lichen Geschlechts in das Blachfeld des politischen Kampfes herabgestiegen. Und wo es für seinen im Lenzesbrausen des Klassenstreits nahenden Märzen in der Schlacht steht, da kämpft deshalb die aufgeklärte Frau des Volkes mit ihm. Sie, welche des Lebens schwere Noth aus einer willfährigen Sklavin zur kühnen Freiheitskämpferin umhämmert, grüßt den Ehrentag der Revolution, grüßt die gefallenen Freiheitshelden mit dem Rufe: Vorwärts zu neuen Kämpfen, vorwärts zu neuen Siegen! Erklärung. Frl. vi. zur. Anita Augspurg antwortet in Nr. S der„Frauenbewegung" vom I.März unter der Stichmarke„Doch nicht!" auf den Artikel:„Ein unernsterVorschlag zu einer ernsten Sache." (Nr 4 der„Gleichheit" vom 16. Februar.) Sie verwahrt sich insbesondere gegen die ihr vorgeworfene Inkonsequenz, betreffs der Erringung des Wahlrechts zu den Gewerbegerichten die Arbeiterinnen auf den Weg der„praktischen Geltendmachung des Rechts" zu verweisen, dagegen das Recht der Frauen, als Schöffen Laiengerichten anzugehören, durch eine Petition an den Reichstag erlangen zu wollen. In Folge meiner Abwesenheit auf einer Agitationstour in der Schweiz ist mir leider die betreffende Nummer der„Frauenbewegung" zu spät zugegangen, als daß ich in dieser Nummer der„Gleichheit" auf Frl. Augspurgs Ausführungen antworten könnte. Aber aufgeschoben, ist nicht aufgehoben. In nächster Nummer werde ich den Beweis erbringen, daß ich betreffs der Bestimmungen über die Laiengerichte nicht so unwissend bin, als Frl. Augspurg anzunehmen scheint, und daß ich mithin meine Werthung ihrer lustigen Inkonsequenz, die hier mannhaft zur„praktischen Geltendmachung des Rechts" räth, dort den Weg des sanften Bittgangs beschreitet, durchaus aufrecht zu hqlten vermag. Luzern , den 11. März 1898. Klara Zetkin . Aus der Bewegung. Bon der Agitation. Eine Agitationstour in Sachsen für d enVerband derTextilarbeiter und-Arbeiterinnen unternahm Genossin Greifen b er g-Berlin in derZeit vom IS. Januar bis 6.Februar. Versammlungen fanden statt in: Freiberg . Großenhain , Bautzen Pegau , Giebichenstein, Leisnig , Crimmitschau , Werdau , Kirchberg, Lunzenau , Oelsnitz, Reichenbach 1. V., Zwickau , Netzschkau , Glauchan, Hohenstein, Mittweida , Penig , Limbach und Göppersdorf bei Burgstädt . Sämmtliche Versammlungen waren sehr gut besucht, insbesondere zahlreich fanden sich überall die Arbeiterinnen ein. In Kirchberg steht den Arbeitern kein Saal zur Verfügung, sie müssen sich mit einem kleinen Zimmer begnügen, in das die Behörden mit Einschluß des Ueberwachenden und des Referenten nur dreißig Personen zulassen. Es waren deshalb zwei Versammlungen angemeldet worden. Die herbeigeströmten Arbeiter und Arbeiterinnen fanden trotzdem und trotz Zuhilfenahme der Nebenräumlichkeiten nicht Platz. Die Referentin sprach über folgende Fragen:„Die Frau in der Industrie und in der Familie",„Arbeiterund llnternehmerverbände",„Die Lage der Textilindustrie und die Frauenarbeit",„Zweck und Nutzen der Gewerkschaftsorganisation". In zwanzig Versammlungen hatte die Rednerin die angegebenen Fragen behandelt, ohne daß in der Folge die„Ordnung" des sächsischen Staats aus Rand und Band gegangen wäre. Offenbar aber stand diese Ordnung in etlichen Städten auf schwächeren Füßen wie sonst wo. Betreffs der geplanten Versammlungen in Frankenberg, Annaberg und Buch holz hieß es, daß der Mensch denkt, doch eine hochlöbliche Behörde lenkt: sie wurden verboten. In Frankenberg gab der Stadtrath folgende Begründung des Verbots: „Nach dem Ergebnisse der Erörterungen hat die Kartonarbeitersehefrau Marie Greifenberg, geborene Fein, welche als Agitatorin für die sozialdemokratische und insbesondere die Frauenbewegung vielfach Reisen unternimmt und in öffentlichen Versammlungen Vorträge hält, bisher in besonderer Schärfe die besitzende Klasse angegriffen und dadurch bereits mehrfach Anlaß zur polizeilichen Auflösung der Versammlungen gegeben. Da hienach zu erwarten ist, dieselbe werde auch in dem für den 1. Februar dieses Jahres angekündigten Vortrage„die Entwickelung und Lage der Textilindustrie und die Frauenarbeit" in derselben Weise wie bei früheren Gelegenheiten die Arbeitgeber angreisen, hierdurch aber verschiedene Klassen der Bevölkerung in einer den öffentlichen Frieden gefährdenden Weise gegen einander öffentlich anreizen, so wird die von dem Weber Franz Hermann Engelmann hier für den 1. Februar ds. Js., Abends halb 9 Uhr, in den Saal des„Stadtparkes" einberufene öffentliche Versammlung, in welcher der bezeichnete Vortrag gehalten werden soll, auf Grund von Z S des Gesetzes, das Vereins- und Versammlungsrecht betreffend, vom 22. November 18S0 verboten." Das Verbot der Versammlung in Buchholz