bemerkenswerth sind zwei Erscheinungen: die starke Zunahme der weiblichen Arbeitskräfte im Alter von 10-15 Jahren und die be deutende Abnahme der weiblichen Erwerbsthätigen im Alter von über 45 Jahren. Die Industrie stößt die älteren Arbeitskräfte als leistungsunfähig ab und ersetzt sie durch jüngere Kräfte. Die technische Entwicklung und die Profitsucht des Kapitalisten bewirken zusammen die ausgedehnte Verwendung sehr jugendlicher, billiger und williger Arbeitskräfte.

Miß Collet versuchte es, den Umfang festzustellen, in dem ver­heirathete weibliche Personen außerhalb des Hauses erwerbsthätig sind. Leider standen ihr genaue statistische Angaben darüber nicht zu Gebote. Miß Collet bediente sich deshalb des Nothbehelfs, von der Gesammtzahl der Arbeiterinnen die Zahl der Ledigen abzuziehen und den Ueberschuß als Verheirathete oder Witwen in Anrechnung zu bringen. Diese Berechnung könnte nur unter der Voraussetzung stimmen, daß alle ledigen Arbeiterinnen vor den verheiratheten beschäftigt sind, was doch keineswegs der Fall ist. Aus den erzielten ungefähren Schätzungen geht hervor, daß die Zahl der verheiratheten weiblichen Er­werbsthätigen im Abnehmen begriffen, aber immer noch hoch ist. Zumal gilt das Letztere von den großen Städten, wo die Hälfte der Frauen im Alter von 20-25 Jahren in Fabriken arbeitet. Uebrigens ist aus den vorliegenden Zahlen nicht zu ersehen, ob nicht blos die Zahl der ver­heiratheten Erwerbsthätigen abgenommen hat, sondern auch die Zahl der verheiratheten Frauen überhaupt. Bekanntlich geht in den meisten europäischen Ländern die Zahl der Eheschließungen zurück, für Be­urtheilung der einschlägigen Frage ist es aber unserer Ansicht nach vor Allem wichtig festzustellen, welcher Prozentsatz der verheiratheten Frauen erwerbsthätig ist, und wie sich Zu- oder Abnahme der Er­werbsthätigen zur Zu- oder Abnahme der Verheiratheten verhält. Miß Collet konstatirt für die Städte, bezw. Bezirke, wo sich unter den weiblichen Erwerbsthätigen eine große Zahl Verheiratheter und Verwitweter fand, eine auffallend starke Kindersterblichkeit. Eine solche war aber auch für etliche Bezirke zu verzeichnen, wo weniger verheirathete oder verwitwete Frauen erwerbsthätig waren.

Sehr interessant ist der Vergleich, den Miß Collet zwischen den Berufsarbeiterinnen von Nordengland und den Gelegenheits­arbeiterinnen von Südengland zieht. In Nordengland , dem Haupt­zentrum der hochentwickelten Tertilindustrie, besteht eine starke Nach­frage nach weiblichen Arbeitskräften. Sie wird durch die Einstellung lediger Arbeiterinnen nicht befriedigt. Die verheiratheten Frauen aber werden bis heutigentags durch die hohen Löhne angelockt, die sie in der nordenglischen Textilindustrie, zumal in der Baumwollen­

Die

Gleichstellung von Mensch und Thier in der Gesetzgebung des Mittelalters.

( Fortsetzung.)

Ein anderer Chronist, Felix Malleolus, erzählt in seinem ,, Tractatus de Exorcismis", daß zu seiner Zeit( 1451) der Bischof von Lausanne die Aale verflucht habe, weil sie die anderen Fische des Sees allzu stark belästigt hätten. Obgleich nun dieses Ana­thema sich als äußerst wirksam erwiesen, hätten sich doch Spötter über ein derartiges Verfluchen von Fischen lustig gemacht, und der Bischof habe sich daher an die Universität Heidelberg gewandt, die sich denn auch einstimmig mit sothaner Maßnahme einverstanden erklärt habe.

Zu der gleichen Zeit ward eine andere Diözese der Schweiz von fingerdicken Raupen mit schwarzen Köpfen arg heimgesucht. Im Winter( so erzählt Malleolus ) leben diese Thiere in der Erde und fressen dort die Wurzeln der Gräser und Kräuter so radikal ab, daß dann, wenn es Frühling wird, die Felder völlig kahl liegen. Im Sommer aber bekommen sie Flügel und schwingen sich damit auf die Bäume und Sträucher, um dort Blüthen und Früchte zu verzehren." Die Raupen wurden ob besagter Uebel­thaten vor Gericht geladen, aber wegen ihres gar so jugendlichen Alters fühlten sich die gerechten Richter bewogen, ihnen nicht nur den üblichen Offizialvertheidiger beizugeben, sondern obendrein auch noch einen Vormund. Diese Beiden wiesen nun darauf hin, daß ihre Schußbefohlenen doch schon seit undenklichen Zeiten in jener Gegend heimathsberechtigt seien, und wenn sie sich hier wirklich einmal eine Kleinigkeit zu Schulden kommen ließen, so handelten sie doch nicht etwa aus bösem Willen, sondern lediglich aus kind­lichem Unverstand. Das Alles möge ein hochweiser Magistrat doch ja recht reiflich erwägen, ehe er einen vielleicht zu harten Urtheils­spruch fälle. Und wirklich, das Ende vom Liede war, daß mit

