Unabhängigkeit im Denken und Handeln— soweit diese den herrschenden Klassen nicht unbequem wurde— nichtselten den arbeitenden Männern von ihren ökonomischen Herrengelassen, denn diese bedurften der Arbeiter. Die Beziehungendagegen zwischen der Frau und dem Manne, der sie versorgte,waren weit drückenderer Natur. Die Frau niußte für diesen Mann,wie Euere Diplomaten zu sagen pflegten, persona ssrata sein. Umihn anzuziehen und zu fesseln, niußte sie ihm persönlich gefallenund angenehm sein, durfte sie mit ihren Ansichten und ihrem Benehmen seinen Geschmack und seine Vorurtheile nicht verletzen. Erwürde ihr sonst sofort eine andere vorgezogen haben. Während einesKnaben Erziehung darauf abzielte, ihn zu befähigen, sich im Lebenzurechtzufinden und Tüchtiges zu leisten, verfolgte die Erziehung