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der Universität einzuräumen, dazu sind wir in keiner Weise geneigt. Es würde das zu Konsequenzen führen, welche wir jetzt gar nicht übersehen können. Es würde auch schließlich dazu führen, daß in politischer Beziehung eine vollständige Gleichberechtigung und Gleich­stellung der Frauen mit den Männern herbeigeführt würde, und das ist es, was wir durchaus nicht wollen."

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Das also ist des Pudels Kern. Man fürchtet, daß den Frauen, wenn ihnen die Gymnasialbildung gewährt wird, wenn sie zum Ma­turitätsexamen und als vollständig Gleichberechtigte zum Universitäts­studium zugelassen werden, schließlich auch der Zutritt zu den öffent­lichen Aemtern und horribile dictu sogar zum Parlament nicht länger versagt werden dürfte, und das muß um jeden Preis verhindert werden. Man müßte, wie der Abgeordnete Dr. Glattfelter sagt, den Präsidenten bedauern, wenn wir im Parlament auch weibliche Mit­glieder in größerer Anzahl haben sollten allerdings ein durch­schlagender Grund gegen die politische Gleichberechtigung des weib­lichen Geschlechts. Und deshalb rufen die Herren der Regierung ein ,, principiis obsta" hüte Dich vor dem ersten Schritte zu, und die Regierung giebt ihren Forderungen nach, denn die Erfüllung auch des bescheidensten Wunsches der Frauen würde ja, wie der Minister Dr. Bosse sich geschmackvoll ausdrückte, einen niemals wieder rück­gängig zu machenden Schritt vorwärts bedeuten.

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Andere Staaten, sowohl deutsche   als außerdeutsche, sind Preußen in der Frage des Frauenstudiums weit voran. In Karlsruhe   und Wien  , um nur einige wenige Beispiele anzuführen, bestehen Mädchen­gymnasien. In Amerika   zuerkennen die Statuten der Stanford  - und Chicago  - Universität den Frauen ausdrücklich das Recht, nicht nur als Studentinnen zu lernen, sondern auch als Professorinnen zu lehren. In Ungarn   dürfen sich die Frauen als ordentliche Hörerinnen in der philosophischen und medizinischen Fakultät immatrikuliren lassen, vorausgesetzt, daß sie an einem Knabengymnasium eine den Regeln entsprechende Abiturientenprüfung abgelegt haben. In Eng­land, Frankreich   und Italien   ist den Frauen der Zutritt zu den Univer­sitäten gestattet, in Schweden   und Norwegen   studiren Frauen seit 1870, in der Schweiz   sind ihnen die Universitäten geöffnet, ja selbst das ,, unzivilisirte" Rußland   stellt in Sachen des Frauenstudiums den ,, Kulturstaat" Preußen   in den Schatten.

Angeblich fürchtet man in Preußen   aus dem gemeinschaftlichen Unterricht der männlichen und weiblichen Jugend, namentlich aus dem gemeinsam betriebenen medizinischen Studium, Unzuträglichkeiten. Aber, so äußert sich Professor Lassar ,,, wem fällt es in der ernſten Umgebung eines Hörsaals oder gar einer Klinik in den Sinn, per­

Herr Dernburg!" Sie war aufgesprungen. Zum ersten Male begegneten ihre großen leuchtenden Augen den seinen ganz und voll: Ich ich danke Ihnen."

Er behielt ihre kleine Hand in der seinen:" Welch' schöne Augen Sie haben, Fräulein Helene. Nein, Sie brauchen gar nicht roth zu werden, wirklich schöne Augen. Hat Ihnen das noch Niemand gesagt?"

Ich habe wenigstens noch nie darauf gehört." Sie hatte ihre Hand nun doch frei gemacht.

Er drohte lächelnd mit dem Finger:" So spröde?"

Ich habe allen Grund es zu sein", ihre Stimme bebte- ,, ich stehe ganz allein."

Sein Gesicht wurde ernst: Ich habe von Westhoff von Ihrer traurigen Jugend gehört. Armes Kind!"

In ihre Augen traten unwillkürlich Thränen: Herr West­hoff ist immer sehr gütig gegen mich, ein wirklicher Freund."

Wollen Sie mir nicht gestatten, das auch zu sein?" Er beugte sich zu ihr hinunter, seine Augen suchten mit einem warmen Aufleuchten die ihren: Lassen Sie uns Freunde werden, Fräulein Helene." Sie o Sie", ihre Stimme brach in einem Stammeln. Sie fühlte, wie es ihr warm zum Herzen stieg.

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Also auf gute Freundschaft, Fräulein Helene." Er drückte ihr die Hand. Ein warmer, inniger Händedruck. Sie fühlte ihn noch, als sie schon lange wieder auf ihrem Posten stand. Es war ihr überhaupt ganz sonderbar zu Muthe. Ein nie geahntes Glücks­gefühl flammte in ihrer Seele empor. Die ganze Welt schien ihr verändert, sonniger, glänzender zu sein.

