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verhältnisse, Pastor Zeiß in Schwalenberg   in Lippe  , sagt darüber: Die 16stündige Arbeitszeit ist nicht nur für die Seele, sondern auch für den Körper eine Gefahr und eine Ungeheuerlichkeit. Die Lipper sind aber ein so gesunder Menschenschlag, daß die körperliche Schädi­gung ärztlich schwer zu konstatiren ist, obgleich die Zahl derer, welche, körperlich unter dem Durchschnitt veranlagt, an den Ueber­anstrengungen zu Grunde gehen, nicht klein ist." Ebenso führt der Düsseldorfer   Bericht aus, daß sich eine gesetzliche Beschränkung der Arbeitszeit als eine große Wohlthat für die Arbeiter erweisen

würde".

Im Regierungsbezirk Erfurt   sind es Steinbrüche, wiederum Ziegeleien und besonders kleinere Färbereien, in denen Arbeitszeiten von 13 und 14 Stunden vorkommen. Selbst Arbeitszeiten von 16­und 18stündiger Dauer wurden in kleinen Färbereien nachgewiesen und ein noch nicht 16 Jahre alter Lehrling gefunden, der regelmäßig zwischen 16 und 17 Stunden beschäftigt war". - Die in Defatur- und Appreturanstalten beschäftigten Arbeitskräfte müssen unter gesundheitlich ungünstigen Verhältnissen 15 bis 16 Stun den arbeiten. Zwar wurde zu Beginn des Jahres 1895 auf Drängen der Arbeiter, welche sich organisirt hatten, die Arbeitszeit in den meisten Anlagen auf 10 bis 11 Stunden täglich herabgesetzt, doch scheint diese Errungenschaft wieder verloren gegangen zu sein, da nur etwa 50 Prozent der Arbeiter organisirt sind." Ein schlagender Beweis dafür, daß eine kräftige und umfassende gewerkschaftliche Organisation der Arbeitskräfte die beste Bürgschaft für bessere Arbeits­bedingungen ist.

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Die Arbeiterinnen einer Holzschraubenfabrik hatten 11stündige Arbeitszeit. Der Beamte sagt, daß sie länger beschäftigt sind, als ihnen im Interesse ihrer Gesundheit zugemuthet werden kann, da jede Arbeiterin sechs Schneidebänke zu bedienen hat und die Arbeit im höchsten Grade abspannend und das Nervensystem angreifend wirtt." In der Textilindustrie sind die Arbeitszeiten fast durchweg lang und die Ueberstunden zahlreich. Auch kommen hier mannigfache Zuwiderhandlungen vor. Es ist bekannt, welche große Zahl von Arbeiterinnen gerade in der Textilindustrie beschäftigt ist. Umfang reiche Kreise von Arbeiterinnen werden deshalb durch die angeführten. Umstände berührt und haben unter ihnen zu leiden. Eine meist 12 bis 14stündige Arbeitszeit haben die Angestellten der Bade­anstalten, eine 12 bis 16stündige und längere die Wäschereiarbeite­rinnen. Wir erinnern hier an die Thatsachen, welche der Streik der Isenburger Wäscherinnen betreffs übermäßig ausgedehnter Ar­

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| beitszeit in die Deffentlichkeit brachte. Es berührt geradezu komisch, wenn der Aufsichtsbeamte für Köln   über 18- bis 20stündige Arbeits­zeit in Wäschereien sich folgendermaßen ausläßt: Es ist anzunehmen, daß Arbeitszeiten von 18 Stunden und darüber, auch wenn sie wöchentlich nur zwei bis dreimal vorkommen, den weiblichen Dr­ganismus auf die Dauer schädigen müssen, indessen ist diese Frage noch nicht genügend geklärt, um schon jetzt den Erlaß allge­meiner Bestimmungen zu begründen." Die Frage, ob 18stündige Arbeitszeit schädigend auf den Organismus wirken könne, nicht ge­nügend geklärt" diese Auffassung übersteigt denn doch das Maß der einem königlich preußischen Staatsbeamten erlaubten Verständniß­innigkeit für bestimmte Zusammenhänge. Diesem Urtheil gegenüber verbietet sich jedes weitere Wort, und es bleibt nur zu bedauern, daß einstweilen, da die Merkmale des Fabrikbetriebs fehlen, keine gesetzliche Handhabe zum Einschreiten gegen derartigen groben Un­fug" mit Arbeiterinnenkraft gegeben ist. Bedürfte es überhaupt noch eines Beweises, wie dringend nöthig es ist, die Gewerbeaufsicht auf die hausindustriellen Betriebe auszudehnen, er wäre mit zwingender Kraft aus den Berichten der Fabrikinspektion zu erbringen. Neben Wäschereien und ähnlichen Betrieben ist in dieser Beziehung wieder das Schmerzenskind der Sozialpolitik zu nennen: die Konfektion in allen ihren Verzweigungen. Da hört man von 14- bis 17stündigen Arbeits­zeiten, die sitzend, in gebückter Haltung, in meist mangelhaft beleuch­teten und ungenügend gelüfteten Räumen verbracht werden müssen. Aus dem Regierungsbezirk Minden   heißt es: Von den meisten Kassen­ärzten werden die sanitären Verhältnisse der hausindustriellen Ar beiterinnen der Wäsche- und Kleiderkonfektion als geradezu erschreckend dargestellt. Insbesondere richten sich die Klagen gegen die Arbeits­zeit, welcher Näherinnen und Plätterinnen zwischen dem 14. und 20. Lebensjahr unterworfen sind. Die Folgen des langen Sitzens an der Nähmaschine und des Hantirens mit schweren Plätteisen zeigen sich in einer ungeahnten Zahl von Erkrankungen an Chlorose  ( Bleichsucht), Tuberkulose und Bluthusten, der verschiedensten Er­frankungen des Nervensystems, Kopfschmerzen und Blutandrang zum Kopfe und in der Zerrüttung des Genitalapparats. So äußerte sich z. B. Dr. Nörig in Paderborn  , daß nach seinen Erfahrungen die Mädchen in flotter Arbeitszeit bis 12, ja bis 2 Uhr Nachts beschäftigt werden. Es drängt sich die Ansicht auf, daß auch die Konfektions­ordnung vom 31. Mai 1897 noch nicht wirksam genug sei."

