Nr. 17.

Die Gleichheit.

8. Jahrgang.

Zeitschrift für die Intereffen der Arbeiterinnen.

Die Gleichheit" erscheint alle 14 Tage einmal. Preis der Nummer 10 Pfennig, durch die Post( eingetragen unter Nr. 2970) vierteljährlich ohne Bestellgelb 55 Pf.; unter Kreuzband 85 Pf. Jahres- Abonnement Mt. 2.60.

Stuttgart

Mittwoch, den 17. August 1898.

Nachdruck gauzer Artikel nur mit Quellenangabe gestattet.

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Juhalts- Verzeichniß.

Buschriften an die Redaktion der Gleichheit" find zu richten an Fr. Klara Bettin( Eißner), Stuttgart , Rothebühl­Straße 147, III. Die Expedition befindet sich in Stuttgart , Furthbach- Straße 12.

Aber es fehlt an genauen und zusammenfassenden Angaben über die Zahl der Arbeiterinnen, welche den verschiedenartigen gewerk­schaftlichen Organisationen angehören. Alles in Allem dürfte diese Zahl nicht sehr bedeutend sein. Polizeiallmacht und Juristen­weisheit haben fast alle Arbeiterinnenvereine zerschmettert, und zwar mit Vorliebe die kräftigsten derselben. Die meisten gewerkschaft­

Die gewerkschaftliche Organisation der deutschen Arbeiterinnen im Jahre 1897. Frauenarbeit in England. Von E. J- i. Zur Dienstbotenfrage. Von J. Zehdnicker. Bauernloos. Von Maria Konopnicka. ( Gedicht.) Feuilleton: Die Gleichstellung von Mensch und Thier in der Gesetzlichen Lokalorganisationen von Arbeitern können in Folge ihres gebung des Mittelalters.( Fortsetzung.) Der Egoist. Von Turgenjeff. Der Egoist. Von Turgenjeff. Notizentheil von Lily Braun und Klara Zetkin : Gewerkschaftliche Arbeiterinnen­organisation. Weibliche Fabrikinspektoren. Soziale Fürsorge für Kinder und Mütter. Frauenbewegung.

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Die gewerkschaftliche Drganisation der deutschen Arbeiterinnen im Jahre 1897.

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Die Generalkommission der Gewerkschaften Deutsch lands" hat kürzlich im Korrespondenzblatt"( Nr. 31 Die deutschen Gewerkschaftsorganisationen im Jahre 1897") ihren Bericht über den Stand der zentralisirten Gewerkschaften im letzten Jahre veröffentlicht. Das übersichtlich und sorgfältig zusammen­gestellte Material enthält auch genaue Angaben über die Zahl der in Zentralisationen gewerkschaftlich organisirten Arbeiterinnen. Die Bedeutung dieser besonderen Angaben liegt auf der Hand. Es ist überaus wichtig, einen zuverlässigen Ueberblick darüber zu erhalten, in welchem Umfange die deutschen Arbeiterinnen in die Gewerk­schaften einbezogen sind. Denn nicht nur daß in Deutschland die industrielle Frauenarbeit bereits zu einem bedeutenden Faktor des Wirthschaftslebens geworden ist. Wie aus der letzten Berufs­und Gewerbezählung, wie aus den Berichten der Fabrifinspektoren hervorgeht, dehnt sie sich vielmehr stetig noch weiter aus; sie ge­langt in größerem Umfang in den ihr bisher erschlossenen Berufen zur Anwendung, sie findet in neuen Gewerben Eingang. Angesichts dieser zahlenmäßig feststehenden Thatsachen ist die gewerkschaftliche Organisirung der Arbeiterinnen eine dringende Nothwendigkeit. Sie liegt im Interesse der Arbeiterinnen selbst, deren meist äußerst ungünstige Arbeits- und Existenzbedingungen Schuß gegen das ausbeutende Kapital heischen: Schutz seitens der Gesellschaft durch umfassende und wirksame gefeßliche Maßregeln; Schuß auf dem Wege der Selbsthilfe durch die Macht der gewerkschaftlichen Organi­sation. Die Organisirung der Arbeiterinnen liegt aber auch im Interesse der Arbeiter, für die es mit der steigenden Verwendung weiblicher Arbeitskräfte zur Lebensfrage wird, die lohnsenkenden Schmuskonkurrentinnen in geschulte Kampfesgefährtinnen zu wandeln.

