Es mag sei», daß der eine oder der andere Beschluß sich nicht als praktisch erweist, war es doch die erste Konserenz, welche die öster­reichischen Arbeiterinnen abhielten. Hervorgehoben muß aber werde», daß der Gesammteindruck der Berathungen auf den unbefangenen Beobachter ein sehr guter war. Die Frauen, welche die Spuren schwerer Arbeit und harter Entbehrung in ihren bleichen Zügen trugen, verhandelten so ernst, so sachlich und klar, daß sie das Märchen von der angeborenen Unterbürtigkeit des weiblichen Ge­schlechts Lügen straften. Und welch gute Rednerinnen waren fast alle der Zeit ihres Lebens stiefmütterlich behandelten Proletarierinnen! Welch ergreifende und dann wieder begeisternde Töne waren ihnen eigen! Noch ein Umstand muß betont werden. Während der zwei Tage dauernden Berathungen war auch nicht eine Spur zu entdecken von einer Vermischung der Arbeiterinnenbewegung mit der bürgerlichen Frauenbewegung. In Oesterreich   bedarf es nicht erst einer Scheidung zwischen bürgerlicher und proletarischer Frauenbewegung, weil hier nie eine Gemeinsamkeit vorhanden war. Unsere Arbeiterinnen standen von der ersten Stunde ihres Eintretens in das öffentliche Leben an ausgesprochen auf dem Boden des Klassenkampfes, in den Reihen der sozialdemokratischen Partei. Wer von den sozialdemokratischen Arbeiterinnen als Gleiche angesehen werden will, muß energisch und rückhaltslos den Kampf in Reih und Glied der Sozialdemokratie führen. Wenn es auch in Folge der Geschlechtssklaverei manche Berührungspunkte zwischen den Bestrebungen der Frauen aller Stände giebt, so haben doch die Arbeiterinnen so viele nur von der Proletarier­klasse zu erduldende Leiden zu tragen, daß sie keinen Schritt vom Boden des Klassenkampfes abweichen können. Der Kampf der Prole­tarierinnen gegen ihre Unterdrückung und Rechtlosigkeit als Frauen muß gemeinsam mit dem Kampfe gegen die Unterdrückung des Prole­tariats als Klasse geführt werden. Diese Auffassung war es, die auf der Konferenz unverkennbar zum Ausdruck gelangte, von ihr waren alle unsere Genossinnen durchdrungen. Dem Reichskomite wird es nun obliegen, das begonnene Werk nicht verfallen zu lassen, sondern ernste Arbeit zu leisten zum Gedeihen der proletarischen Arbeiterinnenbewegung. Jeder Fortschritt der Proletarierinnen eines Landes bedeutet einen Fortschritt für die prole­tarische Sache überhaupt. Mit gutem Willen und vereinten Kräften wird es uns gelingen, unserer großen Aufgabe nachzukommen. Wien  . Adelheid Popp  . Aus der Bewegung. Pon der Agitation. In Berlin   und Umgegend hielt Genossin Zieh- Ha m bürg in den letzten Wochen zehn sehr gut be­suchte und erfolgreiche Agitationsversammlungen ab. Die Referentin sprach überDie politische Lage und die bevorstehenden Reichstags­wahlen";Die lex Heinze";Das sozialpolitische Programm des Grafen Posadowsky";Die moderne Sklaverei". Ihre Ausführungen wurden überall mit Kundgebungen der Zustimmung und mit leb­haftem Beifall aufgenommen. Man muß daraus schließen, daß Ge­nossin Zieh, die zum ersten Male in Berlin   sprach, nicht blos durch Inhalt und Form ihrer zündenden Reden das Publikum zu fesseln wußte, sondern auch, daß die proletarische Frauenwelt Berlins   im bevorstehenden Wahlkampf ihre volle Schuldigkeit thun wird, wie sie in der Vergangenheit stets ihre volle Schuldigkeit gethan hat. >1. Im Hamburger   Landgebiet, in Zollenspieker, Seefeld  , Allermöhe  , Howe und Moorwärder, fanden kürzlich Volksver sammlungen statt, die sich besonders an die Frauen wendeten. In allen Versammlungen sprach Genossin Zietz-Hamburg überDie gegenwärtige politische Lage und die bevorstehenden Reichstagswahlen". Sämmtliche Versammlungen waren sehr gut besucht, in zwei Ver­sammlungen bildeten die Frauen die Mehrzahl. Es war eine Freude zu sehen, mit welcher Spannung und welch regem Interesse besonders die Frauen den Ausführungen der Referentin folgten, die sich auch alle Mühe gab, ihre Ausführungen in leichtverständliche Worte zu kleiden. Es war dies um so mehr nöthig, da in der Gegend einerseits verhältniß mäßig nur selten Versammlungen stattfinden können, und da es anderer­seits das erste Mal war, daß Frauen die Versammlung besuchten. Es scheute sich bisher eine Frau vor der andern, einer Versammlung beizuwohnen. Als es aber hieß, eine Frau kommt als Referentin, und als in der ersten Versammlung wenigstens einige Frauen von aktiven Genossen anwesend gewesen, da �var das Eis gebrochen, so daß in der zweiten und dritten Versammlung schon die Frauen die Mehrzahl bildeten. Der reiche Beifall, der am Schluß der Ausfüh­rungen gespendet wurde, sowie die lebhafte Diskussion bewiesen, daß die Anwesenden der Auffassung der Rednerin beipflichteten. Hoffent­lich erntet die Sozialdemokratie bei den kommenden Reichstagswahlen die Früchte des ausgestreuten Samenkorns. Hoffentlich bethätigen im Verlauf des Wahlkampfs auch die Frauen der Gegend die ge­wonnene Erkenntniß. Denn wenn es ihnen auch nicht vergönnt ist selbst zu wählen, so ist doch ihr Einfluß auf die Männer nicht zu unterschätzen. I.. In einer noch recht schwarzen Ecke unseres Vaterlands, im Rheinland  , hielt Genossin Zietz-Hamburg vom 3.