Ueberall begegnet man der Klage, daß die Verordnung des Bundesraths vom vorigen Jahre, die Konfektionswerkstätten be­

In den meisten Fällen aber glaubten sowohl Geistliche, wie

Die Gleichstellung von Mensch und Thier Laien entschieden an die Wirksamkeit der Exkommunikationen und in der Gesetzgebung des Mittelalters.

( Schluß.)

All diese sonderbaren Rechtshandlungen lassen sich auf mehrerlei Art deuten. Manchmal, und zwar mag das vor Allem bei denen jüngeren Datums der Fall sein, hat man es sichtlich nur mit einer plumpen Dupirung des großen ungebildeten Haufens zu thun. Wie die Kinderwärterin wohl den bösen Stuhl schlägt, an dem sich das Kind gestoßen hat, so verfluchte die Kirche Heuschrecken, Raupen u. dgl., sobald sie der Ernte der frommen Herde schäd­lich wurden. Oft mag diesen Handlungen auch ein ähnlicher Ge­dankengang wie den alten Sittenkomödien zu Grunde gelegen haben. Man wollte den rohen Massen Billigkeit auch gegen die erbärmlichste Kreatur lehren und den Leuten beibringen, daß selbst dort, wo eine Bestrafung eintreten muß, diese sich doch stets streng in den Rahmen der gesetzlichen Ordnung zu halten habe. Menabrea 3. B. lehrt: Ein Mensch müsse in solchen Lagen etwa folgender­maßen zur Kreatur sprechen: Gewiß, auch Du bist ein Geschöpf Gottes und als solches achte ich Dich. Gewiß Du hast genau den nämlichen Anspruch auf die Erde, wie ich selber, demgemäß liegt mir denn auch nichts ferner als Dir nach dem Leben zu trachten. Doch darfst Du mich dann auch nicht beständig be= lästigen, Du darfst nicht in mein Erbe einfallen, nicht meine Wein­berge verwüsten, meine Ernte vernichten, meine Obstbäume plündern. Das ist nicht recht von Dir. Allerdings vielleicht habe ich das Alles selber verschuldet, denn ich bin nun einmal ein gar sündiger Mensch. Jedenfalls Du persönlich thust schweres Unrecht. Ich will Dir daher Dein Unrecht begreiflich machen, Gottes Beistand dazu an= rufen und ich will Dir auch Land anweisen, wo Du in Ruhe und Frieden leben kannst. Allerdings, wenn Du dann noch starr­töpfig in Deinem Unrecht beharrst, so muß ich Dich verfluchen!"

Prozesse, und wenn sie zu denselben nur so selten und unter pein­lichster Beobachtung aller gesetzlichen Vorschriften schritten, so ge­schah das lediglich deshalb, weil sie sich immer erst vorher ver­gewissern wollten, von wem die Heimsuchung eigentlich stammte, von Gott   oder vom Teufel.

Und wer da glaubt, daß diese Thierprozesse sich etwa auf das Mittelalter beschränkt hätten, den verweisen wir auf ein Sizungsprotokoll des Magistrats von Thonon   in Savoyen   vom 15. November 1731, welches lautet: Item ist beschlossen worden, daß die Stadt sich den Pfarrgemeinden dieser Provinz anschließt, welche von Nom einen Kirchenbann gegen die Insekten erhalten möchten, und daß man zu den Kosten im Verhältniß beiträgt."

Als letzten der wirklich stattgefundenen Thierprozesse dürfen wir wohl jenen ansehen, welchen M. Agnel in der Nova Flo= resta" des Manoel Bernardes erwähnt fand: Die Franziskaner der Abtei St. Antony in der brasilianischen Provinz Piedade no Maranhão   hatten nämlich sehr viel von Ameisen zu leiden, deren ungezählte Schaaren nicht nur Vorräthe und Einrichtung ver­nichteten, nein, die auch durch ihre durch die Mauern gegrabenen Gänge die Klostergebäude selbst aufs Ernsteste gefährdeten. Alle Versuche, die Thiere anderweitig los zu werden, schlugen fehl, bis endlich ein erleuchteter Bruder rieth, die Sache doch beim Bischof anhängig zu machen. Ein reguläres Gerichtsverfahren ward dem= gemäß eingeleitet, die Ameisen erhielten ihren Offizialvertheidiger und ein Termin ward anberaumt. Auf diesem führte der fläge­rische Anwalt aus: Seine Klienten, die Mönche, lebten streng nach der Regel ihres Ordens lediglich von Almosen, die sie unter großen Mühen sammelten, die Ameisen hingegen thäten nichts als blos zu stehlen, ja sie seien sogar noch weit schlimmer als gewöhn­liche Spiẞbuben, denn sie zerstörten lediglich aus Niedertracht völlig zwecklos das Haus, in das sie einmal eingebrochen wären. Er