Allerdings kann uns die sehr dankenswerthe Zusammenstellung der Generalkommission" fein ganz vollständiges Bild von dem gewerkschaftlichen Zusammenschluß der deutschen Arbeiterinnen geben. Ihre Angaben beziehen sich selbstverständlich nur auf die in 3en tralverbänden organisirten weiblichen Arbeitskräfte. Es eristiren aber eine Reihe von gewerkschaftlichen Lokalorganisationen, welche ebenfalls weibliche Mitglieder haben, oder auch nur solche um­schließen. Außerdem lassen sich neuerdings die Hirsch- Dunckerschen Gewerkvereine die Organisirung der Arbeiterinnen angelegen sein.*

* Ob einzelne der katholischen Arbeiterorganisationen auch weibliche Mitglieder haben, ist uns unbekannt. Die Vermuthung scheint indeß nahe­liegend, daß z. B. dem Verband der katholischen Textilarbeiter auch weib­liche Mitglieder angehören. In Köln ist im vorigen Jahre katholischerseits eine Organisation der Handlungsgehilfinnen gegründet worden.

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angeblich politischen" Charakters keine weiblichen Mitglieder auf­nehmen. Die Bestrebungen der Hirsch- Dunckerschen Gewerkvereine, die Arbeiterinnen zu organisiren, sind noch sehr jungen Datums. Und die einzige Organisation weiblicher Arbeitskräfte, die eine starke Mitgliedschaft aufweist der Hilfsverein für weibliche Angestellte in Berlin " trägt durchaus nicht einen ausgesprochen gewerkschaftlichen Charakter. Die Annahme ist deshalb wohl be­rechtigt, daß die weibliche Mitgliedschaft der Zentralverbände die große Mehrzahl der in Deutschland gewerkschaftlich organisirten Arbeiterinnen überhaupt darstellt.

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Was zeigt uns nun die von der Generalfommission" ver­öffentlichte Statistik betreffs der gewerkschaftlichen Arbeiterinnen­organisation?

Schon der oberflächlichste Blick auf die trockenen Ziffernreihen löst einen geradezu übermächtigen Eindruck aus: den des schroffen Gegenſazes zwischen der geringen Zahl der organisirten und der breiten Masse der nichtorganisirten Arbeiterinnen. Einem winzigen Inselchen in einem schier endlos sich dehnenden Meere gleicht das kleine Häuflein der gewerkschaftlich zusammengeschlossenen Lohn­sklavinnen. Die Genugthuung über die Erfolge, welche betreffs der Organisirung der Arbeiterinnen seither unter den größten Schwierigkeiten und mit bedeutenden Opfern erreicht worden sind, bricht in sich zusammen vor dem Bewußtsein der Riesenaufgabe, die es in dieser Hinsicht noch zu bewältigen gilt.

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Von den mindestens 101701 Arbeiterinnen, welche in den 56 in Betracht kommenden Berufsgruppen beschäftigt waren, ge= hörten 1897 nur 14644 Zentralverbänden an, das heißt 1,05 Prozent. Im Vorjahre hatte ihre Zahl 15265 betragen oder 1,17 Prozent. Von den in Anrechnung kommenden Arbeiter= massen waren 1897 dagegen 7,53 Prozent in Zentralisationen organisirt gegen 6,32 Prozent im Jahre 1896. Während also eine nicht unbeträchtliche Zahl von Arbeitern 64304 Organisationen 1897 zugeströmt ist, haben ihnen mehrere Hunderte von weiblichen Mitgliedern 621 den Rücken gekehrt. Nur 19 von den 56 Verbänden, welche der Generalfommis sion" anhängen, weisen eine weibliche Mitgliedschaft auf. Es sind dies drei mehr als im Vorjahre. Der Verband der Handlungs­gehilfen hat sich erst 1897 der Generalfommission" angeschlossen, und die Zentralisationen der Glasarbeiter und Konditoren zählten 1896 feine weiblichen Mitglieder. Schon der Umstand, daß in nicht mehr als in 19 Verbänden Arbeiterinnen organisirt sind, zeigt in scharfer Deutlichkeit, wie wenig noch der Organisations­gedanke die Massen der erwerbsthätigen Proletarierinnen erfeßt hat. Denn von den in Betracht kommenden 56 Berufsgruppen sind nur für die folgenden 6 keine weiblichen Berufsangehörigen verzeichnet: Bildhauer, Buchdrucker, Bureauangestellte, Lagerhalter, Schiffszimmerer und Xylographen. In den 31 anderen Bewerben sind dagegen weibliche Arbeitskräfte vorhanden, zu deren gewerk­schaftlicher Zusammenfassung noch nicht einmal die Anfänge sich zeigen. Dabei kommen aber nicht etwa nur Gewerbe in Betracht,

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