-12. April eine Reihe von Versammlungen ab. Dieselben fanden statt in Köln  , Nippes  , Kalk, Krefeld  , Aachen  , Mühlheim a. d. Ruhr und Duisburg   und waren sehr gut besucht. Besonders in Aachen  , Köln   und Kalk waren die Frauen stark vertreten. Dem Wunsche der dortigen Genossinnen und Genossen entsprechend, sprach Rednerin über folgende Fragen:Die lex Heinze",Was erwarten die Frauen von den bevorstehenden Reichstagswahlen" undDie politischen Par­teien und die Frauen." Die gespannte Aufmerksamkeit, mit welcher die Anwesenden den Ausführungen lauschten, sowie der rauschende, minutenlange Beifall am Schluß der Referate bewiesen, daß auch im Rheinland   das Interesse und das Verständniß für unsere Ideen fortgesetzt zunehmen, daß auch hier, trotz aller Liebesmüh seitens der Pfaffen und der Polizei, der Sozialismus immer festere Wurzeln schlägt und immermehr an Anhängerzahl gewinnt. Besonders in Aachen  war nach den skandalösen Vorgängen bei der Beerdigung des Ge­nossen Krehwinkel der gute Versammlungsbesuch und das rege Inter­esse an den Ausführungen hocherfreulich. Oder sollten diese Vor­gänge nicht Manchem die Augen geöffnet haben? I.. Eine Agitationsversammlung der Handlungsgehilfinnen von München   fand Mitte März statt. Genossin Zetkin   sprach über Die Lage der weiblichen Handelsangestellten". Ihre Ausführungen wurden oft von stürmischem Beifall unterbrochen und der in ihnen dargelegte Standpunkt wurde am Schluß durch eine Resolution ge­billigt. Dieselbe fordert behufs Hebung der Lage der Handlungs­gehilfinnen eine gewerkschaftliche Organisation, die auf dem Boden der modernen Arbeiterbewegung steht, sowie durchgreifenden gesetz­lichen Schutz, Beschränkung und Regelung der Arbeitszeit, Vorschriften betreffs der sanitären Beschaffenheit der Arbeitsräume, Ausdehnung der Gewerbeaufsicht auf das Handelsgewerbe und Anstellung weib­licher Aufsichtsbeamten, Ausdehnung der Kompetenz der Gewerbe­gerichte auf das Handelsgewerbe-c. Die Versammlung war sehr gut besucht, auch seitens der Frauen. Es war nämlich seit Jahren die erste Versammlung, welche die Polizei gestattete, obgleich eine als Sozialdemokratin bekannte Frau sprach. Leider aber waren die Handlungsgehilfinnen nur in verschwindender Minderheit in der im­posanten Versammlung vertreten. Eine rege Thätigkeit entfaltet fortgesetzt der Arbeiterinnen- Bildungsverein Dresden  . Außer den gewöhnlichen Vereinsversamm­lungen hielt er mehrere öffentliche und Wanderversammlungen ab, welche die sozialistische Auffassung von der Befreiung der Arbeiter­klasse und des weiblichen Geschlechts in weitere Kreise der prole­tarischen Frauenwelt getragen haben. In einem anregenden Referat gab Genosse Hemke einen Ueberblick überDie Gewerkschaftsbewegung in den letzten zehn Jahren". An seine Ausführungen knüpfte eine lebhafte Debatte an, die sich hauptsächlich um die Höhe der Beitrags­leistungen und um das Verhältniß zwischen gewerkschaftlicher und politischer Bethätigung des Proletariats drehte. Agitatorisch wirk­sam war auch die Versammlung, in der Genosse Braune über das Thema referirte:Die Schule, wie sie ist, und wie sie sein sollte". Das Gleiche gilt von der Versammlung, in der Genossin Eichhorn überDas Koalitionsrecht und die Posadowskyschen Erlasse" sprach. In Anschluß an die scharfen, packenden Ausführungen der Referentin wurde eine Resolution angenommen, die sich energisch gegen jede Verkümmerung des Koalitionsrechts der Arbeiter und Arbeiterinnen wendet. Die Unterstützung, welche die Sozialdemokratie in dem nächsten Wahlkampf seitens der Dresdener   Proletarierinnen sicher erwarten kann, wird zeigen, daß das Wirken des Arbeiterinnen- Bildungsvereins ein erfolgreiches ist. Sek. Der vor zwei Jahren gegründete Arbeiterinnenverein vonHorgen bei Zürich   verspricht eine gedeihliche Entwicklung. Er wird von Prole­tarierinnen geleitet, umfaßt hauptsächlich Arbeiterinnen der Seiden­industrie und findet thatkräftige Unterstützung seitens der Genossen. Der Verein hat kürzlich einen Agitationsplan berathen und ange­nommen, der den Zweck verfolgt, die hart ausgebeuteten Arbeite­rinnen der Gegend in größerer Zahl der Organisation zuzuführen. Besondere Erwähnung verdient der Geist internationaler Solidarität, der in dem Verein lebendig ist. So beschloß der Verein z. B. kürzlich, die Gemeinsamkeit der Interessen und des Zieles mit den deutschen Ge­nossinnen dadurch zu bethätigen, daß er dem Wahlfonds der deutschen Genossen in der Schweiz 5 Frcs. überwies; die Mitglieder zeichneten außerdem zu dem gleichen Zwecke auf eine Sammelliste. Ein kräftiges Bravo den Horgener Genossinnen, welche die Solidarität aller Aus-