und Annaberg erfolgte laut einer ebenso unstichhaltigen, als in greulichem Deutsch verfaßten Begründung. Es hieß darin: „Bezüglich der als Referentin für die Tagesordnung der auf heute Abend halb 9 Uhr einberufenen öffentlichen Versammlung angezeigten verehelichten Kartonarbeiter Marie Greifenberg aus Berlin haben die angestellten Erörterungen ergeben, daß sie eine eifrige Agitatorin für sozialdemokratische Bestrebungen ist, insbesondere in der Richtung, die weibliche Arbeiterschaft für diese Bestrebungen zu gewinnen und gegen die Arbeitgeber aufzureizen; sie unternimmt zu diesem Zweck vielfach Reisen und ist in verschiedenen sächsischen Städten als„Referentin" für die in öffentlichen Versammlungen als Vortragsgegenstand angezeigten sozialpolitischen Fragen aufgetreten; hierbei ist ihre Ausdrucksweise eine so scharfe gewesen, daß wegen der darin gefundenen Verstöße gegen die einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen mehrfach Versammlungen aufgelöst worden sind. Diese Thatsachen, im Zusammenhange mit der weiteren, daß der Einberufer der Versammlung als ein Anhänger sozialdemokratischer Bestrebungen bekannt ist, und im Hinblick darauf die gewählte Tagesordnung rechtfertigen die Annahme, daß die Versammlung nicht nur dazu dienen soll, die Erschienenen über Mittel und Wege, wie sie ihre materielle Lage verbessern können und dergleichen zu belehren, sondern zugleich die verschiedenen Bevölkerungsklassen gesetzwidriger Weise gegen einander aufzureizen, und es erscheint daher eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Ruhe gegeben. Die auf heute Abend auf halb 9 Uhr nach dem Gasthofe„Zum deutschen Kaiser" hier einberufene öffentliche Versammlung wird daher auf Grund von 8 12 des Vereinsgesetzes verbunden mit 8 7 der Ausführungsverordnung zu diesem Gesetze hiermit verboten." Gegen beide Verbote wurde Berufung bei der Kreishauptmannschaft in Zwickau eingelegt. Uebrigens hat das Vorgehen des Stadtraths nur agitatorisch und„aufreizend" gewirkt. In Annaberg und Buchholz haben sich mehr als fünfzig Arbeiter und Arbeiterinnen dem Verband der Textilarbeiter angeschlossen. Der Umstand, daß man Genossin Greifenberg nicht sprechen ließ, machte ihnen die That- sache klar, daß die proletarischen Männer und Frauen in der heutigen Gesellschaft ausgebeutet und an dem Gebrauch ihres Rechtes gehindert werden, brachte sie zu der Erkenntniß, daß sie sich organisiren müssen, um vereint wirthschaftliche Ausbeutung und politische Knechtung zu bekämpfen. Trotz aller reaktionären Kniffe und Pfiffe bethätigen gerade in Sachsen die Arbeiter und Arbeiterinnen überall den schönen Spruch:„Vorwärts geschritten und muthig gestritten." N. C. In Gießen , Neu-Isenburg , Frankfurt a. M., Bocken heim , Darmstadt und Höchst a. M. fanden in der ersten Hälfle Februar Volksversammlungen statt, in denen Genossin Ihr er-Pankow über:„Die Heiligkeit der Familie in Theorie und Praxis" referirte. In Gießen entspann sich im Anschluß an das Referat eine lebhafte Debatte über Frauenbelehrung und Kindererziehung, während in dem Jndustrieorte Neu-Isenburg in der Diskussion gewerkschaftliche und Organisationsfragen erörtert wurden. In Frankfurt war der geräumige Meriansaal um 3'- Uhr bereits wegen Ueberfüllung polizeilich abgesperrt. Nach dem Referat forderte Genosse Trompeter die zahlreich anwesenden Frauen auf, sich rege an der kommenden Wahlagitation zu betheiligen, sowie auch ihren Verein auszubauen, ihm neue Mitglieder zuzuführen. In einer nachfolgenden Besprechung beriethen die Genossinnen über eine zweckentsprechende Wirksamkeit ihres Vereins. Sehr zahlreich waren die Bockenheimerinnen der Einladung zur Versammlung gefolgt; reicher Beifall wurde der Rednerin für ihre 1'/, stündigen Ausführungen. In Darmstadt war ein großer Saal für den Abend nicht zu haben, in der Folge drängten sich im übervollen Lokal unseres Genossen Kramer die Besucher. Unter ihnen befand sich auch ein antisemitischer Landtagsabgeordneter, der es jedoch einem jüngeren Gesinnungsgenossen überließ, der Referentin in einigen Punkten entgegenzutreten, die er für Uebertreibungen erklärte. Die gebührende Abfertigung erfuhr der Herr durch die Re- ferentin, wie durch die Genossen Müller und Kramer; immerhin war man dem Gegner dankbar für die sich sehr interessant gestaltende Debatte. Auch in Höchst a. M. hatte sich eine zahlreiche Zuhörerschaft eingefunden; es drehte sich hier die Debatte besonders um die traurigen Zustände in den Fabriken, in denen einige hundert Arbeiterinnen beschäftigt sind. Wir werden in einem eingehenden Bericht darauf zurückkommen. K. 4.
Ausgabe
8 (16.3.1898) 6
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