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industrie, erhalten fönnen. Die Frauen in Nordengland betrachten deshalb die industrielle Thätigkeit nicht als einen zeitweiligen Noth­behelf, nicht als ein Mittel zur Gewinnung des Lebensunterhalts nur für die kurze Zeit vor ihrer Verheirathung. Weit mehr als die Führung der Hauswirthschaft erachten sie die Erwerbsarbeit als ihren Lebensberuf. Sie schaffen deshalb auch nicht für die niedrigsten Löhne, sondern halten auf hohe Lohnsätze, die ihnen ermöglichen, entweder etwas zu sparen oder aber ihre Lebenshaltung besser und angenehmer zu gestalten. Die verschiedenen Ursachen wirken zu­sammen und machen die nordenglischen Frauen zu tüchtigen Berufs­arbeiterinnen, welche Treffliches leisten, und deren Verwendung mit­hin der Industrie zum Vortheil gereicht. Anders liegen die Ver­hältnisse in Südengland . Hier ist die wirthschaftliche Entwicklung noch nicht so weit fortgeschritten, wie im Norden. Die Zahl der modernen Großbetriebe ist noch gering, die Nachfrage nach Dienst­boten größer als die nach Fabritarbeiterinnen, die Löhne der Letzteren sind niedrig. Die jungen Arbeiterinnen betrachten deshalb die Ehe als eine Erlösung von der industriellen Frohn, die ihnen als ein vorübergehendes Uebel erscheint und nicht als ein dauernder Beruf. Es fehlt ihnen an dem Anreiz, sich zu sehr leistungsfähigen Berufs­arbeiterinnen zu entwickeln. In den besser gestellten Schichten der Arbeiterschaft kommt es vor, daß die verheirathete Frau thatsächlich der Erwerbsarbeit enthoben bleibt, weil der Mann genügend ver­dient. Aber der Tod oder die Erwerbsunfähigkeit des Mannes, anderes häusliches Unglück bewirkt in vielen Fällen, daß auch die verheirathete Frau zur Wiederaufnahme der Erwerbsarbeit gezwungen ist. Sie nimmt dann meist und muß in Folge ihrer mangelhaften Leistungsfähigkeit nehmen was sich ihr an Verdienst bietet. In den schlechter gestellten Arbeiterschichten, wo der Mann geringen oder unregelmäßigen Verdienst hat, wird oft die Erwerbsthätigkeit der jungen Arbeiterin durch die Verheirathung gar nicht erst unter­brochen. Immerhin erweisen sich auch dann die südenglischen Frauen als weniger tüchtige Arbeiterinnen und ermangeln eines starken beruf­lichen Interesses an ihrer Thätigkeit. In dem einen wie dem anderen Falle sind in Südengland die verheiratheten Frauen teine tüchtigen Berufsarbeiterinnen, ihre Leistungsfähigkeit ist gering, ihre Verwen­dung der Industrie nicht förderlich.

Miß Collets Bericht enthält Angaben und Bemerkungen über die Löhne der Arbeiterinnen in der Baumwollen, Wollen- und Kamm­garnindustrie von Nordengland . Sie gelangt zu dem Schlusse, daß die Zahl der verheiratheten Arbeiterinnen mit der Höhe der Lohn­säge steigt, daß ihre Zahl dagegen sich vermindert, wenn die Löhne

den Rechtsvertretern der Raupen ein Vergleich abgeschlossen wurde, gemäß welchem die Letzteren ein ganz bestimmtes Stück Land an gewiesen erhielten, auf dem sie völlig nach freiem Ermessen schalten fönnten.

Aehnliches weiß Menabrea aus den Annalen des bekannten Weinorts St. Julien zu berichten:

Im Jahre 1545 wurden die dortigen Weinberge von einer Larve, Rhynchites euratus, arg heimgesucht. Die Gemeinde ver­langte vom Bischofsstuhl zu St. Jean de Maurienne Erfommuni­fation des Ungeziefers, erhielt hier aber den üblichen Bescheid, zu nächst einmal aufrichtig Buße zu thun und vor Allem den schon lange rückständigen Zehnten zu entrichten. Nun brachten die von St. Julien ihre Sache vor den Richter François Bonnivard, welcher auch den Insekten zwei Rechtsbeistände zuordnete. Ehe die An­gelegenheit selbst zum Austrag kam, war das Ungeziefer ver­schwunden. Da es aber bald wieder und zwar in weit größeren Massen auftrat und alle öffentlichen Kirchengebete und Prozessionen nichts nützten, wurde definitiv das ordentliche Gerichtsverfahren eingeleitet, in welchem Antoine Fillial als Vormund, Pierre Ram­baud aber als Rechtsbeistand die Interessen der Beklagten zu wahren hatten. Der erste Termin fand am 5. Juni statt. Hier­bei plaidirte Pierre Rambaud wie folgt: Erstens würden nur ver= stockte Sünder erkommunizirt, seine Klienten aber seien nicht ein­mal sämmtlich ordnungsgemäß vorgeladen worden; zweitens wären die Insekten vor den Menschen geschaffen worden, und Gottvater selbst habe es ihnen anbefohlen, fruchtbar zu sein, sich zu mehren und die Erde zu füllen, hierzu gehöre doch aber auch die genügende Nahrung; drittens sei es doch wohl auch nicht ganz richtig, un­vernünftige Thiere, welche nichts Anderes begangen, als ihrem thierischen Instinkt blind zu folgen, nun sofort zu erkommuniziren. Aber der energische Anwalt ging noch weiter. Indem er der gegnerischen Partei ihre Hauptbelastungsmomente gleich vornweg

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