Es ist nichts als Stolz über die Anerkennung, suchte sie das Klopfende Herz zu beschwichtigen; nichts als die Freude, daß mein Streben von Erfolg begünstigt war." D, meine kleine Blanche, heute würdest Du Dich nicht mehr mit Verachtung von mir wenden." ( Fortsetzung folgt.)

sönlichen Gedanken hiederer Art Raum zu geben? Wer dächte beim Krantendienst an den Unterschied der Geschlechter, wie harmlos ist das Zusammenarbeiten auch der jüngsten Aerzte mit dem weiblichen Hilfs- und Schwesternpersonal jeder denkbaren Verrichtung gegenüber!"

In der That hat man bisher nicht vernommen, daß irgendwo ein gemeinsames ernstliches Studium die üble Wirkung ausgeübt hat, die die Gegner des Frauenstudiums befürchten oder doch zu be­fürchten vorgeben. Der wahre Grund der Gegnerschaft gegen das Frauenstudium und gegen die moderne Frauenbewegung überhaupt ist eben, wie wir vorher bemerkt haben, ganz wo anders zu suchen. Das hat die Verhandlung im preußischen Abgeordnetenhause zur Genüge bewiesen. Einen Erfolg aber wird hoffentlich diese Verhand­lung haben. Sie wird auch den bürgerlichen Frauenrechtlerinnen endlich die Augen öffnen und ihnen klar machen, daß sie in Deutsch­ land   von der herrschenden Klasse eine Förderung ihrer Bestrebungen nicht zu erwarten haben, und daß sie, wenn sie wirklich ihr Ziel erreichen wollen, auf die Unterstützung der Arbeiterklasse angewiesen sind. Wie die Befreiung der Arbeiter nur das Werk der Arbeiter­klasse selbst sein kann, so wird auch die Befreiung der Frau von der Bevormundung des Mannes nur das Werk der Frauen selbst sein. Allerdings nicht das Werk einiger weniger Damen, sondern das der Frauen in der Gesammtheit, die Schulter an Schulter mit den Männern zu kämpfen haben für die Befreiung des Proletariats, für die Gleichheit alles dessen, was Menschenantlig trägt.

Die Magd.

Von Richard Dehmel  . Maiblumen blühten überall,

Er sah mich an so trüb' und müd' Im Faulbaum rief die Nachtigall: Die Blüthe flieht! Die Blüthe flieht! Von Düften war die Nacht so warm, Wie unser Blut so warm, wie unser Blut, Und wir so jung, so freudearm Und über uns im Busch das Lied, Das zuckende Lied: Die Gluth verglüht! Und Er so treu und mir so gut...

In Knospen schoß der wilde Mohn, Es sog die Sonne unsern Schweiß, Es wurden roth die Knospen schon, Da wurden meine Wangen weiß. Ums liebe Brot, ums theure Brot Floß doppelt heiß im Korn sein Schweiß; Der wilde Mohn stand feuerroth

Es war wohl fressendes Gift der Schweiß- Es ward auch seine Wange weiß; Und die Sonne stach im Korn ihn todt....

Die Astern schwankten, bleich am Zaun, Jm feuchten Wind die Traube schwoll; Im Hofe zischelten die Frau'n, Der Apfelbaum hing schwer und voll. Es war ein Tag so regensatt, Wie einst sein Blick so blaß und matt; Die Astern standen braun und naß, Vom gelben Blatt der Nebel troff; Da stieß man sie voll Hohn und Haß, Die sündige Magd, hinaus vom Hof...

Nun blüht von Eis der kahle Hain, Die Thräne friert im schneidenden Wind; Aus flimmernden Scheiben glüht der Schein Des Christbaums auf mein wimmernd Kind. Die hungernden Spatzen bettelnd schrei'n, Vom blanken Dach die Krähe krächzt; Am schlaffen Busen zitternd ächzt Mein Kind, und keiner läßt uns ein; Wie die Worte des Reichen, so scharf und weh Knirscht unter mir der harte Schnee.

So weh oh, bohrt es mir ins Ohr:

Du Kind der Schmach! Du Sündenlohn!

Und dennoch beten sie empor

Zum Sohn der Magd, zum Jungfrau'nsohn?... Oh, brennt mein Blut was that denn ich?

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War's Sünde nicht, daß sie gebar?

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Mein Kind, mein Heiland weine nicht: Ein Bett für Dich Dein Blut für mich. Von Himmel rieselt's silberklar: Wie träumt es sich so süß im Schnee. Was that denn ich? wie müd' und weh! War's Liebe nicht-? war's Liebe nicht?

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